Donnerstag, 22. Dezember 2011

Der Kapitalismus als kollektive Sucht und wie wir damit umgehen könnten

Der Kapitalismus verhält sich als Ganzer wie ein Süchtiger als Individuum. Er kann von der von ihm eingeschlagenen Richtung nicht mehr abgehen. Er kann keine Einflüsse, die seiner Logik widersprechen, berücksichtigen. Er ist nur im Kontext seiner Fixierungen lern- und veränderungsfähig.

Deshalb muss der Kapitalismus von außenstehenden, selber nicht süchtigen Instanzen in die Pflicht genommen werden. Seine Eindämmung erfordert politische Kräfte, die ihm übergeordnet sind und die anderen, nicht-materialistischen  Werten und Richtlinien verpflichtet sind.

Und das ist die Ordnung, die für die Weiterentwicklung der Menschheit wichtig ist: Die Wirtschaft muss der Politik untergeordnet sein, und die Politik darf nicht nach den Prinzipien der Wirtschaft vorgehen, sondern muss sich auf personalistische (z.B. die Rechte der Menschen auf ein menschliches Leben) und systemische (z.B. die Berücksichtigung aller Interessen, die der Starken und die der Schwachen) Grundorientierungen stützen.
Das politische System muss auch in der Lage sein, die Beweglichkeit des Kapitals zu kontrollieren. Kaum fühlt sich das Kapital irgendwo durch äußere Regulationen in seiner Gier beschnitten, weicht es aus und sucht sich ein Territorium, in dem es niemand kennt oder niemand da ist, der etwas gegen seine Auswüchse unternimmt. Das politische System braucht also eine übernationale Macht, die über die Grenzen von Staaten und Staatenverbindungen hinaus wirken kann.

Letztlich wird der Kapitalismus nur dann voll im Dienst der gesamten Menschheit arbeiten können, d.h. seine Suchtmechanismen als Dienstleistungen zur Verfügung stellen, wenn es ein Welt-Wirtschaftsministerium gibt, das die Regeln festsetzt, durchführt und überwacht, nach denen sich die Wirtschaft in ihrem Funktionieren richten muss. Krisen, die in der Wirtschaft zyklisch auftreten, würden dann nicht mehr die treffen, die beständig ihre Arbeitskraft in die Wirtschaft einbringen, sondern die, die durch günstige Voraussetzungen und nicht durch ihre Arbeit mehr an den Aufschwüngen verdienen, als die, die ihn erarbeiten; "Blasen“, die das Finanzsystem immer wieder aus sich heraus gebiert, würden schon im Ansatz erkannt und therapiert. Fantasiegehälter, die aus solchen Blasen hervorsprudeln, gäbe es dann nicht mehr. (Niemand wäre so wichtig, dass er einen privaten Hubschrauber und eine eigene Insel als Wohnsitz benötigt.)

Es kann uns schwindlig werden, wenn wir auf die die Geschwindigkeit schauen, mit der der Kapitalismus operiert, verglichen wird mit der Langsamkeit, in der sich die politischen Institutionen entwickeln. Freilich hinkt das politische System meistens hinterdrein (auch, weil es vergessen hat, dass es Visionen braucht) und sieht gerade noch die roten Lichter, wenn die nächste Firma mit Sack und Pack in die nächste Steueroase losfährt. Die sorgsame Beachtung aller unterschiedlichen Interessen, wie sie das politische System braucht, um zu guten Lösungen zu kommen, braucht Zeit. Wenn jedoch solche Lösungen geschaffen werden, die die Menschen als ihnen selber gerecht erkennen, nimmt das den Suchtstrukturen die Kraft. Süchtig wird nur der, der die Aussicht auf das, was ihm im Inneren guttut und was ihn wirklich nährt, verloren hat.  Die Hoffnung, aus den Fängen der Sucht zu entkommen, lebt, solange der Süchtige lebt.

Statt dessen könnte auf den Ausgleich der verschiedenen Regionen hingearbeitet werden, bis ein ausbalanciertes Niveau des Wohlstandes auf der Welt entstanden ist. Irgendwann dann sollte jede Arbeitsleistung, die ein Mensch erbringt, durch einen annähernd gleicher Ausgleich kompensiert werden. Es sind das keine revolutionären Ideen, sondern das, was wir alle wissen, wenn wir ein wenig nachdenken, und was uns allen wichtig ist, wenn wir ein wenig nachspüren.

Mancher mag solche Perspektiven als sozialromantisch abtun. Aber sie sind eigentlich ganz offensichtlich – wohin sonst sollte sich die Welt entwickeln? Jeder will im Grunde, dass es allen gut geht, dass nicht einzelne sich maßlos bereichern und die anderen dafür die Zeche bezahlen. Naiv ist nur die Annahme, dass alles einfach und schnell gehen müsste oder dass irgendein Patentrezept alles schlagartig zum Besseren wendet. Auch die Hoffnung auf Polsprünge oder Sonnenproturberanzen, auf wohlmeinende Aliens halte ich nicht für ausreichend.

Vielmehr macht es Sinn für unser Wohlbefinden, wenn wir über die Tellerränder der aktuellen Medienberichte hinausblicken. Wir brauchen nicht wegen trister Nachrichten und angstmachender Prophezeiungen in Depressionen zu verfallen, sondern können darauf vertrauen, dass die Kraft der Evolution langsam, aber beständig daran arbeitet, die Lebensbedingungen auf diesem Planeten zu verbessern. Machen wir uns frei von der Ungeduld, mit der uns unser Verstand drängt, dass alles schneller gehen müsste. Wie lange das Universum, um einen Stern zu erschaffen? Wie lang braucht die Natur, um eine neue Tierart hervorzubringen?

Im Vergleich dazu hat sich die Menschheit in ihrem Bewusstsein in den letzten Jahrhunderten geradezu rasant entwickelt: Die Menschenrechte wurden zu einem allgemein anerkannten Standard auf der ganzen Welt, die Sklaverei wird geächtet, ebenso wie jede andere Form von Gewalt gegen Menschen, nicht nur und Taten, sondern auch in Worten.

Dass das, was für gut, richtig und menschlich angesehen wird, deshalb noch lange nicht in alle Schichten des Verhaltens und in alle Strukturen des Zusammenlebens eingedrungen ist, liegt in der fehlbaren Natur des Menschen. Andererseits führt der Weg der Veränderung über die Veränderung der Einstellungen zur Veränderung der Verhaltensweisen. Das soziale Gewissen hat sich verfeinert und ausgeweitet, und diese Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten. Sie wird immer mehr Menschen dazu bringen, nicht mehr mitzuspielen, wenn es um Menschenverachtung geht, aber sich dort einzubringen, wo die Würde der Menschen gestärkt und gefestigt wird.

Damit stärken und festigen sich die Kräfte, die neuen Ordnungen des Wirtschaftens, der Güterproduktion und –verteilung sowie der Dienstleistungen zum Durchbruch verhelfen. So kann das Vertrauen der Menschen wieder wachsen, und wachsendes Vertrauen setzt Kräfte und Ideen frei. Wo Vertrauen herrscht, weitet sich das Innere und schafft Platz für Mut und Kreativität.

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Kanada und Kyoto - Politik der Symbole

Kanada steigt aus dem Kyoto-Protokoll aus, so einfach geht das, so einfach werden 14 Milliarden Dollar gespart. Natürlich gibt es keine Sanktionen, das Kyoto-Abkommen ist kein Vertrag, und es gibt keine Instanz, bei der ein Ausstieg eingeklagt werden könnte. Ist ja auch nur die „Umwelt“, die „Natur“, bei der es da geht. Sie hat keine Macht, keine Rechtsvertretung, keinen Anwalt. Die Menschen haben schon lange vergessen, dass sie Teil der Natur sind und ein Klima brauchen, in dem sie als Naturwesen existieren können. Solange die Klimaanlagen in den Wohnungen, Büros und Autos funktionieren, kann es uns egal sein, ob die Treibhausgasemissionen das Wetter ins Chaos stürzen mit Folgewirkungen, die niemand abschätzen kann.
Wir sind Teil der Natur, weil wir selber Natur sind und tagtäglich spüren, was geht und was nicht geht. Die Gesellschaft, oder, wie ich es nenne, das materialistische Bewusstsein (die naturfernste Form des Bewusstseins, die uns möglich ist), möchte allerdings von uns, dass wir nicht wie Natur, sondern wie Maschinen funktionieren.

Angeblich sorgt eine große österreichische Bank für den besten Zulauf zu den heimischen Psychiatern und steigert den Umsatz der Pharmaindustrie: Die Mitarbeiter dort werden derartigem Stress und einer effizienten Ausbeutung ausgesetzt, dass sie früher oder später zusammenbrechen und mit der Diagnose „Burnout“ in den Sozial- und „Gesundheits“-bereich ausgegliedert werden, sprich mittels Psychopharmaka weiter am Leben gehalten werden. Die Bank muss ja weiter Geschäfte machen und stellt inzwischen junge, „unverbrauchte“ Arbeitskräfte statt dessen ein, und behandelt sie so lange als Maschinen, bis auch sie ausfallen. Die Kosten für den menschlichen Raubbau übernimmt natürlich die Allgemeinheit, während die Bank ihre Gewinne ins Trockene bringt.

Solange wir also so tun, als wäre die Natur etwas da draußen, was uns Sorgen bereitet, wenn wir beim Sonntagsspaziergang die abgestorbenen Birken bedauern, solange wir annehmen, dass unsere Gesundheit in die Verantwortung des Gesundheitssystems fällt, solange wir also nicht zur Kenntnis nehmen, dass das, was unser Leben ausmacht, unser Körper mitsamt der Gefühle und Gedanken, die er auslöst, Natur ist, werden wir kein Verantwortungsbewusstsein für die Natur entwickeln können.

