Samstag, 19. März 2022

Krieg und Propaganda

Kriegszeiten sind Zeiten der Verunsicherung auf der individuellen und auf der kollektiven Ebene. Kriege produzieren vor allem Zerstörung, von Leben und Gütern. Kriege führen zur politischen Instabilität und belasten die Wirtschaft, weil Güter hergestellt werden, die Zerstörung anrichten und dann selbst zerstört werden. Kriegszeiten sind auch Zeiten der Verunsicherung, was Information und Wahrheit anbetrifft. Wenn das eigene Leben in Frage gestellt wird, wird auch das Vertrauen in die Mitmenschen erschüttert und es wird schwerer abzuschätzen, wer zuverlässig informiert und wer nur manipulieren will oder sonst Böses im Schilde führt.

Krieg und Propaganda

Spätestens seit der Neuzeit besteht ein Teil der Kriegsführung in Propaganda, also in Wahrheitsverwirrung und –verzerrung zum eigenen Vorteil. Dieser Teil wird immer wichtiger und mächtiger und damit die Auswirkungen immer zerstörerischer. Die Desinformation, die Kriege begleitet, dient verschiedenen Zwecken: Sie soll die Moral der eigenen Seite stärken und die des Gegners schwächen. Sie soll die eigenen Ziele als ehrenwert und moralisch gerechtfertigt herausstreichen und die Ziele des Gegners als verachtenswert und destruktiv brandmarken. Sie soll die eigene Kriegsführung als integer darstellen und die des Gegners als inhuman und grausam anprangern. Sie soll die eigenen Schwachstellen verschleiern und die des Gegners betonen. Sie dient also nicht der Wahrheitsfindung, sondern soll die Erreichung der Kriegsziele fördern. Sie soll nicht nur die feindliche Seite desorientieren, sondern auch die eigene Bevölkerung täuschen und verdummen. Kriegspropaganda dient dem Schüren von Hass auf den Gegner und der Glorifizierung der eigenen Nation.

Da Informationen heute weltweit vernetzt sind und überall gleichermaßen zugänglich sind, steht die Kriegspropaganda vor der paradoxen Situation, dass die eigenen Narrative neben denen des Gegners aufscheinen und keine Exklusivität mehr zuwege bringen, außer es gelingt einem Staat, die weltweite Vernetzung im eigenen Land durch zensurmaßnahmen unter Kontrolle zu bringen. 

Kriegspropaganda im 20. Jahrhundert

Früher, als die Informationskreise stärker voneinander abgeschottet waren – kaum jemand las im 1. Weltkrieg Zeitungen aus den gegnerischen Ländern oder aus neutralen Staaten, und die Zeitungen im eigenen Land konnten recht einfach zensuriert werden –, war es leichter, die eigene Bevölkerung einheitlich zu desinformieren und die Einstellungen zu prägen. Es konnte also ein kollektiv gültiges Narrativ erzeugt werden, das z.B. gerade am Ende des 1. Weltkrieges dazu führte, dass viele Leute in den unterlegenen Mittelmächten Deutschland und Österreich-Ungarn nicht verstehen konnten, warum der Krieg verloren war, wo doch die Nachrichten über Siege bis zuletzt verbreitet wurden. Die fehlenden Informationen über die eklatanten Schwächen und erschöpften Ressourcen der Militärs dieser Länder führten dort zum verbreiteten Unverständnis für die Kriegsfolgen, die als ungerechtfertigt und demütigend empfunden wurden. Daraus entwickelten sich neue Narrative wie z.B. die Dolchstoßlegende, die die Niederlage auf Saboteure im eigenen Land zurückführte und die dann vor allem zur Feindschaft gegen die Linke und gegen die Juden verwendet wurde. Insgesamt entstand das Gefühl, dass die zugefügte Niederlage und die darauf folgende Demütigung durch die Friedensverträge gerächt werden mussten. Dieses Motiv wurde dann von den Nationalsozialisten aufgegriffen und stellte eine Hauptursache für die Entfesselung des 2. Weltkriegs dar. Er ist also die Frucht von Desinformation und manipulativer Kriegspropaganda.

Die Nationalsozialisten waren es, die die Bedeutung der Propaganda zur Verschleierung der eigenen Ziele und zur Indoktrination der Bevölkerung erkannten und einen eigenen Propagandaminister installierten, Joseph Goebbels, der einer der treuesten Wegbegleiter Adolf Hitlers bis in die letzten Stunden war. Dem Volk wurden Volksempfänger angeboten, die nur die Frequenz des Deutschlandsenders empfangen konnten, und das Hören von „Feindsendern“ war streng verboten und wurde mit der Einlieferung in KZs bestraft. Die anderen Medien waren „gleichgestaltet“, durften also nur regierungsgetreue Nachrichten weitergeben. 

