Dienstag, 28. Februar 2017

Das Hören, das Altern und der Narzissmus

Seit ein paar Monaten bin ich Besitzer eines Hörgerätes. Die Entscheidung dazu war rational einfach: Durch die Verwendung von Hörgeräten wird nicht nur die akute Hörfähigkeit erhöht, sondern auch langfristig das Hörvermögen verbessert. D.h. das Innenohr kann sich durch die Geräte regenerieren und das Hörzentrum im Gehirn wird entlastet. Emotional musste ich eine Hürde überwinden, eine narzisstische Kränkung verarbeiten. 

Zumindest in meiner sozialen Wahrnehmung ist das Tragen einer Brille, also eine Sehschwäche, nichts besonderes und wirkt manchmal auch intellektuell oder chic. Das Tragen eines Hörbehelfes dagegen gehört in dieser meiner Sichtweise ins hohe, wenn nicht ins Greisenalter, und wer schon früher solche Behelfe braucht, leidet unter einer anderen Kategorie der Behinderung als jemand mit schwachen Augen. Natürlich gibt es junge Leute, die Hörgeräte brauchen, aber im allgemeinen gilt es als Indiz des Alterns. Und ein zentraler Aspekt des Alterns liegt darin, dass Fähigkeiten schwächer werden, und jedes Schwächerwerden führt in der Tendenz, die unser Denken vorausberechnen kann, gegen Null. Das ist die Angst hinter der Kränkung: Jede Schwächung, vor allem eine solche, die jedem auffällt, der genau hinschaut, erinnert an die eigene Vergänglichkeit, und der Narzissmus dient uns dazu, uns über die Endlichkeit als Teil unserer Unendlichkeit hinwegzutäuschen.


Hier noch eine aktuelle interessante Studie zum Hören in den Städten dieser Welt: Wir sollten alles tun, um den Verkehr zu beruhigen, denn das Hören ist ein Teil dessen, was uns zu Menschen macht.

Die Hörspezialisten von Mimi Hearing Technologies haben anlässlich des Welttags des Hörens einen Bericht veröffentlicht, der detailliert Aufschluss über den weltweiten Hörverlust gibt. Es wurden Daten aus den Hörtests von über 200.000 Nutzern der Mimi Hörtest-App ausgewertet und mit statistischen Erhebungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie Daten zum weltweiten Hörverlust aus dem SINTEF-Bericht verglichen, um zu erforschen, wie weit die städtische Lärmbelastung und das abnehmende Hörvermögen zusammenhängen. Damit möchte das Unternehmen nicht nur über die weltweite Hörminderung informieren, sondern auch deutlich machen, dass sowohl bei jedem Einzelnen als auch im Gesundheitssystem Handlungsbedarf besteht, mehr in präventive Maßnahmen zu investieren.

Dr. Manfred Gross von der Charité in Berlin erklärt: “Während für die meisten Menschen ein Sehtest Routine ist, kümmert sich niemand um sein Gehör. Das wird zum Problem, denn je früher man einen Hörverlust feststellt, umso besser sind die Chancen, weiteren Schäden vorbeugen zu können.”

Für den Hörtest von Mimi geben Teilnehmer ihr Alter und ihr Geschlecht an und testen dann ihr Gehör. Basierend auf diesen Daten wurde der Weltweite Hörindex 2017 erstellt, der am jeweiligen Ort den durchschnittlichen Unterschied zwischen dem Alter der Teilnehmer und ihrem ermittelten Höralter beschreibt. 

Der durchschnittliche Hörverlust-Index zeigte eine positive Korrelation von 64 Prozent mit dem Grad der Lärmbelastung in den verschiedenen Städten an, woraus sich schließen lässt, dass der Hörverlust direkt oder indirekt durch die Lärmbelastung an den Wohnorten beeinflusst wird. Um sowohl den Hörverlust-Index einer jeden Stadt, als auch den Grad der Lärmbelastung einzubeziehen, wurde für beide Parameter eine Skala von 0 bis 1 angewendet. Die Summe beider Werte ergibt den Zusammengefassten Hörverlust, nachdem die Städte im finalen Ranking sortiert wurden. 

Die fünf Städte mit dem geringsten zusammengefassten Hörverlust: 
Zürich, Wien, Oslo, München, Stockholm.
Dabei weist Wien den geringsten Hörverlust auf: In Wien weicht das Höralter am geringsten vom tatsächlichen Alter der Menschen ab.

Hier zum Gesamtergebnis der Studie.

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