Herrn Peter Kent, dem kanadischen Umweltminister, der den Ausstieg seines Landes aus dem Kyoto-Protokoll verkündet hat, sei eine anhaltende und stabile Gesundheit gewunschen. Wird er jedoch, sollte die Natur in ihm (=sein Körper), ihm jemals Probleme bereiten, einen Zusammenhang erkennen, dass das, was ihn dann leibhaftig plagt und für das er Sorge tragen muss, um nicht zu sterben, die gleiche Natur ist, für die er als Politiker die Verantwortung abgelegt hat?

„Das Hemd ist uns näher als der Rock“, lautet ein Spruch. Unsere Gesundheit ist uns natürlich wichtig, jede Unpässlichkeit schmälert unsere Lebensqualität. Doch zeigt uns jede Krankheit, dass wir eine störungsanfällige Natur sind und dass wir auf ihre Regeln und Gesetzmäßigkeiten horchen müssen, um ein gutes und angenehmes Leben führen zu können.

Wie sollen wir diese Verantwortungsübernahme als Gesellschaft schaffen, wenn wir schon als Individuen damit Probleme haben? Umgekehrt, wenn die Gesellschaft, das politische und wirtschaftliche System im Zeichen einer kurzsichtigen und zynischen materialistischen Fixierung vorzeigt, wie leicht die Verantwortung für die Natur abgeschüttelt werden kann, fällt es schwer, bei der individuellen Integrität zu bleiben.

Es ist mir klar, dass das Kyoto-Protokoll nicht der umweltpolitischen Weisheit letzter Schluss ist. Der Handel mit Umweltzertifikaten erscheint mir als äußerst seltsame Konstruktion, ein Armutszeichen für eine Weltgesellschaft, der nichts besseres eingefallen ist, um ein Minimum an Klimabewusstsein zu implementieren.
Mir geht es um den Symbolcharakter der angeprangerten Aktion. Politik besteht zu einem wichtigen Teil nicht nur aus Buchstaben und Reden, sondern aus Symbolen. Und dem kanadischen Minister ist es gelungen, ein solches Symbol zu setzen, eines des nationalen Egoismus, der weltpolitischen Kurzsichtigkeit und der zynischen Naturverachtung. Wenn dann Zeitungen bei uns schreiben, wir könnten ja auch „ganz einfach“ aussteigen und damit soundsoviel Milliarden einsparen, sieht man, wie Symbole wirken.

Wo die Politik versagt, die richtigen Symbole zu setzen, müssen wir das für uns selber tun. Das einfachste Symbol, über das wir verfügen, ist der Atem – beim bewussten Einatmen und Ausatmen lassen wir die Natur durch uns hindurch wirken und anerkennen sie. Wir tauschen uns aus zwischen der Natur in uns und der Natur um uns herum, wir stehen in Kommunikation und stärken das Vertrauen. Wo Vertrauen herrscht, werden wechselseitige Verpflichtungen eingehalten. Wir übernehmen Verantwortung dort leicht, wo es um einen Partner geht, dem wir vieles, wenn nicht alles verdanken.

Dienstag, 13. Dezember 2011

Vertrauen im Kapitalismus

Neben der Hilflosigkeit, die sich angesichts der Krise allerorten breit macht, zeigt sich nach der Welle an Bereicherungsphantasien und Allmachtsillusionen ein enormer Zuwachs an Misstrauen. Niemand weiß, wer als nächster kollabieren wird, niemand weiß, ob der Euro oder überhaupt das Geld oder gar das westliche Wirtschaftssystem weiter bestehen wird. Deshalb heißt es auf der Hut sein. Das, was einem noch geblieben ist, wird sicher verwahrt und keinem anvertraut, der es abschwatzen will. Was aber ist sicher? Welcher Bank kann man noch vertrauen? Zurück zum Sparstrumpf und zur Schatztruhe, die im Garten vergraben wird? Kann ich sicher sein, dass keiner zugeschaut hat?
Dass der einzelne Bürger jetzt so reagiert, ist ihm nicht zu verdenken und vielleicht sind das kluge Strategien, bis die Zeiten wieder besser werden. In den größeren Zusammenhängen der Wirtschaft, die auf einem Kreditsystem aufgebaut ist, wirkt das Misstrauen jedenfalls zerstörerisch. Das Wort Kredit kommt ja von Glauben: Glaube ich daran, dass der, dem ich Geld borge, es mir wieder zurückzahlt? Habe ich das Vertrauen zu ihm?
Die grundlegende Unsicherheit, die in jedem Geldgeschäft (und eigentlich in jeder Form der Tauschwirtschaft) steckt, liegt darin, dass wir das Verhalten unserer Mitmenschen nicht vorausberechnen können. Wir borgen einem Kumpel Geld, der uns hoch und heilig verspricht, es am nächsten Tag zurückzuzahlen, und wir schauen durch die Finger. Wären wir hellseherisch begabt gewesen, hätten wir ihm das Geld nicht gegeben. Aber er selbst war vielleicht voll überzeugt, dass er uns das Geld wieder zurückgeben würde, aber hat es sich dann anders überlegt, oder die Umstände haben sich so verändert, dass er z.B. Geld, das ihm geschuldet wurde, nicht zurückbekommen hat usw. Wir können ja nicht einmal unser eigenes Verhalten vorausberechnen, wenn wir jemanden etwas versprechen. Was kann da alles dazwischen kommen? Vielleicht verliebt sich die eigene Freundin in den Typen, dem wir Geld schulden, oder er beleidigt einen Verwandten von uns ... und schon ändert sich unsere Motivation, das geschuldete Geld zurück zu zahlen.
Wir können also nicht einmal uns selber vertrauen, wie dann anderen, wie dann einem komplexen Wirtschaftssystem, an dem Millionen von Akteuren beteiligt sind, deren Verhalten wir nicht annährend nach Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit bewerten können? Solange alles funktioniert, ersparen wir uns den Gedanken an die Risken, denen wir ausgesetzt sind. Wir bekommen für unsere Arbeit Papierscheine, die die Dame an der Kassa des Supermarkts für Waren, die wir mitnehmen, entgegennimmt. Die meisten, die einen Kredit aufnehmen, zahlen ihn auch zurück und finanzieren mit ihren Kreditzinsen diejenigen wenigen, die ihn nicht zurückzahlen. Wir ziehen unser Grundvertrauen auf das Wirtschaftssystem aus unseren Durchschnittserfahrungen. Der Bankomat spuckt das Geld aus, das wir vorher in die Bank hineingelegt haben.
Diese hohe Anforderung an das Vertrauen führt zur steigenden Prominenz und Autorität der Rating-Agenturen. Diese machen nichts anderes, als die Kreditwürdigkeit=Glaubwürdigkeit von Personen und Institutionen abzuschätzen. Sie bieten an, uns gegen unsere Unsicherheiten abzusichern. Auch sie können nur mit Wahrscheinlichkeiten rechnen, weil sie ebenso nicht hellsichtig sind und bestimmte Motivationen der Marktteilnehmer zwar vorausberechnen können, aber nie wissen, ob sich die Menschen und Institutionen den Berechnungen entsprechend verhalten werden.
In Zeiten steigender Unsicherheit und wachsendem Misstrauens gewinnen solche Organisationen einen schwerwiegenden Einfluss, der ihre reale Bedeutung weit übersteigt. Angesichts von Moody’s und Stanley & Poor’s Richtsprüchen werden die mächtigen Staatsmänner und –frauen plötzlich zu ängstlichen Kirchenmäuschen mit schlottrigen Knien.
Das Problem scheint mir darin zu liegen, dass die Gesetzmäßigkeiten, auf denen das kapitalistische Bewusstsein beruht, sich so weit vom „Menschlichen“ entfernt haben, dass es in ihnen für Kategorien wie Vertrauen keinen Platz gibt. Vertrauen entsteht, wenn ich einem Menschen gegenüber stehe, ihn spüre, er mich spürt, wir den Kontakt verdichten und erkennen, dass wir uns gegenseitig respektieren. Das Vertrauen wächst, wenn wir eine gemeinsame Geschichte aufbauen, in der wir uns immer wieder bestätigen, dass wir uns respektieren und das Gute aneinander suchen.
Vertrauen braucht Zeit und Raum, es ist keine schnelle Kategorie, sondern der Langsamkeit verpflichtet, der Eigenzeit. Es braucht den direkten menschlichen Kontakt und kann nur kurzfristig durch dazwischengeschaltete Medien am Leben bleiben. Es erfordert das Eingehen auf die andere Person, im Sehen, Hören, Fühlen.
In Zusammenhängen jedoch, in denen die oberste Maxime lautet: Sichere deinen eigenen Vorteil und Gewinn, notfalls auch auf Kosten der anderen, kann es kein Vertrauen geben. Menschliche Beziehungen werden dort benutzt und verdinglicht, und das Individuum kann nur überleben, wenn es sich umfassend gegen Missbrauch und Übervorteilung absichert. Die Absicherungen, die das System anbietet, z.B. Versicherungen gegen die Risiken von Investitionen, sind selber Teil des Misstrauensapparates, weil sie nur solange ihre Leistung erbringen, solange sie Gewinn machen. Wir müssen also auch einem Rückversicherer ein riskantes Vertrauen schenken, das sich auf nichts anderes begründen kann als auf der Annahme, dass uns diesmal nichts passieren wird. Sobald wir uns absichern, signalisieren wir ja unser Misstrauen und verstärken es noch zusätzlich.
Was hilft? Klar zu sehen, was ist. Der Verlust an Vertrauen in eine Wirtschaftsform, die menschliche Qualitäten in unmenschlicher Weise nutzt und verschleißt, ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis, die wir aus den gegenwärtigen Vorgängen ziehen können. Wir können nicht auf etwas vertrauen, das selber nur durch kalkuliertes Misstrauen funktioniert. Verzichten wir also auf die Illusion des Vertrauens und hören wir auf damit, soziale Gefühle im Kapitalismus zu suchen. Es gibt sie nicht, alles, was sich in diesen Gefilden als menschliches Gefühl ausgibt, ist ein fake. Menschliche Gefühle haben nur dort ihren Bestand, wohin dieses System nicht reicht, dort, wo sich Menschen in Freiheit ohne Absichten treffen.
Die Welt der Geschäfte, insbesondere die Welt der Finanzgeschäfte ist rational und von einem einzigen Gefühl, von Angst getrieben. Jeder Versuch, sich im Rahmen dieser Welt vor Ängsten zu schützen, produziert nur neue. Wir haben jedoch unser Denken und unsere Vernunft, und können sie nutzen, um möglichst unbeschadet über die Runden zu kommen und unsere Schäfchen ins Trockene bringen oder dort bewahren.
Was wir an Vertrauen für ein lebenswertes Leben brauchen, müssen wir uns anderswo besorgen und pflegen. Die kapitalistischen Schlachtfelder sind dafür nicht zuständig. Vielmehr stehen dafür unsere Beziehungsfelder zur Verfügung, Menschen, die wir kennen und kennen gelernt haben. Hier gilt es, die Zeit zu investieren, die notwendig ist, um Vertrauen zum Wachsen zu bringen. Es ist eine empfindliche Pflanze, die sehr sensibel auf Umweltgifte reagiert, insbesondere auf solche, die aus der Umgebung des Geldes, des Symbolträgers der verdinglichten Kommunikation kommen. Es sind auch schon Freundschaften an unklaren Geschäften zerbrochen und Ehen über Gelddingen gescheitert.
Wie gießen und düngen wir das Pflänzchen Vertrauen? Durch Verlässlichkeit, Offenheit, Redlichkeit und Klarheit, durch alle Eigenschaften, die uns dienen, unsere innere Integrität zu stärken. Auch durch offene Kommunikation, das Ansprechen und Klären von Störungen und das Vermeiden von Pauschalierungen und Abwertungen. Und dadurch, dass wir uns innerlich öffnen für das Vertrauen, das das Leben in uns gesetzt hat, indem es uns zur Existenz verholfen hat. Wir können uns auch der Erde, unserem Planeten anvertrauen, sie trägt uns unerschütterlich und majestätisch, gleich wie wir uns aufführen. Darüber hinaus sorgt, für alle, die dafür offen sind, das Ganze der Existenz für uns. Es ist die letzte Zufluchtsstätte für unser ängstliches und misstrauisches Herz.

