Viele, die sich nicht impfen lassen wollen, sind stark in der personalistischen Haltung verankert. Von dort nehmen sie die Sicherheit und den Gegenhalt gegen das ethische Solidaritätsargument, das im vorigen Blogartikel besprochen wurde und das von der systemischen Ebene stammt. Es geht ihnen um die Rechte der Person, die über die Jahrhunderte gegen die Zugriffe der Mächtigen erkämpft wurden, um die Integrität und den Schutz vor jeder Verletzung und Intrusion. Von außen darf nichts ohne ausdrückliche Zustimmung in die Sphäre der eigenen Person eindringen. Das Impfen gilt dann als abschreckendes Beispiel für eine derartige Grenzüberschreitung. Der Impfstoff dringt in den Körper ein und setzt sich dort für immer fest, das Innere ist dauerhaft kontaminiert, so die angstbesetzte Auffassung von Menschen, bei denen durch die Vorstellung der Impfung frühere derartige Traumatisierungen aktiviert werden.
Deshalb ist es für manche Menschen einfacher und leichter, sich absichtlich anstecken zu lassen, als sich einer Impfung auszuliefern. Obwohl das Risiko bei dieser Methode der Immunisierung sehr hoch ist, schwer zu erkranken, wird dieser Weg gewählt, weil die Kontrolle bei einem selber liegt: Ich entscheide, was in mich hineinkommt und wie es in mich hineinkommen. Aus irgendeinem Grund gelten Viren in diesen Fällen als harmloser als der Impfstoff, vielleicht deshalb, weil Viren als etwas Natürliches und Impfstoffe als etwas Künstliches aufgefasst werden.
Die innere Prüfinstanz
Im personalistischen Denken muss alles, was als äußere Maßnahmen vorgegeben wird, mit der eigenen Innerlichkeit abgestimmt und in Übereinstimmung gebracht werden. Nur wenn es diese Prüfung besteht, wird es umgesetzt. Wenn nicht, muss dagegen Widerstand geleistet werden. Die letztgültige Instanz für alles, was mit einem geschieht, liegt im Inneren der Person. Darauf darf niemand anderer einen Zugriff haben. Wenn einem das Tragen von Masken nicht gefällt und innerlich widerstrebt und wenn dessen Nutzen nicht einsichtig ist, handelt es sich um einen Zwang, gegen den man sich zur Wehr setzen muss. Wenn einem das Impfen nicht behagt und gefährlich erscheint und der Nutzen in Zweifel gezogen wird, darf es nicht erzwungen werden, sonst wäre das Grundrecht auf die eigene innere Sphäre und den eigenen Körper verletzt.
Die Anpassung an vorgegebene Normen erscheint wie ein Verrat an sich selbst. Das haben wir wohl alle in unserer Kindheit erlebt, meist als unbewusst ablaufender Prozess: Erwartungen und Regeln, die unsere Eltern von uns verlangt und eingefordert haben, haben uns zur Anpassung gezwungen, weil wir keine Alternative hatten. Wir mussten auf unser eigenes Spüren und Fürwahrhalten verzichten und uns verbiegen. Dieses Drama wird wiederinszeniert, wenn die Regierungen Maßnahmen verkünden, die uns zur Anpassung zwingen wollen. Nur kann es sein, dass wir die Sinnhaftigkeit solcher Regeln gar nicht genauer überlegen, sondern dass wir aus den emotionalen Verletzungen unserer Kindheit heraus reagieren, indem wir gegen den Zwang rebellieren.
Gesellschaften brauchen immer Regeln und Normen, und wir passen uns an viele dieser Regeln an. Oft brauchen wir Zeit zum Lernen und opponieren anfangs dagegen, wie z.B. bei der Einführung der Gurtenpflicht, und irgendwann ist das neue Verhalten angenommen, läuft automatisiert ab und bereitet keine Probleme mehr. Viele haben diesen Prozess beim Maskentragen durchlaufen. Vielleicht muss es beim Impfen auch einen derartigen Prozess geben, sollte uns das Mutieren und Variieren dieses Virus noch längere Zeit in Bann halten.
Die Angst vor dem Autonomieverlust
Die persönliche Autonomie ist ein Hauptgewinn der personalistischen Bewusstseinsstufe, erreicht über Aufstände, Revolutionen und öffentliche Willensbildung. Sie ist ein wichtiges Gut, das vor jedem Rückfall in Fremdbestimmung und obrigkeitliches Diktat bewahrt werden muss. Deshalb ist es heikel, wenn daran gerüttelt wird, und in der Impffrage meldet sich diese Thematik bei vielen sehr vehement. Die Gesundheitsvorsorge wird als integraler Bestandteil der eigenen Autonomie verstanden, was ein wichtiger Schritt ist: Im Unterschied zur bürokratischen Bewusstseinsebene wird sie nicht der Obrigkeit oder Experten alleine anvertraut.
