Montag, 23. Oktober 2017

Krankhafter Konsum

Krankhafter Konsum ist so normal geworden, dass wir es kaum mehr bemerken, schrieb der englische Journalist George Monbiot vor einigen Jahren im Guardian. Der Trend hat sich seither sicher verschärft statt umgekehrt. Viele Menschen in unseren Kulturen haben alles, was sie brauchen. Deshalb schenkt man ihnen sonnenkraftbetriebene winkende Prinzessinen, Bürsten für den Bauchnabel, versilberte Eisbecherhalter, aufblasbare Rollatoren usw.

Solche Geschenke erfreuen am Heiligen Abend, sind am ersten Weihnachtstag öd und am zweiten peinlich, und bald darauf landet alles im Müll. Für ein paar Sekunden von zweifelhafter Unterhaltung tragen wir dazu bei, dass wertvolle Materialen auf Kosten künftiger Generationen verschwendet werden. Die US-Umweltaktivistin Annie Leonard hat für ihren Film „The Story of Stuff“ recherchiert, dass nur 1% der Materialien, die durch die Konsumwirtschaft fließen, nach sechs Monaten noch in Gebrauch sind. Selbst Dinge, die wir für langlebig halten, werden entweder durch geplante Obsolenz (eingebaute Schwächen, die ein Produkt nach einer bestimmten Nutzungsdauer ruinieren) oder wahrgenommene Obsolenz (etwas kommt aus der Mode oder gefällt uns nicht mehr).

Und daneben gibt es eine Menge von Dingen, die gar nicht obsoleszent werden können, weil sie nie nützlich waren. Sie sind dafür gemacht, ein wenig Dankbarkeit zu erzeugen und dann weggeworfen zu werden. Oft enthalten diese Dinge seltene Materialien, komplexe Elektronik und eine Menge an Umweltkosten in der Produktion und im Transport. In Afrika werden die Nashörner ausgerottet, weil Wilderer von Jahr zu Jahr mehr Tiere abschießen, damit Konsumenten in Ostasien mit dem zermahlenen Horn, das angeblich potenzsteigernd ist, angeben können. Im berühmten Pilanesberg-Resort in Südafrika gibt man den Rhinozerossen nur noch ein paar Jahre.

So absurd und zugleich fatal diese Form des Konsums erscheint, unterscheidet sie sich nicht in der Art und Weise, wie wir in unseren Breiten nutzlose Dinge einkaufen. Und dann freut sich die Politik über den steigenden Konsum, der die Wirtschaft ankurbelt. Unsere neue Regierung tritt an mit dem Versprechen, diese Wirtschaft, also die Unternehmen, steuerlich zu entlasten, damit sie billiger produzieren können. Das Geld dafür soll dem Vernehmen nach dem Sozialsystem und der Staatsverwaltung entzogen werden.

Produzieren um des Produzierens willen, Konsumieren um des Konsumierens willens, Wachstum um des Wachstums willen, so simpel ist der Teufelskreis unseres Wirtschaftssystems gestrickt. Wer draufzahlt, sind die am unteren Ende der sozialen Skala, bzw. die am unteren Ende der Weltökonomie, und dahinter der Planet mit seinen Ressourcen, die endlich sind, also mit weitergehendem Wachstum schlicht und einfach irgendwann, in nicht allzu ferner Zeit, erschöpft sind.

Wenn wir beim Wahnsinn des sinnlosen Konsums mitmachen wollen, hindert uns niemand daran. Die "Verantwortlichen" des Landes applaudieren. Es hindert uns aber auch niemand daran, zumindest aus diesem Teufelskreis auszusteigen und nicht mehr mitzuspielen. Geschenke lassen sich einfacher selbst herstellen, und vielleicht freut sich jemand mehr über ein gesungenes Lied oder ein beglückendes Lächeln als über irgendeinen halblustigen Schnickschnack, der globale Verwüstungsspuren in sich trägt, wenn sie auch scheinbar so winzig sind.

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