Das System der Gier

In der erste Phase der gegenwärtigen Finanzkrise war der Begriff „Gier“ in aller Munde und das Bild eines Finanzhais in den Köpfen, der besessen von den Zahlen, die sich auf seinem Konto häufen, vor den Bildschirmen sitzt und mit Aktienpaketen jongliert, deren reale Inhalte ihm völlig egal sind – ob es sich um Waffen, Reis oder Gummibärlis handelt. Und der, wenn er durch seine Spekulationen seine Firma ruiniert hat und durch die von ihm ausgelösten Turbulenzen am Finanzmarkt Millionen Anleger um ihr Geld gebracht hat, mit einem „Bonus“ belohnt wird, dessen Höhe bei jedem Durchschnittsverdiener Schwindelgefühle auslöst.
Gier als individuelle Triebkraft im kapitalistischen System hat ruinöse und desaströse Auswirkungen auf das Ganze – Einzelne werden so reich, dass sie sich Hubschrauber und Ferieninseln kaufen können, auf Kosten anderer, die ihr sauer verdientes Geld verlieren, ihr Haus verkaufen müssen und statt dessen in der Garage oder im Wohnwagen leben müssen oder auf der Straße landen. Und die neoliberale Rechtfertigung dieses Wahnsinnsystems lautet dann, dass die einen eben clever sind und die anderen zu doof. Allerdings: Sobald alle clever sind, bricht das System zusammen. Und wenn einer, der zuerst zu den Cleveren zählt, einmal einen Fehler macht und abstürzt, ist er plötzlich auch doof und verdient sein Schicksal.
Es ist ein anonymer Markt, der Gott der Liberalen, der die Lebensschicksale zuteilt. Und die einen „fahren nach Paris, die anderen nur nach Schruns-Tschagguns“, wie es bei Josef Hader heißt. Die einen, die ein Stück der Mechanismen am Markt durchschauen und für sich nutzen können, sind die Begünstigten, die anderen, die das nicht schaffen oder wollen, müssen die Nachteile in Kauf nehmen. Oder: Die einen, die die vom Markt geforderte Gier und Rücksichtslosigkeit aufbringen, werden von ihm belohnt, die anderen, die noch Skrupel und Moral haben, können schauen, wo sie bleiben.
Diese Fragen wurden diskutiert, nachdem vor drei Jahren die Zocker, Banker und Spekulanten als die Schuldigen an den Bankzusammenbrüchen und Pleiten identifiziert und angeklagt wurden. Wie man hörte, bestand für viele der Missetäter die einzige „Strafe“ in noch fetteren Boni.
Laut wurde der Ruf nach „Regulierungen“ des Finanzmarktes, um die Wirtschaft vor unkontrollierbaren Kaskaden und Lawinen abzusichern, wie sie die Welt nach dem Börsenkrach von 1929 ins Chaos stürzten. Die komplizierten Geschäfte, bei denen z.B. auf zukünftige Entwicklungen gewettet und auf Wetten gewettet und auf gewettete Wetten gewettet wird, und diese Wetten weiterverkauft und versteigert werden usw. sollten einer Kontrolle unterworfen werden. Dann kreißten ächzend die Berge und heraus kam eine Maus…
Die entfesselte Gier als seuchenartiges Massenphänomen an den Börsen und deren Derivaten, löst riesige Erschütterungen im Finanzsektor aus. Im Sog dieser Katastrophen brechen die strukturellen Schwierigkeiten im staatlichen Schuldenmanagement vieler Länder auf. Außerdem wird offensichtlich, dass ein gemeinsamer Währungsraum ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik nicht funktionieren kann.
Es zeigte sich weiters, dass die Staaten fest in die Finanztransaktionsspiele eingeflochten waren. Im Abwärtsstrudel wurde ihnen dann verdeutlicht, dass sie keine gleichrangigen Mitspieler sind, sondern dass ihnen die Rolle der ohnmächtige Zuschauer eingeräumt wird, deren Schicksal in einer Arena entschieden wird, in der anonyme Gestalten nach undurchschaubaren Regeln kämpfen. Was immer man tut, kann zum Gewinnen oder Verlieren beitragen, ohne dass das die Staatslenker im Vorhinein wissen können.
Allenthalben Opfer, nirgendwo Täter, und die Retter, die mit ihren Ratschlägen auftauchen, verschwinden auch gleich wieder, wenn es um die Umsetzung geht, so taumelt die Finanzwirtschaft dahin, während die anderen Bereiche der Wirtschaft, in denen es um die Produktion von Gütern und Dienstleistungen geht, weiter funktionieren und sogar in bescheidenem Ausmaß wachsen.
Soweit mein Eindruck von den ersten Wellen dieser Krise. Jeder, der diese Vorgänge nutzen möchte, um sich selber in den Spiegel zu schauen, hat ein wunderbar breitgefächertes Angebot um das Zentrum der Gier. Wo finde ich in meinem Leben die Muster des gierigen Anhäufens, der rücksichtslosen Durchsetzung meiner Interessen, des Zynismus angesichts des Elends, der Habsucht, was Dinge und Geld betrifft, der Verdinglichung meines Inneren und meiner Sozialbeziehungen? Wie würde mein Leben ausschauen, wenn ich ohne diese Muster lebe, worauf müsste ich verzichten und was wäre der Gewinn?
Der nächste Blog wird sich mit dem Thema - Vertrauen - in Zusammenhang mit der Krise beschäftigen.

Samstag, 10. Dezember 2011

Fragen und Antworten zum Buch "Vom Mut zu wachsen"

Ein Leser meines Buches "Vom Mut zu wachsen" stellt hier interessante Fragen zum Text. Meine Antworten  können auch anderen Lesern des Buches von Nutzen sein. Weitere Fragen oder Kommentare sind herzlich willkommen.

Frage:  Mir scheint, dass viele Menschen zumindest in unserem Kulturkreis zB in einer Stadt oder einem größeren Dorf leben, in dem keine Stammeskultur in  Deiner beschriebenen Form mehr feststellbar ist, aber viele Menschen (mich eingeschlossen) suchen andererseits wieder unterschiedliche Vereine, geschlossene Ausbildungen oder andere Zusammenschlüsse, die meiner Meinung  nach Deiner beschriebenen Form der tribalen Stufe sehr nahe kommen.

Antwort: Die Stammeskulturen sind ja schon fast verschwunden auf der Erde, dennoch  haben wir die Sehnsucht in uns, in solchen Gemeinschaften zu leben, deshalb  gibt es immer wieder Versuche, "sekundäre" Stämme zu bilden. Übrigens, die  Macht, die die Familie auf den Einzelnen ausübt - siehe die Themen, die in der Therapie auftauchen, haben fast immer mit der Familie zu tun – hat auch mit der Auflösung der Stämme zu tun. Deshalb ist das Familiengefüge für uns  von so existentieller Bedeutung, weil es der letzte Rest dieses Bewusstseins ist. Zugleich überfordert das die Familien.

Frage: Der Begriff der "sekundären Stämme" hat mir für das Verständnis gefehlt. Ist das Deine Wortschöpfung, oder beziehst Du Dich damit auf etwas bereits Vorhandenes?