Dadurch konnten viele Gräueltaten der Kriegsführung und des NS-Terrors gegen Randgruppen, Minderheiten und Juden vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Die Kriegsberichterstattung war von Jubelmeldungen geprägt, Niederlagen kamen nicht vor. Allerdings wurde im Lauf des Krieges durch die Bombardierung des ganzen Landes deutlich, dass das Regime nicht in der Lage war, die eigene Bevölkerung zu schützen, trotz aller Siege und Frontbegradigungen und anderer aufgebauschter Meldungen, von denen die Medien voll waren. Langsam wurde deutlich, dass die feindlichen Truppen näher rückten, und die aufgebauten Illusionen zerbröckelten immer mehr. Die bedingungslose Kapitulation 1945 war nur eine logische Folge der katastrophalen Niederlage, die diesmal kaum jemanden überraschte, aber nur wenige mit Freude erfüllte.

Die folgende Ernüchterung und das Erwachen aus einer eingetrichterten Verblendung führte zunächst bei den meisten nicht zu einem Streben nach der Wahrheit, danach also, zu wissen, was wirklich abgelaufen ist und dazu, sich mit den Verbrechen, die im Namen des Volkes begangen wurden, auseinanderzusetzen. Vielmehr bestand der allgemeine Trend darin, das Geschehene möglichst schnell zu vergessen und in eine bessere Zukunft zu schauen. Die Last der kollektiven Traumen, die das NS-Regime und der Krieg hinterlassen hatten, wurde damit den nachfolgenden Generationen überlassen. Die Mittäter und Mitläufer wurden still und heimlich eingegliedert, und über die Schandtaten wurde ein Mantel des Schweigens gebreitet. Die Politik wurde den Eliten überlassen, nach dem Motto: Politisch Lied ist garstig Lied. Die Geschichtslehrer trachteten danach, genug Unterrichtszeit auf die Griechen, Römer und mittelalterlichen Helden zu verwenden, damit sie die desaströsen Kriege des 20. Jahrhunderts nicht behandeln mussten.

Erst langsam verbreiterte sich das Bedürfnis, mit den Schrecknissen und Grauslichkeiten der Vergangenheit ins Klare und Reine zu kommen. Die historische Aufklärung erlangte mit einer Generation mehr Breitenwirkung, die im ansteigenden Wohlstand groß geworden war, aber an der emotionalen Leere litt, die die Weltkriege in den Seelen der Kriegsteilnehmer hinterlassen hatten. Es richtete sich die Wut auf die Institutionen des Staates, dem die Verdrängung angelastet wurde. Die Protestbewegungen aus der Jugend der 60er Jahre führte zu gesellschaftlichen Reformen und zur Entstehung einer kritischen Zivilgesellschaft, die sich Informationen aus alternativen Quellen beschaffen konnte und dann gegen Ende des 20. Jahrhunderts durch das Internet enorm wachsen konnte. Parallel dazu kamen die Wunden und Schwären der Vergangenheit immer an die Öffentlichkeit, wie z.B. die amerikanische Fernsehsendung „Holocaust“, die Anfang der achtziger Jahre ein Gefühl für das Ausmaß der nationalsozialistischen Judenvernichtung in die Haushalte brachte. 

Unmerklich vollzog sich in diesen Prozessen eine Auseinandersetzung mit der Scham über die Unmenschlichkeiten in der eigenen Vergangenheit und Geschichte, die da und dort in Konflikten ausbrach, wie z.B. in der Waldheim-Affäre oder um die Ausstellungen zu den Verbrechen der Wehrmacht. Als Sammelbewegungen zur Schamverdrängung boten sich rechtsgerichtete Parteien an, die in Österreich ab den 80er Jahren und in Deutschland nach 2000 zu Klein- und Mittelparteien anwuchsen und in Österreich sogar zweimal in die Regierung gelangten.

Aufklärung und Gegenaufklärung

Die Geschichte der Information verläuft, wie an diesen Beispielen sichtbar wird, ambivalent. Jeder Schritt zur Aufklärung erzeugt Gegenaufklärung. Wir kennen diesen Prozess aus inneren Abläufen, wie sie z.B. bei der therapeutischen Aufarbeitung von Traumatisierungen erfolgen: Widerstände werden überwunden und Verdrängtes wird bewusst, worauf sich wieder Widerstände bilden, die die erreichten Fortschritte rückgängig machen wollen. 

Auf gesellschaftlicher Ebene formieren sich Gegenkräfte, wann immer unangenehme Wahrheiten aus der Geschichte an die Oberfläche kommen. Die Gegenkräfte nutzen die Desinformation, weil sie Wahrheiten bekämpfen müssen, denen sie durch das Erzeugen von Verwirrung die Grundlage entziehen wollen. Wie die biographische Wahrheit, die sich z.B. bei der Aufdeckung einer Missbrauchserfahrung zeigt, vor der Entdeckung geschützt werden muss, weil in ihr heftige und belastende Gefühle enthalten sind, soll auch die historische Wahrheit im Dunklen oder zumindest im Zwielicht verbleiben. Denn sie kränkt das nationale Selbstgefühl, beschmutzt das eigene Nest und besudelt die Heimat, die eigenen Wurzeln. Also werden die Informationen, die auftauchen, geleugnet (Holocaust-Leugner), verkleinert (die Opferzahlen der Shoa werden minimiert) oder in die ferne Vergangenheit abgeschoben („Es muss endlich Schluss sein mit dem ewigen Wühlen in der Vergangenheit!“).