Die ganze Debatte könnten wir uns ersparen, wenn es nicht um die Impfung vor einer ansteckenden Krankheit geht; Corona hat leider diese Komponente in hohem Maß und hält deshalb seit bald zwei Jahren die Welt in Atem. Damit ist die eigene Gesundheitsvorsorge untrennbar Teil der allgemeinen Gesundheitsvorsorge. Die Autonomiebestrebungen kreuzen sich mit den Solidaritätserfordernissen. Impfen oder Nichtimpfen hat unweigerlich soziale Auswirkungen und ist damit nicht mehr allein meine eigene Entscheidung, in die mir niemand dreinzureden hat.
Die innere Intimität
Die Intimität mit mir selber ist eine besondere Qualität, die eine große Errungenschaft der Moderne im Gefolge der Aufklärung darstellt. Das Recht auf Privatheit ist historisch gesehen ein junger Erfolg für die Freiheit des Einzelnen. Seit der 60er-Bewegung wurde dieses Recht explizit auf den eigenen Körper bezogen: „Der Körper gehört mir,“ ist ein Slogan beim Kampf um die Freigabe der Abtreibungen. Die Angst, dieses Recht zu verlieren, sitzt vielen in den Knochen und äußert sich im Kontext der Impfdebatte.
Das ist das Credo auf der personalistischen Stufe: „Was ich spüre, stimmt und ist die unmittelbarste mir zugängliche Erfahrung. Sie nehme ich als Richtschnur für mein Handeln.“ Es gilt allerdings auch nur in diesem internen Zusammenhang. Wenn die Dinge komplexer werden, ist sie nur mehr ein Faktor unter vielen anderen, die berücksichtigt werden müssten. Für komplexere Zusammenhänge brauchen wir solide äußere Informationsquellen, die wir mit den inneren Stimmen ins Gespräch bringen. Diese Quellen sind vor allem die Einsichten und Erfahrungen der Mitmenschen und die Erkenntnisse der Wissenschaft.
Die Chemie und die Körperidentität
Für viele besteht eine Hemmschwelle vor dem Impfen darin, dass es eine abschreckende Vorstellung ist, technisch hergestellte Chemie in den Körper hereinzulassen. Die Impfstoffe sind nicht nur fremd, sie könnten auch giftig sein und das natürliche Gleichgewicht im Körper durcheinanderbringen und damit irreversible Schäden anrichten. Die Fantasien haben hier eine weite Betätigung, wie es bei Ängsten immer ist, und werden von selbsternannten Experten in den unterschiedlichsten Formen genährt, die von eingepflanzten Überwachungschips über geheimnisvolle chemische Formeln bis zu Minirobotern reichen, so also hätten die Impfstofferzeuger nichts anderes zu tun als irgendeinem aus der Einbildung stammenden big brother endlich den Durchbruch zur Weltherrschaft zu erlauben.
Den eigenen Körper als Tempel anzusehen, der reingehalten werden muss, ist eine schöne Idee, aber die Realität ist komplexer. Jeder Körper, der in unserer Kultur lebt, enthält längst ein Sammelsurium von verschiedenen Chemikalien, die wir über Düngemittel, Atemluft, Zahnpasten, Waschmittel usw. in uns aufgenommen haben und laufend in uns aufnehmen. Selbst die naturnahste Lebensweise, die sich eine winzige Minderheit leisten kann, kommt ohne den Kontakt zur Chemie und zur Aufnahme von chemischen Stoffen nicht durch.
Die Illusion der Identität
Die Unabhängigkeit der Person, die unbeeindruckt von äußeren Einflüssen ihre Motive wählt, ihre Entscheidungen trifft und ihre Werte entwickelt, erweist sich aus der Sicht der systemischen Bewusstseinsebene als Illusion. Jeder Mensch ist zu vielen Teilen ein Produkt von permanent ablaufenden und aufs Unbewusste wirkenden Einflüssen. Es handelt sich um eine Illusion der Kontrolle. Was wir spüren an Stimmigkeit und Integrität, ist in vielen, wenn nicht in allen Fällen Resultat einer Mixtur aus Außen- und Innensteuerung aus unterschiedlichsten Quellen, ohne dass wir ihre Herkunft identifizieren können. Vieles, wenn nicht sogar alles, von dem wir meinen, es wäre auf dem eigenen Mist gewachsen, verdanken wir in Wahrheit Informationen, die uns von anderswo zugeflossen sind. In diesem Licht ist unsere Identität nichts anderes als die Summe und der Sammelpunkt vielfältiger Außen- und Innenreize, etwas, das sich mit jedem neuen Informationszufluss ändert und seine Konsistenz und Kontinuität in der Zeit in jedem Moment neu erzeugen muss.