Antwort: Ich weiß nicht, ob es diesen Begriff schon irgendwo gibt. Was ich meine, ist, dass wir uns in Gruppen, die eine herzliche und offene Atmosphäre kultivieren, wohl fühlen und geborgen. Sie haben keine gemeinsame genetische Wurzel und keinen einheitlichen sozialen Hintergrund. Aber das Zusammengehörigkeitsgefühl, das wir in solchen Gruppen erleben können, hat nach meiner Ansicht seine Wurzeln im Stammesbewusstsein, das uns tief geprägt hat.

Frage: Ist nicht das tribale Bewußtsein letztlich die verbindende Kraft zwischen uns Menschen? Was passiert, wenn diese Kraft fehlt, weil wir eben den holistischen Zustand erreichen. Ich glaube zwar nicht, dass wir dann zu Einzelgängern werden, aber diese wäre momentan meine Schlussfolgerung. Alles endet und löst sich auf im Selbstverständnis. Aber wenn es nicht mehr notwendig ist, warum soll ich es trotzdem tun?

Antwort: Im holistischen Zustand haben alle anderen Bewusstseinszustände ihren Platz. Das holistische ersetzt nicht alle anderen, sondern inkludiert sie in ihrer gereinigten Form. Wir befinden uns in diesem Zustand, wenn wir frei von alten Ängsten sind und die menschlich verbindenden Aspekte dieser Stufe leben können, ohne dass wir das Dämonische und manchmal rituell Grausame früherer Stammeskulturen übernehmen.
Auf der holistischen oder universalistischen Stufe können wir die gesamte Menschheit als „Stamm“ erleben, der wir uns intensiv verbunden fühlen.

Frage: Es fehlt dann der krankhafte innere Zwang und Drang, mich anderen Menschen anzuschließen, was natürlich eine unglaubliche Befreiung für jeden Menschen darstellen kann, der diesen Zustand erreicht.

Antwort: Genau,  natürlich fehlt die Abhängigkeit von anderen Menschen, wenn ich meine Bindungs- und Verlassenheitsängste abgelegt habe. Ich begegne dann Menschen mit offenem Herzen und innerer Freiheit und gehe nicht auf Manipulations- oder Machtspiele ein.

Frage: Bin ich dann frei davon, aus einer Notwendigkeit heraus zu handeln? Also wenn ich eine Notwendigkeit überhaupt noch als solche wahrnehmen kann.

Antwort: Im holistischen Zustand stellt jeder Moment eine Notwendigkeit oder eine Freiheit dar, je nachdem, wie man es sehen will. Das, was der Moment zu tun aufgibt, wird getan, und der Unterschied von Freiheit und Notwendigkeit stellt sich dann nicht mehr. Im Vergleich: Eine Pflanze wächst nicht aus Freiheit oder Notwendigkeit, sondern sie wächst einfach, wie es die Umstände erlauben.

Frage: Welchen Wert also habe ich dann für die Gesellschaft? Ich glaube fast, dass sich hinter dieser Frage die Angst verbirgt, überflüssig und nicht gebraucht zu werden. Das Ego schreit also auf und fürchtet sich, nicht weiter geliebt zu werden. Alte Verletzungen?

Antwort: Ich leiste einen großen Beitrag zur Gesellschaft, wenn ich nicht aus Ängsten oder aus unbefriedigten Bedürfnissen heraus im eigenen Interesse handle. Z.B. ist mein Handeln nicht von Stress getrieben. Dadurch helfe ich anderen Menschen, dass sie sich in meiner Gegenwart entspannen können und damit innerlich klarer und offener werden können. Ich kann jede Aufgabe, die getan werden muss, vom Putzen der Wohnung über jede Bürotätigkeit bis zu politischen Entscheidungen besser und kreativer erledigen, mit vollem inneren Engagement.
Schon auf der systemischen Stufe wird nach meiner Ansicht die Haltung des Dienens in einer neuen Bedeutung sichtbar. Alles, was wir tun, tun wir für ein Ganzes, nicht bloß für uns. Was uns selbst vor allem zu Gute kommt, ist, dass es dem Ganzen gut geht, wenn wir unseren dienenden Beitrag leisten. Wenn wir uns also frei gemacht haben von unseren angstgesteuerten Ego-Antrieben können wir viel sinnvollere und effektivere Handlungen setzen, die immer mehr im Blick haben als bloß den Eigennutz.

Frage: Meinst Du, dass die Familien die Macht aufgrund der nicht mehr vorhandenen Stammestrukturen übertragen bekommen haben, ohne dass sie jemals in Bezug auf diese Macht instruiert wurden? Das afrikanische Sprichwort, daß es ein Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen, hat für mich mehr Aktualität denn je, die aber kaum erfüllt werden kann. Durch den Stamm bzw. das Dorf, war die enge und angstbehaftete Bindung an die Familie nicht so notwendig.

Antwort: Genau das habe ich gemeint. Die moderne Kleinfamilie ist restlos überlastet mit der Aufgabe, Kinder großzuziehen, deshalb gibt es Kindergärten und Schulen.  Aber die wichtigen Zeiten sind die ersten Lebensjahre, und wir Menschen kommen so unfertig auf die Welt, dass wir eine Dauerbetreuung benötigen, und damit sind zwei Personen schnell überfordert.

Frage:
Ist es dann nicht so - und wie gesagt stehe ich erst am Anfang Deines  Buches - dass sich diese Stufen überschneiden, bzw. vielleicht zwar in dieser Reihenfolge absolviert werden können, aber schlußendlich doch wieder in einer Person friedlich nebeneinander koexistieren können?

Antwort: Meine Vision ist es schon, dass in einem holistischen Zustand alle Stufen zu ihrem Recht kommen. Wenn wir unsere Fixierungen an die dominanten Inhalte bestimmter Stufen, die z.B. mit Macht, Eigennutz, Ausbeutung usw. zu tun  haben, können wir das, was uns an der tribalen Stufe wichtig ist, in einer "modernen" Form in die Gesellschaft einbringen, z.B. indem wir Wohnformen erfinden, die den Bedürfnissen des Zusammenlebens gerecht werden und zugleich Raum für den Individualismus geben.

Frage: In meiner Vorstellung würde sich dieser Zustand am ehesten im für mich noch vage vorstellbaren holistischen Zustand auflösen, den ich mir momentan als erstrebenswerten Endzustand vorstelle. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob diese Stufe für alle Menschen erstrebenswert ist bzw. ob  sie ab dem Erreichen dieser Stufe nicht mehr erstrebenswert ist. Das ist vermutlich sogar eine logische Konsequenz.

Antwort: Ich denke, dass die Menschen alle eigentlich nach einem holistischen  Zustand streben. Schließlich haben sie auch eine Ahnung davon, weil viele,  aber nicht alle Elemente dieses Bewusstseins schon auf der tribalen Stufe erlebbar sind. Außerdem finden sich diese Elemente in unserer individuellen Geschichte, z.B. im ozeanischen Gefühl im Mutterleib. Deshalb wissen wir tief drinnen, dass es auch geht, auch wenn der Alltag und die Mühen und Sorgen sich davor auftürmen und die Sicht verstellen. Aber warum strampeln wir uns so ab? Wo wollen wir eigentlich hin? Wenn wir schon alles haben, was es zu haben gibt, suchen wir ja dennoch weiter, und da geht es dann um die  spirituellen Erfahrungen, die unsere letzten Sehnsüchte erlösen.

Frage: Dann würde ich aber spirituelle Erfahrungen etwas provokativ mit anderem Suchtverhalten gleichsetzen. Viele Menschen sind auf der Suche nach Abwechslung und dem "nicht spüren müssen". Vordergründig wollen das spirituelle Menschen natürlich nicht, da es ja um die tiefere Wahrheit geht. Aber wie oft verbirgt sich hinter dieser Suche, so es eine ist, nach der tieferen Wahrheit eine elegante Möglichkeit, sich im Rahmen eines spirituellen Suchtverhaltens nicht selber spüren zu müssen. Meiner Meinung nach sollte dieser Aspekt beachtet werden. Wenn ich an mich selbst denke, dann möchte ich das in gewisser Weise nicht ausschließen. Gibt es doch noch so tolle Möglichkeiten, Kurse, Seminare, .... Aber wo bleibt das Leben, wenn ich von einem Seminar zum nächsten laufe, und dazwischen die Zeit zum Leben fehlt. So gesehen ist dann erst wieder die Auflösung in den unterschiedlichen letzten Stufen verschiedener Systeme die Möglichkeit, aus diesem Kreislauf auszusteigen.

Antwort: Jede Erfahrung kann eine Sucht auslösen, und nicht einmal nur die angenehmen. Alle Erregungszustände, die uns irgendwie bekannt vorkommen, weil sie mit bestimmten traumatischen Erfahrungen verknüpft sind, die wir unbewusst abgespeichert haben, wollen wir wieder erleben. Das kann ein Motiv sein, z.B. spirituellen Erfahrungen nachzulaufen, indem wir Seminare und Meditationsgruppen besuchen. Allerdings passiert dort in der Regel etwas anderes – wir befinden uns in einer Atmsophäre des Wachsens und der Transformation, und oftmals, ohne dass wir es gleich merken, lösen sich die Muster, die unser Suchtverhalten stimulieren, auf und machen einer inneren Freiheit Platz. Wir üben uns im Akzeptieren dessen, was da ist, und Spiritualität ist dann nicht mehr ein besonders toller Bewusstseinszustand, sondern die tiefere Erfahrung jeder Erfahrung.

Frage:
Also besteht vielleicht die Kunst der Wahrnehmung darin, sich schon während des eigenen Weges so weit und reflektiert zu beobachten, um herauszufinden, warum dieser Weg begangen werden möchte. Und um diesem Suchtverhalten so weit zu begegnen, dass es sich selbst auflöst. Fast erscheint es mir als Paradoxon. Und vielleicht verliere ich mich grad in einer anderen Diskussion.