Gibt es unabhängige Medien?

Jedes publizistische Medium braucht Geldgeber und Finanziers. Rein durch Verkauf und Abonnenten kann keine Zeitung qualitätsvolle Ergebnisse liefern. Insoferne ist der Wunsch oder die Forderung nach unabhängigen Medien illusorisch. Es macht aber einen wichtigen Unterschied, ob ein Medium den Anspruch vertritt, faktengetreu zu informieren oder nicht, und ob es sich nach diesem Maßstab messen lässt. Die Affäre um die gefälschten Tagebücher von Adolf Hitler, die der Stern 1983 veröffentlichte, war der Zeitschrift nach dem Auffliegen der Fälschung äußerst peinlich. Es können Fehler bei der Informationsbeschaffung passieren, aber sie werden auch eingestanden und korrigiert, wenn das Medium auf seinen Ruf wert legt. 

Medien wollen primär nicht manipulieren (außer es handelt sich um Medien, die direkt von politischen Parteien oder Gruppierungen betrieben werden), sondern Gewinn machen. Die einen machen Gewinn dadurch, dass sie es mit der Objektivität und Wahrheitstreue nicht so genau nehmen und lieber reißerisch harmlose Ereignisse aufbauschen, um mehr Leser anzulocken, die anderen dadurch, dass sie möglichst objektive Information versprechen und sich für journalistische Sorgfalt einsetzen. Es gibt also noch immer Zeitungen und andere Medienkanäle, die sich zum Titel „angesehen“ bekennen und Qualitätsjournalismus bieten, um dem Ruf gerecht zu werden und zu bleiben. Sie richten sich an Menschen, die an möglichst realitätsnahen Fakten interessiert sind und Informationen und Meinungen klar unterscheiden wollen, die unterschiedliche Sichtweisen erwägen und das Für und Wider zu gesellschaftlichen Fragen erörtern wollen. Es sind Medien, die Leserforen mit einem breiten Meinungsspektrum pflegen und im Austausch mit verschiedenen Informationsquellen, gesellschaftlichen Gruppen und Trends stehen. Es gibt genügend Menschen in der Zivilgesellschaft, die an solchen Informationsquellen interessiert sind, dass sie am Markt bestehen können, ohne in dieser Ausrichtung in Abhängigkeit von Geldgebern und ihren Interessen zu geraten.

Werden wir durch Medien manipuliert?

Die Manipulation durch die Medien gibt es nur dort, wo die mediale Landschaft gleichgeschaltet ist. Es ist dort zwar einfach, sich vor Manipulation zu schützen, indem man völlig auf Medienkonsum verzichtet. Andererseits fehlt die Möglichkeit, zu verlässlichen Informationen zu kommen, sodass der Zugang zu wichtigen Bereichen der Realität verloren geht. Deshalb erleben viele Menschen solche Systeme als Freiheitseinschränkung und wollen ihnen entrinnen.

Wo verschiedene Informationsquellen zugänglich sind, werden nur jene Personen manipuliert, die sich nicht die Mühe machen, die angebotenen Informationen zu sichten, indem Fakten und Meinungen unterschiedenen werden und die Quellen kritisch geprüft werden. Wer sich nicht manipulieren lassen will, prüft die Ursprünge und das Zustandekommen der Informationen, sodass der Spreu vom Weizen gesondert wird. Es ist keine einfache Aufgabe, weil die Informationslandschaft riesige Ausmaße angenommen hat und mit unheimlicher Geschwindigkeit weiter wächst. 

Wem vertrauen?

Zur unübersehbaren Menge an Information kommt die überwältigende Zahl an konkurrierenden Quellen und Anbietern. Informationen widersprechen sich häufig; wem kann man vertrauen? Wir haben die Naivität verloren, mit der frühere Generationen für bare Münze genommen haben, was das Radio oder das Fernsehen gezeigt haben oder was „schwarz auf weiß“ in einer Zeitung gestanden ist. Heute wissen wir, dass Informationsangebote von Interessen geleitet sind und vielfach manipulative Zwecke verfolgen. Ohne die Mühen des Sichtens und kritischen Überprüfen geht es nicht, den Fallen, die überall in der Medienwelt aufgestellt sind, zu entgehen. Informationsprüfung ist also Arbeit, Fiktion von Faktizität zu unterscheiden aber unerlässlich, um mit der modernen Lebenswelt zurechtkommen zu können und Orientierung zu gewinnen.