Die behauptete Identität beinhaltet eine Mischung aus früh geprägten Mustern und äußeren Reizen, die in Permanenz ins Innere eindringen und im Rahmen der erworbenen Muster interpretiert und verarbeitet werden. So etwas wie eine feststehende Identität gibt es nicht, sondern sie ist ein Gebilde, das im Fließen ist und sich fortwährend verändert. Das Beständige daran muss immer wieder hergestellt, bestätigt und abgesichert werden, damit ein Gefühl von Kontinuität als Person aufrechterhalten werden kann.
Die Identität als Impfgegner, Impfskeptiker, Impfbefürworter, Impfmissionar, Impfgegnerbekämpfer, Impfanhängerbekämpfer etc. ist jeweils eine Festlegung, die aus vielen Quellen gespeist wird, von denen ein Großteil im Unbewussten schlummert und durch äußere Einflüsse gebildet wurde, die ungefiltert eingedrungen sind. Die Abwehr solcher Einflüsse ist zwar verständlich, aber naiv, weil ein Leben unter einer hermetisch abschirmenden Glasglocke nicht möglich ist. Solche Identitäten stellen Versuche dar, der Komplexität der Wirklichkeit mit einem Standpunkt zu begegnen und sie auf diese Weise zu bewältigen und handhabbar zu machen.
Wir brauchen uns also im Grund nicht viel einzubilden auf solche Identitäten. Wir brauchen uns auch nicht zu schämen, wenn wir sie verändern – das ist ein Zeichen von Lernen, sofern die Veränderung in einer Weitung und Aufweichung besteht. Wenn wir uns zu stark auf derartige Identitäten fixieren, laufen wir Gefahr, starr und verbissen zu werden. Auf diese Weise beschneiden wir unsere Handlungsfähigkeit zu stark und verringern unsere Freiheitsräume. Wir müssen dann fortwährend die Richtigkeit und moralische Rechtfertigung unserer Position mit allen Mitteln behaupten und gegen alle Anfechtungen von innen und außen verteidigen. Wir aktivieren den Kampfmodus in übertriebenem Maß, der dann die ganze Zeit entweder im Vollbetrieb oder im Standby ist. Die spezifische Identität, in diesem Fall die jeweilige Impfidentität, wird zum emotionalen Hauptinhalt des eigenen Lebens, alles kreist um ihre Bestätigung und Absicherung. Abweichende oder anderslautende Ansichten werden abgelehnt oder ignoriert, ihre Vertreter abgewertet und angegriffen.
An die Stelle erwachsener und sachlicher Diskussion tritt die Selbstbehauptung und der Angriff, der als Verteidigung der eigenen Identität verstanden wird. Die Fixierung auf das Credo der personalistischen Bewusstseinsebene verknüpft sich mit Überlebensprogrammen und wird undurchdringlich und unveränderbar. Wenn die verschiedenen Seiten im Diskurs auf diese Ebene gehen, entstehen die Spaltungen, von denen viel die Rede ist. Starrheit splittert und zerbricht, Identität, die nicht flüssig ist, wird zur Last und Behinderung. Starres splittert und zerbricht. Wo Starres auf Starres trifft, bildet sich ein harter Spalt. Identitäten, die nicht flüssig sind, werden zur Last und Behinderung für das eigene Wachsen und für das Öffnen der Gesellschaft.
Leben in einer Kultur ist ein Kompromiss mit dem Natürlichen
Im Grünen zu leben ist sicher heilsamer und gesünder als in den Städten, aber das ist weitgehend ein Privileg derer, die es sich leisten können, und es wird sich hinten und vorne nicht ausgehen, wenn alle 8 Milliarden ins Grüne übersiedeln. Vielleicht gelingt es der Wissenschaft, naturnahe Stoffe zu entwickeln, die all das Plastik überflüssig machen, dass eines Tages kein Gegensatz mehr zwischen Chemie und körperlicher Integrität wahrgenommen wird. Bis dahin sollten wir schauen, wie wir unseren Körper möglichst sauber halten können, und müssen auch schauen, ob wir mit dem Impfen einen Kompromiss schließen können, wie wir täglich auch andere Kompromisse mit chemischen Produkten schließen. Es wäre für alle wunderbarer, wenn es genügen würde, den Kräutertee vom Garten zu trinken oder Yoga-Übungen zu machen, um die Infektion mit dem Virus abzuwenden – leider reicht es nicht.