Antwort: Alles löst sich auf, wenn wir es konfrontieren, wenn wir bereit sind, ihm ehrlich zu begegnen. Was uns antreibt, ohne dass wir es kontrollieren können, nimmt seine Kraft aus dem Verborgensein. Alles, was wir ans Licht bringen, verwandelt sich in Licht.

Frage:
 Was bedeutet dies aber im täglichen Leben? Nicht alle Menschen haben  die Zeit und Möglichkeit, sich mit sich selbst ausreichend zu beschäftigen. Da  setzt aber eine schon wieder sehr politische Debatte am Gesamtzustand unserer Gesellschaft an. Wäre es nicht ein notwendiges Menschenrecht, dass die Möglichkeiten im Sinne von weniger Arbeit geschaffen werden, die  trotzdem zum Überleben ausreichend ist, um Zeit für sich selbst zu haben.  Wie viele Menschen würden diese Zeit dann aber so zu verstehen wissen?

Antwort: Diese Fragen führen zum Verstehen der Kraft der Evolution. Das sind langsame, aber sicher mahlende Mühlen, sodass wir ihr Wirken kaum wahrnehmen können. Nur als Beispiel: Im 19. Jahrhundert war die Arbeitszeit für  Industriearbeiter bei 60 bis 80 Stunden. Das hat sich schrittweise verringert, und die Produktivität der Gesellschaft ist dabei gestiegen.
Freizeit ist ein Begriff des 20. Jahrhunderts, der vielleicht im 21. Schon eine ganz andere Bedeutung bekommen wird. Jedenfalls braucht es seine  Zeit, bis die Zeit, die die Menschen ja haben, auch im Sinn der Evolution genutzt werden kann. Zunächst werden die personalistischen Interessen befriedigt, die Menschen machen also in ihrer Freizeit das, was der Entfaltung ihrer Kreativität dient, auch wenn es zunächst nur Fernsehen oder Spielen ist. In diesem Raum mischt sich immer mehr die Innenerfahrung hinein, das lässt sich nicht mehr aufhalten. Wir haben es da auch, so denke ich, mit einer Ablöse der traditionellen Religionsformen zu tun, die an Einfluss verlieren, deren Sinnangebote immer mehr von "freien" Formen der Sinndeutung übernommen werden, z.B. die ganze Esoterikszene, die schon die Supermärkte und Bahnhofsbuchhandlungen erreicht hat.
Ich denke, da bewegt sich schon vieles, es ist aber nicht mehr als eine einzige Bewegung in eine bestimmte Richtung sichtbar, sondern als ein Geflecht von Strebungen, die sich untereinander verknüpfen, also systemisch funktionieren.

Frage: So habe ich das bis jetzt nicht gesehen. Mir fällt als sehr deutliches Beispiel das Land China ein, in dem auch jetzt noch viele Menschen unter äußerst unwürdigen Arbeitsbedingungen und mit sehr langen Arbeitszeiten arbeiten müssen. Nach 80 Stunden Arbeit wäre es für mich vermutlich auch nur noch wichtig, ein warmes Bett und Essen zu haben, mich vom Fernseher berieseln zu lassen und schnell einzuschlafen. In diesem Zusammenhang denke ich auch noch an die Maslowsche Bedürfnispyramide. Und da steht die Selbstverwirklichung ganz oben. Wie soll ich mich aber mit mir selbst beschäftigen, wenn ich nicht genug Schlaf habe oder mir um meine Unterkunft Sorgen machen muss?

Antwort: Natürlich sind schwere Lebensumstände eine starke Belastung. Doch kann es helfen, einen inneren Ort der Stille zu suchen, wenn es eine Pause gibt und wenn die Arbeit vorüber ist. In China hat in den 90er Jahren eine spirituelle Bewegung viele Anhänger gefunden (Falun Gong), die geholfen hat, zu innerer Entspannung zu führen, aber dann von der chinesischen Regierung brutal unterdrückt wurde.
Wenn ich mir Sorgen um mein Leben mache – die Wohnung, das Einkommen usw. kann es auch helfen, den Atem nach innen zu lenken und die eigene Kraft zu spüren, die Gedanken auf das Positive zu richten und auch um spirituelle Hilfe zu bitten.

Frage:  Andererseits haben alle Menschen letzten Endes die Verantwortung für sich selbst. Aber wer gibt schon jungen Menschen die Möglichkeit, mit dieser  Verantwortung zu experimentieren, um sie später vielleicht erfühlen zu können?

Antwort:
Die Bildung spielt da eine wichtige Rolle, die kommt im Buch leider fast gar nicht vor - (wäre Thema für ein eigenes Buch...). Alle, die im Bildungsbereich arbeiten, sind genauso der Bewusstseinsevolution unterworfen, d.h. sie bewegen sich immer mehr auf den obersten drei  Bewusstseinsstufen und geben das, was ihnen dort wichtig ist, an ihre Studenten weiter, selten über die Inhalte, mehr in der Form. In meiner Jugend wurden Schüler noch von Lehrern geschlagen, heute gibt es einen  viel respektvolleren Umgang miteinander.
Bildung heißt, lernen zu reflektieren, also aus Selbstverständlichkeiten herauszuwachsen und eigene Lebensentwürfe ausprobieren. Bildung vermittelt den Mut zum Wachsen. Sie ist mit Anstrengung verbunden, die der Entwicklung  des eigenen Selbst dient. In dem Sinn erkennen mehr und mehr junge Menschen die Möglichkeit und Notwendigkeit, sich selbst zu entfalten.
Auch müssen sie das tun, denn die Gesellschaft bietet den jungen Leuten keine Rutschbahnen in Berufe an, die sie dann bis zur Pension abdienen. Vielmehr muss jeder junge Mensch sein persönliches Profil schmieden, um in der Gesellschaft weiter zu kommen. Er muss also an sich arbeiten.

Frage:
In Deinem ersten Absatz lese ich heraus, dass Du diese Diskussion unter der Voraussetzung betrachtest, dass alle im Lehrberuf befindlichen Personen an sich selbst arbeiten und darüber reflektieren, was sie tun. Ich bin mir nicht sicher, sofern ich Dich so richtig verstanden habe, ob diese Voraussetzung praktisch gegeben ist.
Den zweiten Absatz lese ich so gerne!

Antwort:
Es gehört zu den inneren Verpflichtungen jedes Menschen, innerlich zu wachsen und weiterzulernen. In allen Bereichen, die mit Bildung und Lehren zu tun haben, ist das noch deutlicher. Jedes Arbeiten mit Menschen trägt eine besondere Verantwortung und beinhaltet besondere Herausforderungen, weil Menschen so radikal verschieden sind und jede Person eine andere Bezugsform braucht. Jeder Mensch schreibt seine eigene Bildungsgeschichte selber, und die Lehrperson muss sich genau darauf einstellen. Dabei muss sie sich auch verändern und Neues dazu lernen. Lehren ohne Eigenreflexion ist eigentlich gar nicht möglich. Dort, wo es explizit gemacht wird, d.h. wo sich jemand bewusst dieser Reflexion widmet, bringt sie umso mehr Gewinn.

Frage:
Und vor allem wird mir immer bewusster, wie wenige Menschen anscheinend  die Zeit und die Möglichkeit haben, sich um sich selbst zu kümmern. Dies wahrzunehmen, ist eine eigene Herausforderung, wobei meine Wahrnehmung   natürlich nur subjektiv ist und auch wieder für viele Menschen so  nicht stimmen muss.

Antwort: Ich denke, dass sich jeder Mensch um sich selbst kümmert, nur ist dieses Kümmern häufig kontraproduktiv, wenn es sich z.B. im Konsum verläuft.  Manchmal wirkt die Kraft der Evolution auf verschlungenen Pfaden: durch Krisen - Gesellschaftskrisen, Gesundheitskrisen... Da passiert dann häufig ein Bewusstseinsschub. Aber natürlich sind die Menschen, die der Innenschau und der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit eine wichtige Priorität im Leben geben, sehr wenige, dennoch um so viel mehr als früher und deren Zahl ist ständig im Wachsen. Wieder zum 19. Jahrhundert - da haben so viele Menschen kreativ zu schreiben begonnen, und noch viel mehr zu lesen - so viele Romane wurden verfasst und gelesen. Das war damals die Beschäftigung mit sich selbst, ganz wenige, die geschrieben  haben (intensivere Selbstbeschäftigung), und vielleicht hundert- oder tausendmal so viele, die gelesen haben (weniger intensive Selbstbeschäftigung).
Jetzt gehen viele den Weg der Therapie und Selbsterfahrung und Meditation und widmen sich damit einer noch intensiveren Selbstbeschäftigung. Viele, die in Therapie gehen, lassen sich dann ausbilden, um selber Menschen weiter helfen zu können. Das sind dann schon Multiplikationseffekte. Und natürlich haben diese Entwicklungen noch nicht die Frauen erreicht, die an der Supermarktkassa stehen oder die Reinigung am Bahnhof machen. Aber das ist "nur" eine Frage der Zeit.

Frage:
Ich denke,dass auch hier wieder in großem Maße die Bedürfnispyramide zum Tragen kommt.
Vermutlich ist auch der übermäßige Konsum nicht mehr als eine Ablenkung, ein Suchverhalten, für das es oftmals Energie von außen bedarf, um es zu erkennen und zu beenden.
In diesem Zusammenhang frage ich mich gerade, wie viele Menschen von selbst einen Weg der Beschäftigung mit sich selbst einschlagen. Für mich selbst war lange Zeit scheinbar alles in bester Ordnung. Ich sah in dem System, in dem ich so sehr eingebettet war, keine Notwendigkeit und keinen Sinn für Veränderung. Mir wäre dieser Gedanke nie gekommen, wenn nicht ein anderer Mensch sehr viel Zeit und Energie aufgewendet hätte, um mich dorthin zu führen. Eine Dankbarkeit dafür konnte ich aber erst nach langer Zeit empfinden.