Die Mühen der Prüfung

Wenn wir uns dieser Mühe nicht unterziehen, tendieren wir dazu, nur meinungskonforme Informationskanäle zu nutzen und damit in unserer Blase zu bleiben. Bekanntlich sind virtuelle Plattformen darauf programmiert, uns mit Informationen zu füttern, die unsere Vorurteile, Werthaltungen und ideologischen Präferenzen verstärken. Bequemer ist es, beim eingeübten Denken in Schablonen zu bleiben, als alte Gewohnheiten abzulegen und neue Kontexte zu bilden. Die informationskritische Einstellung erfordert nicht nur Zeit, sondern auch Anstrengung und Veränderungsbereitschaft. Statt uns passiv von Medien berieseln zu lassen, bleiben wir in kritischer Distanz und in einer offenen Haltung, die auch bereit ist, sich mit alternativen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Wir dehnen unseren Horizont, statt ihn einzuengen oder in der gewohnten Beengung zu belassen. 

Vertrauen verdienen jene Medien, in denen Fakteninformation von Meinungskundgabe unterschieden wird, bei denen die Quellen der Fakten einsichtig sind, in denen unterschiedliche Standpunkte diskutiert werden und die zu Selbstreflexion bereit sind, die also Fehlinformationen zugeben und korrigieren. Misstrauen verdienen jene Medien, in denen nur eine Sichtweise verbreitet wird, die zudem auf keiner verlässlichen Faktenbasis beruht, bei denen andere Ansichten nicht einmal in Foren oder Leserbriefen vorkommen und die keine Bereitschaft zur Selbstreflexion erkennen lassen. 

„Mainstream“ als Abwertung

Medienskeptiker, die die sich mit ihrer Meinung in einer Minderheitsposition wahrnehmen, verwenden gerne den Begriff der Mainstream-Medien in einem abwertenden Sinn. Sie gelten quasi als die Multis im Mediengeschäft, die entweder von Wirtschafts- oder Politikinteressen gelenkt sind und deshalb keine Glaubwürdigkeit haben. Medien mit weniger Verbreitung, Nischensender usw. verdienten dagegen mehr Vertrauen, nach der Logik: Wer am Markt schwächer ist, hat weniger Macht, wer weniger Macht hat, kann nicht manipulieren, wer nicht manipuliert, sagt die Wahrheit – so die Kurz-Schlussfolgerung.

Ob ein Medium einem „Mainstream“ angehört, ist weder ein Kriterium für Verlässlichkeit und Wahrheitstreue noch dagegen. Misstrauen verdienen allerdings jene Publizisten oder Publikationen, die für sich die Wahrheit reklamieren, bloß weil sie von der des „Mainstreams“ abweicht. 

So gilt es auch für die Medienlandschaft: Publizisten, die in einem Randmedium arbeiten, wollen mit abwegigen Ansichten Aufmerksamkeit erringen und nutzen dafür die Außenseiterrolle als Vorteil, oft ohne sich um den Realitätsbezug ihrer Aussagen zu kümmern. Gegen die Medien, die von den Mehrheiten konsumiert werden, wird Misstrauen gesät, weil diese mächtiger wären und deshalb von vornherein schon korrumpiert und manipulativ sind. Überdeckt werden dabei die eigene Manipulationsabsicht und die Interessen, die damit vertreten werden. Denn nicht selten stecken hinter Minderheitenpositionen, wie z.B. hinter jener der Impfgegner, potente Geldgeber mit wirtschaftlichen Interessen. Bei der Kriegsberichtserstattung liegt es auf der Hand, dass abwegige Theorien einer Kriegsseite nutzen sollen. So wird z.B. die Meinung vertreten, dass die russische Armee nicht in der Ukraine einmarschiert ist, sondern ein Krieg der Ukrainer untereinander tobt, womit klarerweise die russische Aggression verharmlost wird – Wasser auf die Mühlen der Aggressoren.

Eine Verschärfung des Mainstream-Vorwurfes stellt die Rede von der „Lügenpresse“ dar. Dieser aggressive Ausdruck gilt wird im Meinungskampf als politischer Kampfbegriff eingesetzt und wird gerne von jenen verwendet, die selber Lügen oder Halbwahrheiten verbreiten oder Fantasien mit Realität verwechseln und dabei nicht aufgedeckt werden wollen. Wer andere der Lüge bezichtigt, vermeint selber über die Wahrheit zu verfügen, aber will keine Presse, die den eigenen Standpunkt in Frage stellen und Ungereimtheiten aufzeigen könnte. 

