Spirituelles Erleben passt oft nicht in den engen Rahmen unserer Gesellschaft. Viele kleine Kinder haben einen direkten Bezug zu einer Welt, die den Erwachsenen fremd geworden ist. So tun sie es abschätzig oder irritiert ab, wenn Kinder von Naturwesen oder Geistern reden und wenn sie in andere Welten reisen – „Das sind halt noch Kinder mit ihrer seltsamen Fantasie. Wichtig ist es nur, dass sie rechtzeitig das logische und rationale Denken erlernen, damit sie in Schule und weiterem Leben erfolgreich sein können.“ Das erwarten wir von der Schule, und diese bemüht sich redlich, diese Erwartungen zu erfüllen. Es hilft nichts, jeder muss die Mathematik und die Grundbegriffe der Physik erlernen und das abstrakte Denken so lange einüben, bis die überschießenden Fantasien in ein kleines Gärtchen weit hinten in der kognitiven Landschaft verbannt sind.
Kinder kommen mit einer rechtshemisphärischen Dominanz auf die Welt. Deshalb erleben sie die Welt momentan, ganzheitlich und fließend. Alles ist mit allem verbunden, die verschiedenen Weisen des Erlebens zwischen Wahrnehmung und Fantasie gehen ineinander über und kennen keine klare Abtrennung. Erst im Lauf des 2. Lebensjahres beginnt sich die linke Gehirnhemisphäre stärker zu entwickeln, verbunden mit dem Erlernen der verbalen Sprache und der grammatischen Strukturen. Die Wirklichkeit wird auseinandergelegt, in Einzelteile, die dann untersucht werden können. Grundformen der Logik bilden sich aus, z.B. der Zusammenhang von Ursache und Wirkung oder von Bedingung und Konsequenz: Wenn du mit dem Jammern aufhörst, kriegst du dein Spielzeug wieder.
In der Folge sind Kinder vor die Aufgabe gestellt, die unterschiedlichen Modi der beiden Hemisphären miteinander zu verbinden. Meist setzt sich gegen Ende des Vorschulalters die linke Hemisphäre durch, was eine gute Prognose für die Schullaufbahn ergibt, denn unsere Gesellschaft verlangt die rationalen und ökonomischen Denk- und Verhaltensweisen.
Gelingt die Integration nur mangelhaft, d.h. nicht den Erwartungen unserer modernen Gesellschaft gemäß, können sich Anpassungsschwierigkeiten ergeben, die dann nachhaltig die Lebensplanung beeinflussen – Schulprobleme gefolgt von Berufsproblemen bis hin zur Psychiatrisierung. Denn es gibt für solche „Störungen“ einen Krankheitsbegriff: Schizotypie.
„Eine Störung mit exzentrischem Verhalten und Anomalien des Denkens und der Stimmung, die schizophren wirken, obwohl nie eindeutige und charakteristische schizophrene Symptome aufgetreten sind.“ Unter anderem kommen folgende Symptome vor: „gelegentlich vorübergehende, quasipsychotische Episoden mit intensiven Illusionen, akustischen oder anderen Halluzinationen und wahnähnlichen Ideen.“ (ICD 10, F21)
Ich folge nun zu diesem Thema den Überlegungen von Edgar Harnack, der den Zusammenhang von diesem „Störungsbild“ und außergewöhnlichen spirituellen Erlebnissen untersucht hat. Er verwehrt sich dagegen, die mit der Diagnose verbundenen Phänomene zu pathologisieren, also als behandlungsbedürftig zu sehen. Statt dessen vertritt er die These, dass eine „pneumophobe” (das Spirituelle fürchtende) Gesellschaft spirituellen oder mystischen Erfahrungen, wie sie Kinder und Jugendliche machen, mit Abwehr und Ausgrenzung reagiert, wodurch sich erst die Störungen bei den betroffenen Menschen entwickeln, die lernen müssen, ihren eigenen Erfahrungen zu misstrauen und damit in Verwirrung geraten.