Antwort: Jede „beste Ordnung“ hält eine Zeitlang, bis der Druck der Evolution zu wirken beginnt. Das können wir in unserem Inneren spüren, wenn uns etwas antreibt, aus den Gewohnheits- und Komfortzonen herauszutreten. Das kann auch von außen kommen, wenn unser Beziehungsnetz zu ächzen und zu krachen beginnt. Wir können uns lange dagegen wehren (insbesondere wir Männer, die wir gelernt haben, viel auszuhalten, ohne zu jammern). Aber unweigerlich kommt ein Punkt, an dem spürbar wird, wie sinnlos das andauernde Kämpfen und Krampfen ist und wie wichtig und lohnend es ist, uns für mehr Freiheit einzusetzen.
Und was für eine Freiheit, wenn sich die Dankbarkeit einstellt!

Frage: Ist es also Glück, so es das Glück gibt, dass sich einige Menschen mit sich selbst beschäftigen können, um so vielleicht die unterschiedlichen von Dir beschriebenen Stufen durchleben zu können?

Antwort: Natürlich "hat" der/die Glück, der/die sich auf den beschwerlichen Weg  der Selbsterforschung begibt, weil dort Schätze zu finden sind, die es auf  den ausgetretenen Pfaden der Konsumwelt nicht zu finden gibt. Aber dieses  Glück spricht sich herum, und erreicht mehr und mehr Menschen, die dann  erkennen, dass es das ist, was sie schon immer gesucht haben. Ich denke, dass die Gesellschaft durch ihre Entwicklung, die eine bestimmte Reife erlangt hat, schon so viele Räume eröffnet, dass immer mehr Leute da  hineingehen. (Es gibt z.B. keinerlei Kontrolle in unseren Gesellschaften, was die Aktivitäten in der Selbsterfahrung anbelangt, zum Unterschied von totalitären Staaten).

Frage: Welch großes Glück ... und welch großer Verdienst der Menschen, die vor uns gelebt haben! Und gerade jetzt leben wir auch wieder in einer Zeit, in der viele von den großen Erungenschaften sehr leichtfertig aufgegeben werden. Errungenschaften, für die viele Menschen hart gearbeitet haben. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, das auch zu würdigen und mit diesem Bewusstsein zu leben. Durch dieses besondere Glück offenbart sich vielleicht auch, wie viel Arbeit auch weiterhin notwendig sein wird, um auch weiter so leben zu können!

Antwort: Jedes Glück, das uns widerfährt, ist ein Geschenk, das wir uns nicht verdient haben. Es kommt aus einer großen Fülle, und wir nutzen es am besten, dass wir aus seiner Energie Kraft schöpfen, unseren Weg weiterzugehen und dass wir teilen, so viel wir vermögen.

Mittwoch, 16. November 2011

Liebe und Hass - eine Polarität?

Manchmal hört man in esoterischen Zusammenhängen: „Hass ist die Kehrseite der Liebe.“ Liebe und Hass hätten die gleiche Schwingung und seien entgegengesetzte Pole des gleichen Spektrums. Was man liebe, müsse man gleichermaßen hassen. Und wenn man jemanden hasst, heißt das, dass man ihn in Wahrheit oder andererseits zugleich liebe. Im Hass drücke sich nur aus, wie wichtig die andere Person wäre.

Wieder eine Falle des Polaritätsdenkens? Hier kommt noch eine Querverbindung dazu, denn das Liebe-Hass-Konzept erinnert an die Borderline-Persönlichkeitsstörung. Eines derer Merkmale liegt im schnellen Umschlagen von „Liebe“ zu Hass: Menschen werden zunächst verehrt und angebetet, und nach dem Umschwung des Gefühls abgewertet, abgelehnt und gehasst. Im Erleben des Borderline-Leidenden schwingt das Pendel einmal in die eine und einmal in die andere Richtung.


Das Grundproblem des Borderliners (und so ist es wohl in unterschiedlichen Ausmaß bei jedem Neurotiker und egofixierten Menschen, also bei fast jedem Menschen) liegt darin, dass Liebe mit einer Form der Abhängigkeit verwechselt wird. Wir fühlen uns zu jemandem oder zu etwas hingezogen und können nicht mehr davon lassen. Wir nennen (in Ermangelung eines Besseren) diese Form der Anziehung und Anbindung „Liebe“. Da solche Formen der Abhängigkeit anfangs mit angenehmen bis überwältigenden Gefühlen einher gehen (z.B. wenn wir uns verlieben), meinen wir, das müsse Liebe sein. Tatsächlich jedoch „lieben“ wir uns nur selbst in unseren Projektionen: Was wir gerne hätten oder wie wir gerne wären, sehen wir in der anderen Person und lieben sie dafür. Sobald sich zeigt, dass es zu den Sonnenseiten der Person auch Schatten gibt, ist der Zauber verschwunden und damit auch die Liebe.

„Sie lieben diejenigen ohne Maß, die sie ohne Grund hassen werden",  hat schon Thomas Sydenham im 17. Jahrhundert über solche Personen gesagt. Modern wird gereimt: „Ich hasse dich, verlass mich nicht.“

Die Projektionen des Borderliners stammen aus dem Reich der Polaritäten und haben häufig eine Entweder-Oder-Gestalt: Entweder liebt sie mich oder sie hasst mich. Das sehe ich daran, wie sie mich anschaut oder welche Worte sie gebraucht oder mit wem sie redet und mit wem nicht, wie viel sie mir gibt und was sie mir schuldig bleibt usw.


Diese Form der „Liebe“ arbeitet vorzugsweise mit Bedingungen: „Wenn du tust, was ich will, kann ich dich lieben, wenn du es nicht tust, muss ich dich hassen.“ „Wenn du dich verhältst, wie ich es will, liebst du mich, wenn nicht, dann hasst du mich.“  Ein Drittes gibt es nicht. Und Freiheit gibt es damit auch keine.

Gibt es die bedingungslose Liebe, oder ist sie immer an den Hass geknüpft, sodass wir gar nicht danach suchen sollten, möglichst viel Liebe in unser Leben zu bringen, weil umso mehr Hass die Folge sein würde? Wenn wir uns aus dem dualen Weltbild lösen und es dem angstgebundenen Bereich der Schutzgefühle zuweisen, also davon ausgehen, dass polares Denken aus einer tieferliegenden Quelle der Angst gesteuert ist, dann können wir erkennen, dass Liebe jenseits von Abhängigkeit und Bedingtheit im Raum des Fließens zuhause ist.


Polarität ist geprägt von einem Eingebundensein in eine Struktur der Enge und Beschränktheit. Manchmal suchen wir den Ausweg aus dieser Begrenztheit in der Mitte zwischen den Polen. Viele Weisheitslehrer haben diesen Mittelweg als den Weg der Tugend angepriesen. Doch setzt der Weg der Mitte die Pole voraus, und ihre Herkunft aus der Angst wird damit überdeckt. Die Mitte zwischen den Extremen wäre dann der Ort der geringsten Angst, aber nicht der Freiheit von Angst. Es wäre der Ort, an dem wir uns in relativer Sicherheit wähnen, und uns hüten müssen, in einen der Pole abzurutschen. Wir hoffen, in der Mitte den Frieden zu finden.

Doch der Friede liegt im freien Fließen, und wir erreichen ihn, wenn wir uns aus der Zone der Angst wegbewegt haben. Wir sind dort, wenn unser Atem offen und entspannt fließt, ohne Ecken und Kanten. Wir schwingen, unsere Körperzellen vibrieren, und wir fühlen uns im Einklang mit der Natur und Natürlichkeit unseres Körpers.

Das ist der Weg zurück in die Welt des Analogen, in die Welt der Kreativität und Allverbundenheit. Wir brauchen keine Angst zu haben vor dem Digitalen und seinen Polen. Sie sind Ausdruck unseres beschränkten Verstandes, der uns Sicherheit geben will, wenn unsere Innen- und Außenwelt turbulent und unübersichtlich wird. Wenn wir auf unseren Atem hören, gibt er uns die Zeichen, die Wegweiser, wie wir wieder zurück finden in unsere Urheimat, die in der Verbindung mit dem Fließen des Lebens besteht, das alles umfasst, die ganze Bandbreite mit allen Extremwerten.

Zum Weiterlesen:
Hass und Liebe: Vom Mangel zur Fülle

Sonntag, 13. November 2011

Polaritäten - Ursprünge und Folgen

"Alles ist zweifach, alles hat zwei Pole, alles hat sein Paar von Gegensätzlichkeiten“, so heißt es im Kybalion, einem esoterischen Buch, das 1908 erschienen ist und sieben „hermetische Prinzipien“ enthält. Darauf fußend, findet sich das Prinzip der Polarität in verschiedenen Lehren dieser Geistesrichtung, so schreibt z.B. der Reinkarnationstherapeut Mathias Wendel: „Immer gibt es Pol und Gegenpol, kurz die Polarität: Tag und Nacht, Mann und Frau, Krieg und Frieden, usw. Wenn es zwei Gegenpole gibt, dann gibt es Spannung dazwischen. Spannung bedeutet, dass sich etwas bewegt.“

Doch lassen wir uns nicht gleich von solchen esoterischen Scheingesetzmäßigkeiten ins Bockshorn jagen. Zunächst können wir uns klarmachen, dass es in der Natur selber keine Polarität gibt. Tag und Nacht sind nur scheinbare Gegensätze, in Wirklichkeit geht die Nacht in den Tag und dieser in die Nacht über, in vielen Zwischenstufen und Übergängen. Ab wann die Nacht wirklich Nacht und nicht mehr Tag ist, sagt uns die Natur nicht, sondern nur unsere eigene Festlegung.