Niemand freut sich darüber, geimpft zu werden, viele entscheiden sich aber dafür, weil sie der Überzeugung sind, dass sie sich selbst am besten damit schützen und andere am besten vor einer Ansteckung bewahren. All die Alternativen, die angeboten werden, von der Homöopathie über TCM bis zu Atemübungen bieten tolle Möglichkeiten zur Stärkung des Immunsystems, bieten aber keinen verlässlicheren Schutz als die Impfung, weil sie in ihren Wirkungen nicht in der Breite und Tiefe erforscht sind wie die Impfung. Auch wenn der eine oder die andere von dieser oder jener Methode der Gesundheitsvorsorge schwärmt, gibt es keine, die von der großen Mehrheit angenommen wird.
Erwartungen an die Obrigkeiten
Es macht auch wenig Sinn, der Regierung vorzuhalten, sie würde keine alternativen Heilungswege propagieren. Stellen wir uns einen Gesundheitsminister vor, der Schüssler-Salze für die Covid-Bekämpfung anpreist. Auch wenn manchen diese Salze geholfen haben, ihre Krankheitssymptome zu lindern, wäre es verantwortungslos, diese Methode für alle vorzuschlagen. Sie wird bei den einen eine gute Wirkung entfalten und bei anderen nicht. Wissenschaftliche Belege zur Wirksamkeit fehlen und die deutsche Stiftung Warentest urteilt, dass die Methode zur Behandlung von Krankheiten ungeeignet ist. Der Gesundheitsminister müsste sich vielfältige Kritik anhören, dass er Menschen falsche Hoffnung auf unbegründeter Basis mache usw. Die Vertreter anderer alternativer Methoden würden sich aufregen, warum ihr Ansatz nicht empfohlen wird. Es würde Leute geben, die wegen einer Überdosierung krank werden, und der Staat hätte ein Schlamassel produziert, statt etwas zur Gesundheitsförderung beizutragen. Oder stelle man sich vor, der gegenwärtige Parteiobmann der FPÖ wäre Gesundheitsminister und würde kraft seines Amtes der Bevölkerung das Entwurmungsmittel Ivermectin zur Coronavorbeugung und –heilung empfehlen, durch dessen Einnahme viele Menschen krank wurden und einige verstorben sind.
Um effektiv zu wirken, muss sich die Staatsverwaltung an der zuverlässigsten Wissensform, die zur Verfügung steht, orientieren, nämlich an der wissenschaftlichen, weil sie sonst nicht funktionieren kann. Ein solideres und abgesicherteres Wissen als das wissenschaftliche haben wir nicht, leider oder gottseidank, je nach Sichtweise. Ein Technologieunternehmen, das die Komponenten für einen Chip oder für einen Fensterrahmen auspendelt, wäre bald vom Markt verschwunden. Ein Staat, der sich in seiner Gesundheitspolitik an den Heilsversprechen von einzelnen Proponenten und deren anekdotisch dokumentierten Erfolgen orientiert, verliert nicht nur die Achtung seiner aufgeklärten Bevölkerung, sondern wird auch nicht in der Lage sein, die gesetzten Ziele in einer komplexen Gesellschaft zu erreichen.
Alternative Heilmethoden haben ihren Markt und ihre Anhänger. Alles, was hilft oder zu helfen glaubt, präsentiert sich auf diesem Markt im Rahmen unserer freien Marktwirtschaft und kann von den Konsumenten genutzt werden. Was wirkt, hat guten Zulauf, was nicht wirkt, wird irgendeinmal vom Markt verschwinden. Gäbe es eine dieser alternativen Methoden, die sich für alle als nachhaltig heilend herausstellt, wären schon längst alle Menschen dort, und das Impfen wäre überflüssig. Vielmehr ist es typisch für die alternativen Methoden, dass sie bei einigen Menschen gute Erfolge haben und bei anderen nicht. Spezielle Empfehlungen von Politikern für ihre Gesundheitsvorsorge brauchen nur Menschen, die sich nicht selber ein Bild machen wollen und sich stattdessen der Obrigkeit anvertrauen wollen.
Zum Weiterlesen:
Impfen, Wissen und Wissenschaft
Die Ethik beim Impfen
Ist nicht der Anspruch der Moral zugleich auch das bringen paternalischer Strukturen ? Wie würde diese Vorgehensweise das demokratische Prinzip der politischen Freiheit bedrängen ? Liegt da in dieser Debatte nicht auch die Verantwortung eben genau jene Moral des Appellierens nicht zu fordern ? Führt nicht auch diese Forderung , der man nicht folgen und gehorchen muss in eine Anfälligkeit zur Eskalation?