Denn die Erfahrungen, von denen dabei die Rede ist, sind in allen Kulturen verbreitet und gelten bei Naturvölkern als Anzeichen einer schamanistischen Berufung. In den tribalen Gesellschaften hatten verschiedene Welten ihren selbstverständlichen Platz, und es gab angesehene Mitglieder, die besondere Fähigkeiten hatten, sich zwischen den Welten zu bewegen. Erst die Moderne mit ihrer starken Betonung der Rationalität hat diese Formen einer tribalen Wirklichkeitssicht in den Bereich der Pathologie verbannt und damit Menschen mit besonderen Begabungen krank gemacht.
Ich möchte nun die Überlegungen von Edgar Harnack durch die Einbeziehung der Erkenntnisse der Gehirnforschung erweitern. Bei vielen Phänomenen, die (nach einer typisch linkshemisphärischen Leidenschaft) als Schizotypie klassifiziert werden, kann die Integration der beiden Gehirnhälften nicht der „Norm“ entsprechend abgelaufen sein. Dabei können familiäre Probleme in den ersten Lebensjahren, Bindungsstörungen (z.B. unterschiedliche Bindungsmuster zum Vater und zur Mutter) ebenso eine Rolle spielen wie Folgen des Geburtstraumas (Probleme beim Zusammenwachsen der Fontanelle) und schließlich pränatale Traumatisierungen bis hin zur ersten Zellteilung.
Als Folge können Menschen aufwachsen, deren rechte Hemisphäre ein seltsam anmutendes Eigenleben entfaltet, seltsam für eine gesellschaftlich geprägte Wahrnehmung, die sequentiell und kategorisierend denkt. Und für alles Seltsame werden dann pathologisierende Kategorien entwickelt, wie die der Schizotypie. Dann geht es nicht mehr um innere Erfahrungen und darum, wie diese mit dem Alltagsbewusstsein und den Abläufen der technisierten Gesellschaft verbunden werden können. Statt dessen wird alles, was den engen Normen der Rationalität nicht entspricht, zur Krankheit erklärt.
Wollen wir bei diesem Trend nicht mitmachen, geht es auch darum, dass wir uns in mehr Toleranz und Verständnis üben, wenn wir Menschen begegnen, deren Erlebniswelt und ihre Versprachlichung uns bizarr, abgehoben oder esoterisch erscheinen mag. Wenn wir therapeutisch mit transpersonalen Themen arbeiten, brauchen wir auch das Hintergrundwissen und die Einsicht in Zusammenhänge, damit wir nicht eine Krankheit kurieren oder eine Störung beheben müssen, sondern einem Menschen helfen können, sich selber besser zu verstehen und sich selber mit sich besser zu verständigen sowie einen sicheren Platz in einer nüchternen und harten Realität zu begründen.
Literatur:
Edgar W. Harnack: Außergewöhnliche Wahrnehmungen und schizotype Sprachmuster im Kreislauf von gesellschaftlicher Ursache und Wirkung. Bewusstseinswissenschaften. Transpersonale Psychologie und Psychotherapie. Unabhängige Fachzeitschrift 2/2012, 68 - 78
Webseite von Edgar Harnack: www.transpersonale-psychotherapie.de
Gedanken, Ideen und Satiren von Wilfried Ehrmann, Psychotherapeut und Buchautor in Wien
Donnerstag, 28. März 2013
Donnerstag, 21. März 2013
Psoas-Muskeln und Traumaheilung
Wer nie Anatomie studiert hat, wird sie nicht kennen, die Psoas-Muskelgruppe. Sie verläuft im unteren Rückenbereich und verbindet den Oberkörper mit dem Becken. Sie sorgt für eine Menge wichtige Dinge: Aufrechten Gang, gerade Schultern, die Stellung der Beine und der Wirbelsäule. Wir ‘benutzen’ sie nicht nur völlig unbewusst, wir nehmen ihre Verspannung auch nur indirekt wahr:
Verspannungen in diesem Bereich wirken sich auf das Zwerchfell und damit auf die Atemfunktion aus, werden an den Rumpf weitergegeben und können zu Schmerzen im oberen Rücken und im Schulterbereich führen.
Der Zusammenhang zwischen Atmung und Körperhaltung, den der Psoas herstellt, wird auch dadurch illustriert, dass sich in der Evolution das Gehen auf Land und die Atmung zur gleichen Zeit entwickelt haben. Entspannende und lockernde Übungen mit den Lendenmuskeln führen deshalb auch zu einem dynamischeren Beckenboden und einer freieren Atmung sowie zu einem geerdeten, stabilen Körpergefühl.