Zum Weiterlesen:
Manipulation erkennen und entzaubern
Astroturfing - Manipulation vom Feinsten
Wird die Demokratie von Manipulatoren gekidnappt?
Kollektiven Traumen hinter dem Angriff auf die Ukraine


Freitag, 11. März 2022

Schamverdrängung im Ukraine-Krieg

Wer anderen Menschen Leid zufügt, erlebt Scham. Diese unweigerliche Reaktion entspringt aus der sozialen Natur der Menschen. Wenn wir das Leid nicht erkennen, das wir anderen antun, fallen wir aus dem sozialen Netz heraus, und in der Folge zerfällt die Gesellschaft. Das Erleben von Scham ist also ein wichtiger Kitt für den Zusammenhalt unter den Menschen und ein starkes Gegengewicht gegen einseitige Machtdurchsetzung und Gewaltausübung. Der Willkür, die sich aus einer Überlegenheitsposition ableitet, kann nur Einhalt geboten werden, indem die Scham darüber erkannt wird. 

Wenn schon kleine Verletzungen, die im zwischenmenschlichen Alltag geschehen, zu Schamreaktionen führen, dann ist es klar, dass massive Verletzungen, wie sie in einem Krieg geschehen, ebenso massive Schamgefühle auslösen. Am aktuellen Beispiel der Ukraine bedeutet das, dass die Angreifer, die russische Föderation und die für den Angriff verantwortlichen Personen massiv mit Scham belastet sind. 

Krieg ist eine Schande 

Sergej Gandlewskij, ein angesehener russischer Dichter, hat einen Protestbrief verfasst, in dem er schreibt: „Der von Russland gegen die Ukraine entfachte Krieg ist eine Schande! Das ist unsere SCHANDE. Leider werden noch die Generation unserer Kinder und die heute noch gar nicht geborenen Russen die Verantwortung dafür übernehmen müssen!“ Den Brief haben bisher zehntausend russische Kulturschaffende unterzeichnet. (Quelle: Falter 10/22, S. 28) 

Das Phänomen hat den Kreml-Sprecher Peskow zu der Äußerung veranlasst: “Ein echter Russe schämt sich nie, ein Russe zu sein.” Wer sich dennoch schäme, wäre kein echter Russe. Das ist eine Formulierung aus einem blinden und autoritären Nationalismus: Über die eigene Nation darf man nichts kommen lassen, sonst gehört man nicht mehr dazu. Zur Nation zu gehören heißt bedingungslos deren Führern zu folgen und deren Handeln für richtig zu befinden. Die Scham wird verboten, weil sie dazu herausfordert, das eigene Handeln in Frage zu stellen und zu überprüfen. Eine schambefreite Nation ist zu allem fähig, gleich ob es gut oder böse ist: Right or wrong, it is your country. Vor solchen Nationen sollte man sich hüten. 

In dieselbe Kerbe schlägt die kategorische Aussage einer russischen Facebook-Posterin, dass Russen keine Zivilisten töten. Es ist, als ob die eigene Rechtschaffenheit und der Wunsch nach Menschlichkeit der ganzen Nation übergestülpt wird. Wer Russe ist, ist automatisch gut. Damit kann die Identifikation aufrechterhalten bleiben, die an das Ganze der Nation bindet. Der Umkehrschluss gilt dann auch gleich: Wer Zivilisten tötet, kann kein Russe sein. Alles Böse wird externalisiert, wird nach außen verbannt, und das Innere wird zwanghaft sauber gehalten. 

Generationenbelastung

Für alle aber, die nicht im Bann einer nationalistischen Ideologie stehen, ist jetzt schon klar zu sehen, dass verursachtes Leid Scham auslöst und Verantwortung einfordert. Wenn sie nicht gleich mit dem Geschehen einbekannt wird, überträgt sie sich auf die nächsten Generationen. Auch auf der Täterseite entsteht damit eine kollektive Traumatisierung, die im schlimmsten Fall weitere Aggressionen befeuert und im besseren Fall zu einer Abkehr von Gewalt und Militarismus führt, wie es z.B. in Deutschland und Japan, den beiden Aggressoren im 2. Weltkrieg, geschehen ist. 

Nur mit dem Annehmen und Einbekennen der Scham kann die eigene Seele ins Gleichgewicht kommen und nur so können die sozialen Beziehungen wiederhergestellt werden. Nur so kann Unmenschlichkeit durch Menschlichkeit ersetzt werden. Sich der Scham zu stellen und das angerichtete Unheil einzugestehen und dafür die Verantwortung zu übernehmen, führt zurück in die Würde und zum Respekt für die anderen, vor allem für die Opfer. Wenn das nicht geschieht, bleibt die Scham bestehen und legt sich wie eine Wolke über die eigene Person und über eine ganze Gesellschaft, eine Wolke, die alles Erleben eintrübt. 

Schamabwehr 

Da diese Konsequenzen aus Leid, das anderen zugefügt wurde, unvermeidlich sind, aber zugleich mit äußerst unangenehmen Gefühlen verbunden sind, kennt die menschliche Seele eine Reihe von Abwehrformen, die scheinbar aus der Last der Scham herausführen. Die Hauptverantwortungsträger bei kollektiven Schambelastungen nutzen die einfachste Form der Schamabwehr, die Unverschämtheit, also die Weigerung, Scham zu spüren, und sie wird meist verbunden mit ideologischen Rechtfertigungen: Die Aggression gegen den Nachbarn war notwendig, um Unheil von ihm selber abzuwenden, um einen historischen Irrtum zu korrigieren, um das eigene Volk vor einer Bedrohung zu schützen usw.  