AntwortenLöschenIch glaube das ist kein guter Weg. Warum ? Weil der Staat nicht nach moralischen Zweckmässigkeiten verlangen darf, denn diese kann nicht jeder erfüllen..ich halte diese Vorgehensweise in Deinen Texten für eine große Gefahr.
In meiner Sicht hat die Moral eine wichtige Rolle zur Regelung der menschlichen Gemeinschaft. Sie enthält maternale und paternale Elemente und Strukturen. Das Prinzip der politischen Freiheit heißt, dass unterschiedliche Auffassungen zu Themen Ausdruck finden dürfen. Aber ohne Moral gibt es auch keine Gesetze, die sozialschädigendes Verhalten verhindern sollen. Würde der Staat die Moral ignorieren, wäre dem Bösen Tür und Tor geöffnet; würden die Gesetze die Moral ignorieren, ebenfalls, siehe die NS-Gesetze. Ich schreibe ja, dass Politiker sich mit Empfehlungen im gesundheitlichen Bereich zurückhalten sollen, weil das nicht ihre primäre Aufgabe ist und finde es nicht passend, dass immer wieder verlangt wird, die Politiker sollten diese oder jene gesundheitsförderliche Maßnahme propagieren. Ich weiß nicht genau, was du mit "moralischen Zweckmäßigkeiten" meinst, aber ein Staat, der die Einhaltung der Moral nicht einfordert, kreiert ein Chaos von Egoismen.
LöschenDanke Wilfried. Für Deine Antwort.
AntwortenLöschenMoralische Zweckmässigkeit. Oder die Zweckmässigkeit der Moral. Sie sehe ich wie eine Handelsware ( Macht steuert Recht ) die zwischen Menschen auf der personellen Ebene hin und her geschoben wird oder eben das Recht als systemisch übergeordnetes Instrument als „Vermittlerin“ wirkt.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Moral als solche ein sehr starres Konstrukt der Verständigung ist. Sie taugt einfach nicht im Eskalations/Deeskalations Modell. Sie ist eine perfekte Erwartungsgehilfin, aber wehe sie versagt und bleibt unerfüllt. Religionen schreiben u.a. ihre Kriege auf dem Buckel der Versagung.
Ich frage mich, ob man dem Problem Corona oder der Pflicht-Impfung so beikommen kann. Aus diesem Grund glaube ich auch nicht, an die Funktionsweise Deiner Texte. Ich vermute, die Aufgabenstellung ist vielschichtiger als nur auf einer Ebene in eine Ebene zu kommunizieren. Ich glaube nicht an die lineare Ursache-Wirkungsbeziehung von verordneter Solidarität und Impfung. Die Kräfte müssen sich frei regulieren dürfen. Innerhalb der vorhandenen demokratischen Strukturen und Instanzen: So z. B. einem Volksbegehren oder lasst die Menschen an einem Tisch Ideen ausarbeiten. Vielleicht lese ich aber Deine Anstrengung die Menschen über eine „moralische Pflicht“ zu solidarisieren falsch.
Die Moral auf der personellen Ebene ist gut in der Erarbeitung eines zu entwickelnden Menschenbildes. Jedoch ist sie auch anfällig, genau aus jenem Grund aus dem sie wirkt. Vor allem wenn moralische Übersteuerungen in unterschiedlichsten Ausformungen gesellschaftliche Prozesse zu beschleunigen versuchen.
Nehmen wir die Errungenschaft der symmetrischen Beziehungsform zwischen Arzt und Patienten – der mündige Patient ist aus dieser Idee entsprungen. Einer Idee die seit Jahrhunderten in sozialen Gemeinschaften unterschiedlichster Strukturen hineinwirkt: die Idee vom Formen eines freien Menschenbildes. Einem selbstbestimmten Menschen. Eine ewiglich währende Utopie. Und ist die Moral wirklich das Beste Instrument um Menschen zu lenken, sie unter Druck zu setzen. Sie zu vereinheitlichen ungeachtet Ihrer Beweggründe ? Aber war dies nicht auch ein Bestreben sozialer Gemeinschaften unter dem Aspekt der Pädagogik, der Medizin, der Psychologie, der Philosophie vergangener Jahrzehnte ein organisches Prinzip im Menschenbild zu sehen und dieses in sozialen Systemen freizulegen?
Einen anderen harten Satz heute gelesen „ich liebe einen starken Staat, weil ich die Freiheit liebe..“
lieben Gruß Dietmar