Aus der tibetischen Tradition erfahren wir, dass der Lendenmuskel letztendlich die Quelle des Egos sei. Die Arbeit mit dem Psoas kann zur Konfrontation mit den Themen Festhalten und Fixierung führen.
Darüber hinaus spielen diese Muskeln eine wichtige Rolle bei der Traumaspeicherung und Traumaheilung, so die Entdeckung von David Berceli. Die Lendenmuskeln „gelten als die Kampf-Flucht-Muskeln des menschlichen Körpers. Diese primitiven Muskeln halten wie ein Posten Wache, um das Schwerkraftzentrum des Körpers zu schützen, das sich vor dem 3. Lendenwirbel befindet. Diese Muskeln verbinden den Rücken mit dem Becken und den Beinen. Während einer jeden traumatischen Erfahrung werden die Psoas-Muskeln zusammengezogen. Um die physischen Traumakontraktionen zu heilen, müssen diese tiefsitzenden Muskeln ihre schützende Spannung loslassen und zu einem entspannten Zustand zurückkehren. Es ist allgemein bekannt, dass nach besonders dichten, stressigen oder traumatischen Erfahrungen die Menschen durch eine Massage, ein heißes Bad oder durch Übungen das Trauma auflösen und den Körper in einen gesunden Zustand bringen können. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn es zu traumatischen Verspannungen in den Psoas-Muskeln kommt. Die Fähigkeit unseres Körpers, die Spannung in diesen Muskeln loszulassen, hat sich als Folge unseres Sozialisierungsprozesses vermindert.
Es geschieht häufig, dass angespannte und sogar beschädigte Psoas-Muskeln starke Schmerzen im unteren Rücken bewirken. Das geschieht sehr häufig bei Opfern von sexuellem Missbrauch. Oft wird übersehen, dass beim Zusammenziehen der Muskeln, wodurch der Körper nach vorne gezogen wird, sekundäre Muskelkontraktionen ausgelöst werden, die den Körper nach hinten ziehen, um den Körper aufrecht zu halten. Diese gegensätzlichen Spannungen führen dazu, dass die Lendenwirbelsäule kontrahiert wird, während sie die unteren Wirbel zusammenziehen. Damit entsteht eine Wirbelsäulenkomprimierung, die sich auf längere Sicht störend auswirken kann. Lang genug in dieser Spannung gehalten, wird dieser Zug schließlich auch sekundäre Schulter- und Nackenschmerzen verursachen.“
(…)
„Das Zittern (eines Fluchttieres nach überstandener Gefahr) ist ein natürlicher Körperprozess, bei dem die überschüssige Energie zeitgleich mit ihrer Entstehung entladen wird.
Als Menschen verfügen wir über den gleichen Mechanismus. Zu unserem Nachteil haben wir ihn jedoch behindert oder stillgelegt. Beispielsweise versuchen wir bewusst, uns nicht zu schütteln, wenn wir nervös oder überspannt werden, weil wir nicht schwach oder ängstlich erscheinen wollen. Diese Egokontrolle bringt den Körper und den Verstand in einen Konflikt. Der Körper will sich schütteln, um die überschüssige Energie zu entladen, aber der Verstand verweigert die Zustimmung. Üblicherweise gewinnt der Verstand, und der Körper muss dann einen anderen Weg finden, um mit der hocherregten Ladung umzugehen. Er macht das so, dass der Muskel angespannt und diese überschüssige Ladung festgehalten wird. Die Körpermuskeln spannen sich an und halten an der Überschussladung fest, bis später einmal die Erlaubnis zum Loslassen kommt. Wenn sie diese Chance nicht bekommen, erzeugen diese kontrahierten Muskeln einen chronischen Spannungszustand im Körper. Hierin liegt einer der Wurzeln der PTBS (posttraumatischen Belastungsstörung). Wenn die Muskeln, die beim Trauma zusammengezogen wurden, diese hohe Ladung kurz nach dem Trauma nicht loslassen, werden sie immer wieder versuchen, das zu einem späteren Zeitpunkt zu tun, um dem Körper wieder Ruhe zu geben.