Es gibt immer Gründe für das eigene Handeln, ob sie nun aus der Realität oder aus der eigenen Fantasie, gespeist von kollektiven Traumen, abgeleitet sind. Aber diese Gründe reichen nicht aus als Rechtfertigung für das Leid, das verursacht wurde. Gründe und Motive finden sich genauso willkürlich wie die Taten selbst. Mit Gründen versucht sich der Täter herauszureden, damit er nicht die Verantwortung für seine Taten übernehmen muss. Er will sein Gewissen beruhigen und die Scham stilllegen. Nicht zugelassene Scham öffnet dann Tür und Tor für das Festhalten an der eigenen Praxis, daran, dass die aggressive Schiene zwanghaft weiterverfolgt werden muss. Je mehr wider die eigenen Schamregungen agiert wird, desto stärker ist der Impuls, das eigene Tun durch das Tun zu rechtfertigen. Denn es fehlt das Korrektiv, das die Destruktivität eingrenzen könnte. Das Eingestehen von Scham und Schuld gilt als Schwäche, die um jeden Preis vermieden werden muss – und wenn dafür auch andere Menschen mit ihrem Leben bezahlen müssen. 

Der Verlust der Scham bewirkt einen Verlust der Empathie. Gesprächspartner des russischen Präsidenten berichten, dass er, auf zivile Opfer angesprochen, keine Gefühlsregung zeige. Vergleichbar dem Weltgeist nach Georg Hegel, der unbesehen der Schlachtbänke der Menschheit, die immer wieder angerichtet werden, in seinem Gang weiterschreitet, fühlen sich manche Drahtzieher und Regisseure von Bluttaten als Vollstrecker historischer Notwendigkeiten, für deren Verwirklichung Menschenleben und Menschenleid nicht zählen. 

Scham auf der Täterseite 

Wer sich auf der Täterseite zur Scham bekennt, schert aus aus dem verschworenen und verordneten nationalen Einheitsdenken. Die Absage an die bedingungslose Identifikation mit der Nation und all ihren Angehörigen ermöglicht einen bewussten Umgang mit der kollektiven Scham und reduziert deren Macht. Es bleiben die Türen zu den Schamgefühlen offen, sie werden nicht gänzlich ins Unterbewusste verdrängt und bilden ein Gegenmittel zur vorherrschenden Schamlosigkeit. Jede Ent-Identifikation mit dem Nationalstolz und der Illusion von Gleichheit, die damit suggeriert wird, ermöglicht die differenzierte Wahrnehmung der Wirklichkeit. Jede Absplitterung vom monolithischen Block der schambefreiten Nation ersetzt Fantasie, Wunschdenken und Ideologie durch Realität.  

In dieser Realität gibt es Gutes und Böses überall, bei den Eigenen und bei den Feinden. Die Nation ist ein Konstrukt, das besonders in Krisenzeiten herbeibeschworen wird, um die Leute unter einem Banner zu scharen und in einen Krieg schicken zu können. Dieses Konstrukt hat die Verdrängung der Scham als einen wichtigen Zweck. Deshalb sind in seinem Namen unzählige Grausamkeiten und Skrupellosigkeiten begangen worden, eigentlich genug, sollte man nach 240 Jahren Erfahrung mit diesem blutgetränkten Begriff meinen, endlich Zeit, das Gemeinsame, das Übernationale über das Nationale zu stellen und den Mut aufzubringen, zum moralischen Versagen der Vergangenheit und der Gegenwart stehen zu können und dafür die Verantwortung zu übernehmen. Nur so gibt es einen Weg in eine friedvollere Zukunft, in der die Menschenwürde an höchster Stelle steht. 

Zum Weiterlesen:
Krieg - Braucht es einen Krieg?
Kriegsverbrechen und Schamverdrängung
Krieg und Scham
Kollektive Traumen und ihre Folgen
Kollektive Traumen hinter dem Angriff auf die Ukraine


 

Montag, 7. März 2022

Aufrüstung als Folge der Ukraine-Invasion: Der Zwang zur Regression

Die kriegerischen Ereignisse in der Ukraine konfrontieren uns mit urtümlichen Formen der Konfliktlösung, nämlich mit der Vorstellung, mittels Gewalt und überlegener militärischer Stärke einen Gegner zu unterwerfen und ihm die eigenen Wünsche aufzuzwingen. Das Recht des Stärkeren war schon weitgehend aus der zivilisierten Welt verschwunden, überwunden durch Rechtssysteme auf staatlicher Ebene und durch internationale Verträge und übernationale Organisationen auf weltweiter Ebene. Doch nicht alle Spieler halten sich an die Regeln, und wenn einer der mächtigen ausschert und die Regeln verletzt, gerät das gesamte System aus den Fugen und muss sich neu aufstellen.