Aber bei den Geschlechtern ist es doch klar – oder doch nicht so? Mann und Frau unterscheiden sich zwar in ihren Geschlechtsmerkmalen; alles weitere ist schon strittig – die einen sagen, dass die Männer von einem grundsätzlich anderen Planeten stammen als die Frauen, was die so wesentlichen Unterschiede erklärt, dass Frauen das Einparken schwer fällt und Männern das Verstehen von Gefühlen. Die anderen sagen, dass das alles erlernt ist und von kulturellen Prägungen abhängt. Und die Biologie und Genetik ist auch nicht so eindeutig wie es die Polaritätslehre fordert. Es gibt – zwar nur als kleine Minderheit – ein drittes Geschlecht zwischen Mann und Frau in verschiedenen Ausformungen. Und es gibt angeblich Frauen, die männlicher sind als manche Männer und Männer, die weiblicher sind als manche Frauen. Also alles andere als eindeutig, alles andere als polar.

Über Krieg und Frieden braucht es da gar keine weiteren Ausführungen, die Zwischenstufen sehen wir, sobald wir eine Nachrichtensendung im Fernsehen einschalten. Außerdem verhieße ja das Gesetz der Polarität, dass jeder Friede einen Krieg fordere, und je mehr Friede umso mehr Krieg nach sich ziehe – eine Sichtweise, die wir hoffentlich ersatzlos in den Bereich der pessimistischen und angstbesetzten Fantasien verbannen dürfen.

Weder die Natur noch die Kultur bringen eindeutig polare Zuordnungen und Gegensätze zustande. Vielmehr haben wir es überall dort mit Kontinuitäten zu tun – eines geht ins andere über und wird mehr und mehr zum anderen, bis es scheinbar einen Gegenpol bildet zum einen. Kaum aber ist es dort, verändert es sich schon weiter, wieder zurück zum Ausgangspunkt oder ganz woandershin.

Woher kommen wir also auf die Idee von Polaritäten? Sie sind Konstrukte unseres Denkens. Das ist in der Lage, binär zu operieren, d.h. A zu A zu machen und davon B abzugrenzen als Nicht-A. Unser Denken bildet den Begriff „Nacht“, der eindeutig vom Begriff „Tag“ unterschieden ist. Damit haben wir ein Gegensatzpaar, das es zwar in der Wirklichkeit nicht gibt, aber das es uns möglich macht, leichter mit der Wirklichkeit umzugehen. Denn wir können uns ausmachen, dass wir in der Nacht dieses und jenes unternehmen, und bei Tag anderes, ohne auf die feineren Unterschiede einzugehen, die die Natur vorsieht.

Meine These zu den Ursprüngen der Dualität oder Polarität geht noch ein Stück weiter zurück als die Zeichen- und Symbolbildung durch Sprache und Denken. Wir treffen auf ein elementares polares Muster bei allen Lebewesen, selbst schon bei einzelligen Organismen. Sie haben in einer Gefahrensituation zwei Optionen: Kampf (Verteidigung) oder Flucht. Sie müssen sehr schnell einschätzen, was die besten Erfolgschancen hat, und entscheiden, was gewählt wird, um das Überleben zu sichern. Die enorme Stressbelastung, die auf dieser Entscheidungssituation ruht, bewirkt den Anschein einer Dualität, d.h. das Lebewesen vereinfacht die Wirklichkeit so weit, dass nur die Alternative von Kampf oder Flucht offen bleibt.

Die hohe emotionale Aufladung einer solchen Situation (wir merken das daran, dass wir extreme Gefahrensituationen, die wir selber erlebt haben, nie vergessen) brennt die duale Struktur in unser Erleben ein und bildet die Grundlage dafür, dass wir entsprechende Sprach- und Denkstrukturen ausbilden, z.B. die Negation, eine rein sprachliche oder gedankliche Operation, die es uns ermöglicht, zu jeder Realitätserfahrung ein Gegenteil zu konstruieren: Wenn nicht Kampf, dann Flucht. Wenn nicht Liebe, dann Hass. Wenn nicht Freiheit, dann Unfreiheit usw.

Wenn du nicht für mich bist, bist du gegen mich. Die Polarität wird einzementiert. Die Folgen von solchen Positionen sind meistens katastrophal. Und das ist auch leicht verständlich, wenn wir die Wurzel des polaren Denkens verstehen, die in einer nackten Überlebensangst liegt. Deshalb wagen wir die Schlussfolgerung, dass alle Polaritäten mit Angst durchtränkt sind. Die Spannung zwischen den Polen ist eine Anspannung aus Angst, die wir körperlich spüren, sobald wir uns ihr aussetzen.

Machen Sie das Experiment: Denken Sie den Satz: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.“ Können Sie dabei ganz entspannt und gelassen und heiter bleiben? Oder nehmen Sie wahr, dass sich irgendwo in Ihrem Körper etwas anspannt?

Könnte es sein, dass die Polaritäten, die wir in der Wirklichkeit zu erkennen vermeinen, „in Wirklichkeit“ nur Projektionen von Überlebensängsten sind? Und könnte es sein, dass diese Projektionen für einen Gutteil der menschenverursachten Leidenszuständen auf dieser Erde zuständig sind, für die Kriege, Ausbeutungen, Unmenschlichkeiten?

Zum Weiterlesen:
Polaritäten lähmen - Kontinuitäten befreien

Sonntag, 23. Oktober 2011

Die Krise und die Menschen

Die Finanzkrise ist in aller Munde und kann auch mal zu flauen Gefühlen in der Magengrube beitragen. Es ist die Rede von Geldbeträgen, die jede Vorstellungskraft übersteigen, die von einem Rettungsschirm in den anderen geschaufelt werden, von einem Land ins andere. Wir hören von drastischen Einschnitten in den Sozialprogrammen und anderen Rückbauten im Wohlstandsniveau bei den überschuldeten Ländern und sehen die Bilder von den wütenden Protesten dagegen.

Wir wissen nicht, wie sich die Krise weiter entwickeln wird und wie schwer es uns betreffen wird – soweit wir nicht in den im Moment am stärksten betroffenen Ländern leben. Wir vernehmen, was uns die Experten erklären und welche Lösungen sie vorschlagen, und erkennen, auch wenn wir keine Experten in Finanzpolitik, Bankwesen und Volkswirtschaftslehre sind, dass sie nichts weiter anbieten können als ein breites Spektrum von Spekulationen. Die einen prophezeien den Kollaps des Euro und in der Folge der Weltwirtschaft, wenn die Pleite-Länder weiter unterstützt werden, die anderen, wenn sie nicht mehr unterstützt werden, sondern eben pleite gehen. 

Unsere Politiker suchen sich dann diejenigen Experten-Spekulanten aus, die ihnen am besten in ihr politisches Spektrum passt. Dabei fällt wieder einmal auf, dass die rechten Parteien zum Schulterschluss unter dem Nationalego blasen – wir bunkern uns ein auf unserer seligen Insel, die Welt um uns soll ruhig untergehen, kein Cent mehr sollen die faulen Säcke kriegen. Die Wirtschaftsgemeinschaft nutzen wir solange, solange sie uns Gewinne ins Land schaufelt, wenn es schwieriger wird, schotten wir uns einfach ab, und versaufen diese Gewinne an den Biertischen.

Die meisten Parteien, die in Europa die Regierungen stellen (mit Ausnahme der Slowakei), gehen den anderen Weg und hoffen, dass die Transferzahlungen aus den Rettungsschirmen irgendwann ein Ende finden und dass die Volkswirschaften die Milliardenbeträge erwirtschaften können. Niemand kann wissen, ob diese Strategie erfolgreich ist und wohin sie führen wird.

Andere wieder fordern, dass die Entscheidungen, die da von den Regierungen und EU-Institutionen getroffen werden, dem „Volk“ zur Abstimmung vorgelegt werden sollten. Schön, aber über welche Entscheidungsgrundlagen verfügt das „Volk“? Noch viel weniger und dürftiger als die, die unsere Politiker haben, die wir dafür gewählt haben und bezahlen, dass sie sich eingehend und verantwortungsvoll mit den Problemen auseinandersetzen.

Allerdings ist die Erwartung naiv, dass es irgendwo, unter den Politikern oder unter den Experten, einen geben soll, der die Lösung des Rätsels kennt, wie Ödipus, der Theben mit seiner Klugheit von der Sphynx befreit. Oder wie die Deutschen und Österreicher in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, die sich von einem „starken Mann“ die Befreiung aus allen Nöten erhofft haben. Jeder „Mann“, der da heute aufsteht und behauptet, „die“ Lösung zu kennen, ist ein Schwindler und Betrüger. Die Problematik ist so komplex, dass sie ein einzelner Mensch nicht durchschauen kann, und jeder, der das behauptet, täuscht sich selbst.

Und das ist einfach die Situation, in der wir uns befinden. Wir wissen nicht, in welche Zukunft uns die Maßnahmen führen, die gerade beschlossen und durchgeführt werden. Es gibt nichts Vergleichbares in der Geschichte der Menschheit, das uns als Modell dienen könnte. Wir sind ganz auf uns gestellt, auf dem Raumschiff Erde, im 21. Jahrhundert. Wir wissen nicht, ob dieses Wirtschaftssystem, das uns so viele schöne Dinge beschert hat, in dieser Form weiter bestehen wird, wir wissen nicht, ob der Wohlstand, dessen Segnungen wir mit großer Selbstverständlichkeit  genießen, weiter wachsen wird. Wir wissen nicht, ob das europäische Staatensystem die Krise überleben wird usw. 