Posttraumatische Reaktionen werden durch verbliebene nicht entladene Aufregungen bewirkt, die zum Zeitpunkt des Ereignisses entstanden sind. Wenn dieser hohe Erregungszustand an der Entladung im Körper gehindert wird, bleibt er in einer bio-neural-physikalischen Schleife gefangen, die ein zwanghaftes Wiederholungsverhalten bewirkt. Bevor nicht der Körper die Spannung ausschüttelt, wird der Körper dieses chronische Spannungsmuster von Schutz und Verteidigung immer wieder wiederholen. Eine Hauptkomponente der erfolgreichen Traumaheilung liegt in der Aktivierung des natürlichen Loslass-Mechanismus, der dem Körper signalisiert, dass er zu einem Zustand von Ruhe und Erholung zurückkehren kann.
Bei allen Menschen sollte sich nach dem Ende des Traumas das Nervensystem natürlich aktivieren und beginnen, alle von der traumatischen Episode verbliebenen Stresshormone oder Spannungen auszuschütteln. Dieses Schütteln sendet ein Signal an das Gehirn mit der Information, dass die Gefahr vorbei ist und dass es den Alarmzustand abschalten sollte. Wenn sich das Nervensystem selber nicht aktiviert, bleibt der Körper in einer Art von Kurzschlussschleife, bei der das Gehirn weiterhin glaubt, dass die Gefahr weiterbesteht, und gibt deshalb dem Körper den Befehl, in einem Zustand von Bereitschaft und Alarm zu bleiben.
Der Zwerchfellmuskel trägt zusätzlich zur Verspannung in diesem Bereich bei. Der Psoas-Muskel überlagert die Darmbein- und Zwerchfellmuskeln entlang des Rückenmarks. Zusammen bilden sie ein verbundenes System von Brustkorb, Becken und Beinen. Weil das ein solcher strategischer Schutzbereich ist, findet sich auch die größte Zahl von sympathischen Nerven (Kampf- oder Fluchtnerven) in dieser Gegend des Körpers.“
(David Berceli: Trauma Releasing Exercises. Book Sourge 2005, 13 -14; 16)
Eine bestimmte Reaktion auf traumatische Erlebnisse ist bei den Menschen überall auf der Welt dieselbe – ein neurologisch bedingtes ‘Zittern’, in der Bandbreite von leicht bis stark, immer beginnend in den Beinen und dem unteren Rücken und Beckenbereich.
Spezielle Übungen, die von David Berceli entwickelt wurden, lösen zuerst einmal eine akute oder chronische Muskelverkrampfung in den Psoas-Muskeln, die wir nicht bewusst steuern können, und wirken sich dann auch lösend auf die Reste von traumatischen Erfahrungen aus, die in den Muskeln gespeichert sind. David Berceli hat diese Übungen mit Erfolg in vielen Kriegsgebieten angewendet, um den traumatisierten Menschen die Folgen ihrer schrecklichen Erfahrungen zu erleichtern.
Weitere Quellen und Hinweise zu Übungen:
http://traumadurchleben.wordpress.com/2013/03/04/was-ist-tre-trauma-release-exercise/
http://www.youtube.com/watch?v=bPFbXdSGSkc
http://www.youtube.com/watch?v=DisF0jYqRrg
Zum Weiterlesen:
Kohärentes Atmen
Der Vagus
Verspannungen in diesem Bereich wirken sich auf das Zwerchfell und damit auf die Atemfunktion aus, werden an den Rumpf weitergegeben und können zu Schmerzen im oberen Rücken und im Schulterbereich führen.
Der Zusammenhang zwischen Atmung und Körperhaltung, den der Psoas herstellt, wird auch dadurch illustriert, dass sich in der Evolution das Gehen auf Land und die Atmung zur gleichen Zeit entwickelt haben. Entspannende und lockernde Übungen mit den Lendenmuskeln führen deshalb auch zu einem dynamischeren Beckenboden und einer freieren Atmung sowie zu einem geerdeten, stabilen Körpergefühl.
Aus der tibetischen Tradition erfahren wir, dass der Lendenmuskel letztendlich die Quelle des Egos sei. Die Arbeit mit dem Psoas kann zur Konfrontation mit den Themen Festhalten und Fixierung führen.