Die logische Konsequenz ist dann, dass die anderen Mitspieler auf das primitivere Niveau regredieren müssen, um dort wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Ein Staat setzt aktuell seine Waffengewalt ein, um die eigenen Grenzen zu erweitern und ein anderes Land zu unterwerfen. Das ist eine Form der Machtpolitik, die seit dem 2. Weltkrieg weltweit geächtet ist, weil jeder vernünftig denkende Mensch aus den massiven Zerstörungen dieses Krieges lernen kann, dass Gewalt keine Probleme löst, sondern sie vermehrt. Auch sollte aus der historischen Erfahrung klar sein, dass Angriffskriege zur Eskalation und zum Engagement anderer Mächte führen und langfristig keinen Gewinn bringen. Wenn sich aber ein Staat primitiverer Mittel bedient, um die eigenen Interessen durchzusetzen, müssen die anderen Staaten auf dieser Ebene Gegenwehr leisten, ob sie es wollen oder nicht. Wenn sie es nicht machen, geraten sie selber unter die Räder der Angriffsmaschinerie. 

Also muss überall aufgerüstet werden. Geldmittel, die für die Weiterentwicklung des Sozial- und Gesundheitssystems, für Bildung und für die Entwicklung neuer Technologien gegen den Klimawandel eingesetzt werden könnten, müssen in die Rüstung gesteckt werden, wo sie keinen anderen Zweck erfüllen als den der Abschreckung. Waffen werden unter Einsatz von viel Intelligenz und Rohstoffen entwickelt und gebaut, im besten Fall dafür, dann im Lauf der Zeit zu verrosten. Das gilt solange, bis eine stabilere Weltordnung mit effektiven Kontrollmechanismen implementiert ist und zugleich überall demokratische Mechanismen installiert sind, die verhindern, dass größenwahnsinnige und paranoide Personen in politische Führungspositionen gelangen können.

Der Wiederholungszwang

Was jetzt gerade passiert, ist alles schon in ähnlicher Form geschehen, mitten in Europa und anderswo auf der Welt. Es müsste nicht noch einmal wiederholt werden, was schon mehrfach in der Geschichte mit all den tragischen Folgen geschehen ist. Wir wissen schon, wie es ausgeht. Doch wenn die Vergangenheit nicht verarbeitet ist und verstanden wurde, führt sie die Regie und nicht die scheinrationalen Kalkulationen, mit denen Kosten und Nutzen von Aggressionen abgewogen werden.

Wir wissen aus der Traumapsychologie, dass nicht aufgearbeitete Traumen zur Wiederholung und Wiederinszenierung drängen, und das gilt auch für kollektive Traumen. Wir sind also Zeugen eines gigantischen kollektiven Wiederholungszwangs, seiner destruktiven Wucht und seiner Zwanghaftigkeit. Wie das allgegenwärtige Vergleichsobjekt Adolf Hitler zeigt, gibt es auf dieser Schiene kein Zurück, es gibt nur den Endsieg oder die Endniederlage.

Die Logik der Evolution 

Das Leben schreitet fort von einer Entwicklungsstufe zur nächsten. Die späteren Stufen schließen die Errungenschaften der früheren mit ein und organisieren sie zu neuen Strukturen mit neuen Qualitäten. Das ist der Lauf der Dinge und der jedem Leben inhärente Drang zum Wachsen, oder, in der Sprache der Physik, die Erzeugung von Ordnung aus Chaos (Negentropie). Am deutlichsten sichtbar sind solche Entwicklungsschritte bei Kindern und Jugendlichen. Sie zeigen sich z.B. bei der Geburt oder während der Adoleszenz.

Ähnlich verhält es sich mit Gesellschaften und der Menschheit insgesamt. Auch sie bewegen sich von einer Ebene zur nächsten, um neue Herausforderungen besser meistern zu können. Das Modell der Bewusstseinsevolution beschreibt die Entwicklung dieser aufeinanderfolgenden Organisationsmodelle und ihre inneren Zusammenhänge. Dabei kommt es zu Fortschritten in der Komplexität und Differenziertheit. Im günstigen Fall verlaufen diese Prozesse organisch. 

Regression und Instabilität

Es kann aber auch zu Störungen kommen, wenn es um das Fortschreiten in eine neue Stufe geht, sodass der Prozess steckenbleibt. Die bewahrenden und die weiterdrängenden Elemente geraten in Konflikt. Wenn die konservierenden Kräfte die Überhand bekommen, kommt es zu Regressionen, also zum Rückfall auf frühere Ebenen der Entwicklung. Wenn wir uns das Modell der Bewusstseinsentwicklung anschauen, wirkt es manchmal so, als geschehe der Rückfall gleich um mehrere Stufen. Es ist so, als müssten wir plötzlich neue Prioritäten setzen, solche, die uns schon lange fremd sind und die überholt und primitiv wirken. Wir merken, dass wir auf einmal selber zurückfallen, in den Gefühlen und im Denken. Wir sind dem Einfluss von kollektiven Traumatisierungen verfallen. Wir verlieren die Stabilität der Entwicklungsstufe, die wir schon erreicht haben.