Die Zukunft ist unsicher, und es scheint um mehr zu gehen, und deshalb reagieren wir auch mit mehr Irritation und Angst. Außerdem werden wir dauernd mit Informationen gefüttert, die in jedem zweiten Satz das Wort „Krise“ enthalten. Dazu kommt, dass wir wenig bis gar nichts tun können. Wir können nicht einmal für die armen Griechen spenden wie für die Katastrophenopfern oder Verhungernden sonstwo auf der Welt. Wer hat schon die Milliarden in der Sparbüchse, die dort gebraucht werden? 

Die Zukunft ist unsicher, und das war sie schon immer, und das wird sie immer sein. Nehmen wir die Situation, in der wir uns befinden, als Gelegenheit, um uns klar zu werden, was uns wirklich wichtig ist im Leben. Der Wohlstand, in den wir hineingeboren wurden, bietet viele Annehmlichkeiten und Vorzüge, aber er ist im Grund nur eine Randerscheinung für das, was uns wirklich erfüllt und Glück beschert.

Und vertrauen wir darauf (das ist meine Botschaft, die ich aus dem Einblick in die Kraft der Bewusstseinsevolution verkünde...), dass wir in dieser Situation der systemischen Vernunft eine Chance geben müssen, weil wir anders nicht weiterkommen. Wir werden, ob wir das wollen oder nicht, unsere Egoismen ein Stück weiter hinter uns lassen müssen und damit – als Einzelne, als Gesellschaften und als politische Einheiten – ein Stück reifer werden. Gleich, was die Zukunft bringen wird, das systemische Bewusstsein wird mehr Raum einnehmen und den Boden bereiten für den nächsten Reifungsschritt, der uns ins holistische Bewusstsein führen wird. 

Gehen wir den Weg gemeinsam!

Samstag, 8. Oktober 2011

Zu viel, zu intensiv, zu schnell

Nach dem berühmten Traumaforscher Peter Levine ist eine traumatische Erfahrung gekennzeichnet durch: zu viel, zu intensiv, zu schnell.

Da haben wir schon die Leitvorstellungen unserer Lebenskultur: Wir wollen viel, wollen es intensiv und schnell. Wer will wenig? Vielleicht weniger Anstrengung oder Arbeitszeit oder Konflikt. Aber was die Dinge und Zahlen anbetrifft, soll es immer mehr werden. Wenig am Konto und wenig im Kühlschrank bedeutet Mangel, Mangel bedeutet Gefahr, und Gefahr wollen wir nicht, sondern Sicherheit. Davon können wir nicht genug kriegen. Also soll nicht nur der Kühlschrank, sondern auch die Tiefkühltruhe voll sein, und daneben die Regale des Vorratskellers. Das Konto dagegen ist nie voll genug, es gibt immer noch mehr, was darin Platz finden könnte, und die Sicherheit, die das gibt, ist äußerst fragil. Ich kann nie sicher sein, ob nicht am nächsten Tag eine riesige Rechnung aus irgendeiner Sache, die ich längst vergessen hatte, auftaucht, oder eine Einzahlung, auf die ich warte, nicht kommt. Es könnte auch ein Schicksalsschlag über mich hereinbrechen, der alle Mittel fordert. Also strebe ich nach mehr, mehr, ohne je auf der sicheren Seite zu landen.

Intensität ist ein weiterer Lockvogel, dem wir gerne auf den Leim gehen. Wir sind einen hohen Reizpegel gewohnt, weil wir in Umgebungen aufgewachsen sind und leben, die uns dauernd herausfordern. Fehlt die Herausforderung durch einen starken Reiz, wird uns sofort fad. Etwas Spannendes muss her, und wenn das ausgelutscht ist, braucht es den nächsten Kick. Wenn wir von einem Fernsehkanal zum nächsten zappen, damit unser Intensitätshunger gestillt wird, geht es uns wie Drogensüchtigen. Ein Event jagt das nächste, und damit sind wir gleich beim dritten Thema:

Die Schnelligkeit, ein Fetisch unserer Zeit. Es gibt Preise für die Schnellsten, im Laufen, Reden, Kochen, Rappen... Es gibt keine Preise für die Langsamsten, für die, die entschleunigen, beruhigen und ausgleichen. Die ganze Aufmerksamkeit geht zu den Lauten, Aufgeregten, Hektischen und Hysterischen, in den Medien, in der Politik und der Wirtschaft. „Beeil dich schon, trödel nicht so herum,“ so lautet die häufige Schelte an ein Kind, das das Prinzip der bedingungslosen Schnelligkeit noch nicht verstanden hat, das die Erwachsenenwelt dominiert. Dort wird jede Bremsung als Blockierung des eigenen Strebens und Weiterkommens interpretiert. Kaum kommt das Auto zum Stehen im Stau oder vor einer Ampel, setzt die Unruhe ein, die zum schnellen Weiterkommen drängt. Wir kommen gar nicht auf die Idee, dass wir Zeit gewinnen, wenn alles steht – zum Atemholen und Zurücklehnen. Wir sind überzeugt, dass es die Zeit nicht gibt, die niemand verlieren will.

Zu viel, zu intensiv, zu schnell – das war die Erfahrung bei einer Traumatisierung, die irgendwann passiert ist, früh im Leben, vielleicht schon weit vor der Geburt. In unserer Lebensform ist diese Traumastruktur allgegenwärtig, und es scheint geradezu, dass die Art, wie wir unser Leben gestalten, davon getragen ist. Damit reproduzieren wir unsere Traumatisierungen immer wieder und wieder, mit unserem Drängen: „Wann kommt endlich der Kellner? Wie lange braucht der noch vor mir in der Schlange? Wann wird der Film endlich spannend? Warum fährt der vor mir so langsam?“

Schließlich verstehen wir nur mehr eine Welt von Traumatisierten. Alles andere ist uns fremd und irritiert uns. Das Gestörte ist uns vertraut, das Verängstigte gibt uns Sicherheit. Eine verkehrte Welt, die wir uns da in unserem inneren Erleben zurecht gemacht haben.

Freitag, 7. Oktober 2011

Vom Mut zu wachsen - Sieben Stufen der Integralen Heilung

Mein neues Buch hat das Licht der Welt erblickt und freut sich auf seine LeserInnen. Es steckt viel von meinen inneren Erfahrungen und Gedanken in diesem Buch. Die Reise geht durch "alle" Bewusstseinsschichten, die in sieben Stufen unterteilt werden. Sie werden in der Geschichte der Menschheit und in unserer eigenen Geschichte aufgesucht und beispielhaft erfahrbar.
Manchmal sind wir Urzeitmenschen, die sich nichts sehnlicher als die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, zu einem Stamm wünschen; die Angst haben, die soziale Anerkennung zu verlieren oder aus der Rolle zu fallen.
Dann wieder kommt der Impuls, auszubrechen und etwas Neues anzufangen, die Zusammenhänge zu verlassen, in denen wir drinstecken, koste es, was es wolle.
Doch gibt es später wieder Phasen, in denen wir uns nach Ordnung und Sicherheit sehnen und froh sind, wenn wir nicht alles selber checken müssen, sondern uns auf Institutionen verlassen können, die uns versorgen, wenn wir in Not sind.
Und wir kennen die Ansprüche, die sich gerade nach solchen Erfahrungen melden: Ich soll mein eigenes Leben auf meinen eigenen Leistungen begründen und in der Lage sein, mich selber zu finanzieren, wofür ich mich anstrengen muss, und dann auf meine Erfolge stolz sein kann. Meine Sicherheit suche ich jetzt in Gütern, die ich um mich herum anhäufe.
Damit irgendwann unzufrieden, gehe ich weiter und suche den Sinn in all dem Streben und komme drauf, dass mich Dinge nicht glücklich machen. Ich brauche Qualitäten in mir, die mir zeigen, dass ich eine einzigartige Person bin, ich möchte meine Kreativität entfalten.
Auch von hier führt mich ein innerer Drang weiter. Ich möchte nicht nur als großes Ich erfolgreich und einzigartig sein, sondern mich in sozialen Netzen engagieren und für etwas Größeres da sein.
Schließlich suche ich den endgültigen Ausstieg aus den Zyklen des Leidens und der Selbstbezogenheit. Ich möchte das ausweiten, was ich in vielen Momenten der inneren Suche spüren konnte: die innere Freiheit und Leichtigkeit, die Weite und universelle Verbundenheit.


All das braucht Mut, von einer Sicherheit zur nächsten fortzuschreiten, Altes aufzugeben und sich Ängsten zu stellen. Doch gibt es eine innere Kraft, die uns dabei unterstützt, ich nenne sie die Kraft der Evolution.

Das Buch möchte Mut machen, Mut zum Wachsen und Weitergehen. Als Menschheit machen wir das seit Millionen von Jahren, und in unserer Lebensgeschichte sind wir auch schon weit vorgedrungen. Wenn wir uns mit dem Modell, das dieses Buch anbietet, näher auseinandersetzen (und das wird im Buch auch durch Übungen erleichtert), verbinden wir uns mit der Kraft der Evolution und wir lernen, dem Leben mehr und tiefer zu vertrauen.


Du kannst das Buch über den Kamphausen-Verlag beziehen (http://weltinnenraum.de/buch-autor/dr-wilfried-ehrmann/vom-mut-zu-wachsen.html - versandkostenfrei in Deutschland) oder bei mir (info@wilfried-ehrmann.com - versandkostenfrei in Österreich). Es ist jetzt auch als E-Book erhältlich.

Ein Interview zum Buch findet sich als Video in: http://vimeo.com/29094578

Ein Überblick über die sieben des Bewusstseins bietet: http://vimeo.com/29096519 

Eine Meditationsübung kann auf Youtube mitgemacht werden: http://www.youtube.com/watch?v=HZxgUlwBjCU&feature=channel_video_title

Ich freue mich über alle Rückmeldungen und Diskussionen zu den vielen Themen, die in dem Buch angesprochen werden.