Darüber hinaus spielen diese Muskeln eine wichtige Rolle bei der Traumaspeicherung und Traumaheilung, so die Entdeckung von David Berceli. Die Lendenmuskeln „gelten als die Kampf-Flucht-Muskeln des menschlichen Körpers. Diese primitiven Muskeln halten wie ein Posten Wache, um das Schwerkraftzentrum des Körpers zu schützen, das sich vor dem 3. Lendenwirbel befindet. Diese Muskeln verbinden den Rücken mit dem Becken und den Beinen. Während einer jeden traumatischen Erfahrung werden die Psoas-Muskeln zusammengezogen. Um die physischen Traumakontraktionen zu heilen, müssen diese tiefsitzenden Muskeln ihre schützende Spannung loslassen und zu einem entspannten Zustand zurückkehren. Es ist allgemein bekannt, dass nach besonders dichten, stressigen oder traumatischen Erfahrungen die Menschen durch eine Massage, ein heißes Bad oder durch Übungen das Trauma auflösen und den Körper in einen gesunden Zustand bringen können. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn es zu traumatischen Verspannungen in den Psoas-Muskeln kommt. Die Fähigkeit unseres Körpers, die Spannung in diesen Muskeln loszulassen, hat sich als Folge unseres Sozialisierungsprozesses vermindert.
Es geschieht häufig, dass angespannte und sogar beschädigte Psoas-Muskeln starke Schmerzen im unteren Rücken bewirken. Das geschieht sehr häufig bei Opfern von sexuellem Missbrauch. Oft wird übersehen, dass beim Zusammenziehen der Muskeln, wodurch der Körper nach vorne gezogen wird, sekundäre Muskelkontraktionen ausgelöst werden, die den Körper nach hinten ziehen, um den Körper aufrecht zu halten. Diese gegensätzlichen Spannungen führen dazu, dass die Lendenwirbelsäule kontrahiert wird, während sie die unteren Wirbel zusammenziehen. Damit entsteht eine Wirbelsäulenkomprimierung, die sich auf längere Sicht störend auswirken kann. Lang genug in dieser Spannung gehalten, wird dieser Zug schließlich auch sekundäre Schulter- und Nackenschmerzen verursachen.“
(…)
„Das Zittern (eines Fluchttieres nach überstandener Gefahr) ist ein natürlicher Körperprozess, bei dem die überschüssige Energie zeitgleich mit ihrer Entstehung entladen wird.
Als Menschen verfügen wir über den gleichen Mechanismus. Zu unserem Nachteil haben wir ihn jedoch behindert oder stillgelegt. Beispielsweise versuchen wir bewusst, uns nicht zu schütteln, wenn wir nervös oder überspannt werden, weil wir nicht schwach oder ängstlich erscheinen wollen. Diese Egokontrolle bringt den Körper und den Verstand in einen Konflikt. Der Körper will sich schütteln, um die überschüssige Energie zu entladen, aber der Verstand verweigert die Zustimmung. Üblicherweise gewinnt der Verstand, und der Körper muss dann einen anderen Weg finden, um mit der hocherregten Ladung umzugehen. Er macht das so, dass der Muskel angespannt und diese überschüssige Ladung festgehalten wird. Die Körpermuskeln spannen sich an und halten an der Überschussladung fest, bis später einmal die Erlaubnis zum Loslassen kommt. Wenn sie diese Chance nicht bekommen, erzeugen diese kontrahierten Muskeln einen chronischen Spannungszustand im Körper. Hierin liegt einer der Wurzeln der PTBS (posttraumatischen Belastungsstörung). Wenn die Muskeln, die beim Trauma zusammengezogen wurden, diese hohe Ladung kurz nach dem Trauma nicht loslassen, werden sie immer wieder versuchen, das zu einem späteren Zeitpunkt zu tun, um dem Körper wieder Ruhe zu geben.