Traumatisierungen und Stressüberlastung führen zur Regression. Nehmen wir das Beispiel von Erkrankungen: Wenn z.B. durch Viren oder Bakterien Entzündungen im Körper entstehen, wechselt er in den Notfallsmodus, und wir regredieren und werden schwach und hilflos wie kleine Kinder. Die Regression dient der Sicherung des Überlebens mit einfacheren Mitteln. Alle Ressourcen werden aufgewendet, um die Gefahr zu bannen und den Körper wieder zur gesunden Selbstregulation zurückzuführen. 

Gesellschaften reagieren ebenfalls mit dem Rückfall auf frühere Stufen der Stress- und Konfliktbewältigung, wenn es zu massiven Bedrohungen kommt, die mit den bestehenden Mitteln nicht oder scheinbar nicht gemeistert werden können. Im aktuellen Fall können wir sehen, dass es gar nicht realer Bedrohungen bedarf, um primitive Reaktionsmuster zu aktivieren. Es  genügen schon fantasierte Bedrohungen, wie sie als Traumafolgen bekannt sind. Diktatoren und autoritäre Führer neigen dazu, die Wirklichkeit zu verzerren und die Grenzen zwischen Fantasie und Realität zu verwischen, in ihrer Propaganda und in ihrem Weltbild. Die Ängste, die durch solche Vermischungen mobilisiert werden  sollen, stammen aus der Vergangenheit, aus dem Feld kollektiver Traumen.

Erzwungene Regression

Die Regression, in die sich die Staaten des Westens bewegen, ist erzwungen, sie kann aber wieder rückgängig gemacht werden, wenn sie mit Bewusstheit und nicht als Traumareaktion vollzogen ist. Gesellschaften, die ausreichend auf der Ebene des systemischen Bewusstseins verankert sind, können im Notfall sogar bestimmte Grundrechte aussetzen und dann zur Normalität zurückkehren, sobald der Notfall vorbei ist. Fortgeschrittenere Systeme sind flexibler, regressive Systeme sind starrer. 

Die Aufrüstung ergibt sich als Systemzwang, der im Ganzen gesehen sinnlos ist, aber notwendig geworden ist, damit der Aggressor von der Fortsetzung des Wiederhoungszwanges abgeschreckt wird. Das Perfide an der gegenwärtigen Situation ist also, dass die Politik gar nicht anders kann, als die Streitkräfte zu stärken, alles andere wäre verantwortungslos und Wasser auf die Mühlen der Kriegstreiber. Die Beschwichtigungspolitik der dreißiger Jahre hat Deutschland motiviert, den 2. Weltkrieg loszutreten. Diese Erfahrung darf nicht wiederholt werden.

Die Macht der kollektiven Traumen brechen

Wir entkommen dem Sog des Wiederholungszwanges nur, wenn wir die Macht der kollektiven Traumatisierungen wahrnehmen und ihnen ins Angesicht blicken. All die Gefühle, die in diesen Feldern gespeichert sind, müssen angenommen und durchgespürt werden. Auf der rationalen Ebene ist es wichtig, dass es keine kognitiven Verzerrungen und andere Einsprengseln der Traumaenergie gibt. Das Geschichtsbild löst sich dabei von Schuldzuweisungen und moralischen Bewertungen und bewegt sich hin zu einem vertieften Verständnis der Zusammenhänge zwischen Akteuren, Systemen und Mentalitätsmustern. Die Erkenntnisse der Geschichtswissenschaften bilden den Maßstab für eine rationale und ausgewogene Bewertung historischer Vorgänge. Dazu dienen z.B. Forscherkommissionen, die von Historikern aus den Ländern beschickt sind, zwischen denen ein Konflikt bestanden hat oder besteht, oder Museen, in denen unterschiedliche Sichtweisen auf die Geschichte präsentiert werden.

Solange die Vergangenheit die Gegenwart regiert, ist kein freies Verhältnis zu den aktuellen Wirklichkeiten möglich. Damit ist auch die Auflösung von aktuellen Konflikten erschwert oder unmöglich gemacht. Jede nachhaltige Friedenssicherung beruht auf der Aufarbeitung der kollektiven Traumen. Der Friede mit der eigenen Vergangenheit ist die unabdingbare Voraussetzung für den Frieden in und mit der Gegenwart (das gilt auf der individuellen wie auf der kollektiven Ebene). Friede im Jetzt ist die Basis für Handlungsfähigkeit in konstruktiver und kreativer Weise zur menschengerechten Gestaltung der Zukunft.

Zum Weiterlesen:
Kollektive Traumen und ihre Folgen
Kollektive Traumen hinter dem Ukraine-Angriff