Montag, 20. Februar 2012

Autofahren und Bewusstheit

Jede elfte Autofahrt in Österreich ist kürzer als einen Kilometer, jede zweite kürzer als fünf Kilometer und zwei Drittel sind kürzer als zehn Kilometer.
Einen Kilometer zu Fuß zu gehen, erfordert ca. 15 Minuten, verbraucht null nichterneuerbare Ressourcen und produziert null Abgase. Wie oft setzt sich Herr/Frau Österreicher – Herr/Frau Mitteleuropäer – Herr/Frau Erste-Weltbewohner ins Auto, wenn er/sie genauso gut die eigenen Beine und Füße für die Fortbewegung nutzen könnte, die uns die Natur für diesen Zweck gegeben hat?
Gewohnheiten und Bequemlichkeiten zählen hier vermutlich mehr als Eitelkeiten, nachdem der Autobesitz schon lange eine Selbstverständlichkeit beim großen Durchschnitt ist. Viele haben einen Sperrklinkeneffekt eingebaut – einmal eine Strecke, z.B. für den Einkauf, mit dem Auto zurückgelegt, die Bequemlichkeits-Erfahrung gemacht, und schon wird dafür jedes Mal wieder das Auto verwendet.
Mehr Bewusstheit zu schaffen bedeutet, solche automatisierte Entscheidungen wieder „rückzubauen“: Ein Verhalten, das sich als problematisch und als schädlich herausgestellt hat, das durch seine Eigendynamik außer Kontrolle geraten ist (wie bei jeder Suchterkrankung), kann dadurch korrigiert werden, dass jede Entscheidung bewusst getroffen wird: Jetzt nutze ich das Auto, weil es aus dem oder dem Grund nicht anders geht. Und jetzt nutze ich das Auto nicht, weil ich die Strecke auch zu Fuß oder mit einem öffentlichen Verkehrsmittel bewältigen kann, auch wenn es mehr Zeit braucht.
Nachweislich sind die Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel mit weniger Stress belastet, und keines Nachweises bedarf es, dass die Fortbewegung auf den eigenen zwei Beinen gesünder und gesundheitsvorsorgender ist als ein noch so bequemer Autositz.
Wenn wir Entscheidungen bewusst treffen, führen wir Gründe und Rechtfertigungen an. Dieser Mehraufwand erhöht die kognitive Dissonanz: Wir „spüren“ jedes Mal deutlicher, dass wir andere wichtige Überzeugungen zurückstellen. Wir dürfen dabei diese Überzeugungen (z.B., dass es wichtig ist, die eigene Gesundheit durch Bewegung zu stärken, und dass es wichtig ist, möglichst wenig Ressourcen zu verbrauchen) nicht schwächen, was passiert, wenn wir ein schädliches Verhalten unbewusst einschleifen lassen. Deshalb ist es gut, die Entscheidung mit einem Zusatz zu koppeln: Ich entscheide mich, diesmal das Auto für die Strecke X zu nutzen, auch wenn die Alternative dazu stressfreier, gesünder und ressourcenschonender wäre.
Darum ist es wichtig, dass auch öffentlich immer wieder darauf aufmerksam gemacht wird: Ja, Autofahren ist umweltschädlich. Damit werden wir immer wieder daran erinnert: Je weniger wir das Auto nutzen, desto mehr schonen wir die Atmosphäre und leisten einen Beitrag zur Verbesserung der Lebenschancen zukünftiger Generationen. Dadurch werden wir unterstützt, uns selber immer wieder darauf aufmerksam zu machen.
Verhaltensänderungen erfordern Bewusstheit und sie brauchen Zeit – Wieviel Zeit hat unsere Atmosphäre noch?

Vgl: Ökologie und Ausreden

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