Posttraumatische Reaktionen werden durch verbliebene nicht entladene Aufregungen bewirkt, die zum Zeitpunkt des Ereignisses entstanden sind. Wenn dieser hohe Erregungszustand an der Entladung im Körper gehindert wird, bleibt er in einer bio-neural-physikalischen Schleife gefangen, die ein zwanghaftes Wiederholungsverhalten bewirkt. Bevor nicht der Körper die Spannung ausschüttelt, wird der Körper dieses chronische Spannungsmuster von Schutz und Verteidigung immer wieder wiederholen. Eine Hauptkomponente der erfolgreichen Traumaheilung liegt in der Aktivierung des natürlichen Loslass-Mechanismus, der dem Körper signalisiert, dass er zu einem Zustand von Ruhe und Erholung zurückkehren kann.
Bei allen Menschen sollte sich nach dem Ende des Traumas das Nervensystem natürlich aktivieren und beginnen, alle von der traumatischen Episode verbliebenen Stresshormone oder Spannungen auszuschütteln. Dieses Schütteln sendet ein Signal an das Gehirn mit der Information, dass die Gefahr vorbei ist und dass es den Alarmzustand abschalten sollte. Wenn sich das Nervensystem selber nicht aktiviert, bleibt der Körper in einer Art von Kurzschlussschleife, bei der das Gehirn weiterhin glaubt, dass die Gefahr weiterbesteht, und gibt deshalb dem Körper den Befehl, in einem Zustand von Bereitschaft und Alarm zu bleiben.
Der Zwerchfellmuskel trägt zusätzlich zur Verspannung in diesem Bereich bei. Der Psoas-Muskel überlagert die Darmbein- und Zwerchfellmuskeln entlang des Rückenmarks. Zusammen bilden sie ein verbundenes System von Brustkorb, Becken und Beinen. Weil das ein solcher strategischer Schutzbereich ist, findet sich auch die größte Zahl von sympathischen Nerven (Kampf- oder Fluchtnerven) in dieser Gegend des Körpers.“
(David Berceli: Trauma Releasing Exercises. Book Sourge 2005, 13 -14; 16)
Eine bestimmte Reaktion auf traumatische Erlebnisse ist bei den Menschen überall auf der Welt dieselbe – ein neurologisch bedingtes ‘Zittern’, in der Bandbreite von leicht bis stark, immer beginnend in den Beinen und dem unteren Rücken und Beckenbereich.
Spezielle Übungen, die von David Berceli entwickelt wurden, lösen zuerst einmal eine akute oder chronische Muskelverkrampfung in den Psoas-Muskeln, die wir nicht bewusst steuern können, und wirken sich dann auch lösend auf die Reste von traumatischen Erfahrungen aus, die in den Muskeln gespeichert sind. David Berceli hat diese Übungen mit Erfolg in vielen Kriegsgebieten angewendet, um den traumatisierten Menschen die Folgen ihrer schrecklichen Erfahrungen zu erleichtern.
Weitere Quellen und Hinweise zu Übungen:
http://traumadurchleben.wordpress.com/2013/03/04/was-ist-tre-trauma-release-exercise/
http://www.youtube.com/watch?v=bPFbXdSGSkc
http://www.youtube.com/watch?v=DisF0jYqRrg
Zum Weiterlesen:
Kohärentes Atmen
Der Vagus
Dienstag, 26. Februar 2013
Entscheidungen – Werkzeuge der Freiheit oder der Illusion
Was hat es mit Entscheidungen auf sich? Besteht unser ganzes Leben aus Entscheidungen? Können wir über unser Leben als Ganzes entscheiden?
Auf jeder Entwicklungs- und Erfahrungsebene finden Entscheidungen statt. So können wir uns vorstellen, dass schon ein einzelliges Lebewesen in bedrohliche Situationen kommt, in denen es entscheiden muss, ob es standhalten oder fliehen soll. Viele dieser Entscheidungen betreffen einfache Alternativen mit dem Charakter der Bedrohung oder der Anziehung. Es sind also Entscheidungen zwischen Kampf und Flucht oder zwischen Gut und Besser. Z.B. können sich zwei alternative Nahrungsquellen anbieten, und dazwischen ist eine Wahl zu treffen. Hier ist das Lebewesen von einem inneren Bedürfnis angetrieben, und die Entscheidung gibt die Richtung für die Befriedigung des Bedürfnisses vor.
Wir können annehmen, dass jede Lebensform über eine einfache Art der Selbstbezüglichkeit verfügt. Auch ganz primitive Organismen sollten in der Lage sein, sich auf die inneren Vorgänge eine Rückmeldung zu geben. In all diese Vorgänge sind Evaluierungen eingebaut, z.B. nach dem Muster: förderlich/gefährlich, angenehm/unangenehm, normal/außergewöhnlich usw. Vorgänge, die „positiv“ konnotiert sind, werden verstärkt, sollen also öfter stattfinden, die anderen sollen abgeschwächt werden. Was sich bewährt, wird wiederholt, was nicht funktioniert, wird abgestellt. Dazu sind Feedbackschleifen notwendig, die die Grundlage für das Gedächtnis bilden.
In der weiteren Entwicklung differenziert sich diese Rückbezüglichkeit. Je komplexer das Lebewesen, desto komplexer ist auch die Reflexionsfähigkeit, die es benötigt. Schließlich kann sie sprachlich ausgedrückt werden (vgl. den Blogbeitrag zur internen Kommunikation vom Jänner 2013). Im Normalfall unterstützt die Reflexion die Entscheidungen, die auf der organischen Ebene im Sinn der Weiterentwicklung des Lebens gefällt werden, also dem Wachstum und der Gesundheit dienen. Kommt es zu Fehlsteuerungen, die als Folge von Traumatisierungen auftreten, kann es auch bei der Rückbezüglichkeit zu Störungen kommen, sodass sie lebensschwächend wirkt. Die dem entsprechenden Gefühle sind: Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Lebensmüdigkeit, die Gedankenmuster: Das Leben ist sinnlos, es wird nie besser, usw. Damit entwickeln sich „teuflische“ Regelkreise, die gerade jene Entscheidungen auf der Zellebene unterstützen, die zu Beschwerden und Problemen führen.
Esoterische Entscheidungsmodelle
In manchen Denkmodellen der Esoterik ist – in Anlehnung an hinduistische und buddhistische Lehren – die Rede davon, dass sich jede Seele vor ihrer Inkarnation für dieses neue Leben mit all seinen Details entscheide. Da sich die Seele vor der Inkarnation im körperlosen „Raum“ befinde, sei sie auch jenseits der Zeit und könne deshalb die eigene Zukunft schon voraussehen, für die sie sich entscheidet. Gewissermaßen können wir keine Katze im Sack kaufen.
Damit verbunden ist die Idee der Verantwortungsübernahme: Du hast dich entschieden für diese Eltern, für diese Familie, für dieses Leben, also löffle gefälligst die Suppe aus, die du dir eingebrockt hast, und hör auf zu jammern. Nachträgliche Reklamationen werden nicht angenommen. Der Konsumentenschutz ist also in jener anderen Welt noch nicht sehr weit entwickelt.
Unterstellt wird dabei ein voll entwickeltes Ego, das in diese körperlose Seele hineinprojiziert wird, eine Instanz, die Angenehmes und Unangenehmes bewerten, unterscheiden und über den Zeitraum eines ganzen Lebens bemessen kann und sich auf dieser Grundlage entschließt, die Reise zu wagen.
Dazu gehört übrigens auch die Vorstellung, dass diese Entscheidung, kaum ist sie getroffen, gleich wieder vergessen wird. Wir kommen also nicht auf die Welt mit diesem Wissen und lassen es auch nicht verlauten, sobald wir der Sprache mächtig sind. Erst ein erwachsenes Bewusstsein stößt auf diese Gedankenwelt und kann darin Sinn finden. Denn es kann ja eine gewisse Sicherheit bietet, annehmen zu können, über Kompetenzen zu verfügen, die mit einer derartigen Macht über das eigene Leben verbunden sind: Ich als entscheidungsbefugt über meine eigene körperliche Existenz: Sage ich nein, geht es zurück in die heiteren und unbeschwerten Bardoräume, sage ich ja, wird die Natur beauftragt, ein neues Leben entstehen zu lassen. Da komme ich schon nahe an den Schöpfergott heran. Und Ich dazu noch mit hellsichtigen Fähigkeiten ausgestattet, für die die Zukunft ein offenes Buch ist, in dem man nur blättern muss, wow!
Therapeutisch mag es in manchen Kontexten sinnvoll sein, jemanden daran zu erinnern, dass es sein Leben ist, mit dem er umgehen muss, und dass es keinen Sinn macht, darüber zu jammern. Dafür kann es möglicherweise auch nützlich sein, so zu tun, als gäbe es diese große Entscheidung für das eigene Leben am Beginn der Reise, eine wachrüttelnde und mahnende Hypothese gewissermaßen.
Die Verantwortungsübernahme mittels Rekurs auf eine präexistentielle Entscheidung funktioniert allerdings nur, wenn die entsprechenden esoterischen Glaubensannahmen geteilt werden, und das kann in Zeiten der Glaubens- und Religionsfreiheit nicht jeder Klientin zugemutet werden. Therapeuten sollten sich überhaupt hüten, irgendwelche Glaubensgehalte in der Therapie vorauszusetzen oder anzubieten und eher danach trachten, die Hintergründe in der Lebensgeschichte der Klienten zu erörtern, wenn sie mit solchen Themen und Interpretationen kommen.
Ego-Glaube
Zudem verleitet gerade dieser Glaube zur Stärkung von Egostrukturen, die sich auf dem weiteren therapeutischen Weg der inneren Heilung als hartnäckige Störungen entpuppen könnten, ohne als solche erkannt zu werden. Denn der Glaube vermeint ja, von einer echten Erfahrung auszugehen, glaubt also an eine Wirklichkeit und nicht an eine Konstruktion. Und solche „wirklichen“ Erfahrungen wollen wir am wenigsten aufgeben oder relativieren, weil wir sie mit der Basis unserer Identität verknüpfen, wie das eben Glaubensfanatiker mit den verschiedensten Inhalten machen.
Eine psycho-biologische Sichtweise
Für den Skeptiker schwierig vorzustellen bleibt der implizierte Wirklichkeitsbegriff: Eine körperlose Seele hat die Fähigkeit der Erkenntnis, verfügt über eine sinnliche Wahrnehmung, mit der sie die eigene Geschichte voraussehen kann, ohne dass es Sinnesorgane gibt, ohne dass es ein Gehirn gibt, das die Sinneseindrücke erst zu Wahrnehmungen macht. Einfacher ist es da schon, davon auszugehen, dass es sich um Phantasien handelt, die sich das erwachsene Bewusstsein über seinen Ursprung bildet, und dass es die Kraft des Glaubens ist, die diesen Phantasien einen Wirklichkeitscharakter umhängt. In unserer Phantasie sind wir frei, und wir können ihren Produkten nach Belieben (Placebo) Wirkmächtigkeit geben.
Wie ist es mit einer befruchteten Eizelle: Kann sie sich entscheiden, sich zu teilen? Kann das Ungeborene, wenn es schon weiter entwickelt ist und eine schreckliche Erfahrung erleben muss – z.B. ein Abtreibungsversuch oder der Tod eines Zwillinggeschwisters oder eine schwere Krankheit oder ein Unfall der Mutter – die Entscheidung treffen, unter solchen Umständen weiterzuleben oder aufzugeben?
Wir sollten davon ausgehen, dass Embryonen noch nicht über Fähigkeiten verfügen, wie sie ein erwachsener Mensch hat, der vielleicht in einer Verzweiflungssituation die Entscheidung trifft, sein Leben zu beenden. Weder haben sie diesen Überblick über sich und ihr Leben als Ganzes noch haben sie die Mittel, um ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Und das ist auch gut so, sie brauchen diesen Reflexionsüberschuss nicht, vielmehr würde er sie an der Entwicklung hindern.
Es bildet zwar auf der Grundlage der erlebten Gefühle Denkmuster aus wie „Ich sollte nicht da sein“, wenn es spürt, dass es nicht gewollt ist, oder: „Ich möchte nicht mehr leben“, wenn es spürt, dass es abgetrieben werden soll, oder: „Alles hat keinen Sinn mehr“, wenn ein Zwillingsgeschwister im Mutterleib stirbt, aber – es kann nicht über sein eigenes Leben als Ganzes entscheiden, weil es dieses nicht überblicken kann.
Vielmehr gibt es die Kraft des Lebens, die stärker ist als die Gefühle und Denkmuster, die ja auch von ihr gespeist werden. Sie „entscheidet“ darüber, ob dieses Leben weiter oder zu Ende geht. Reichen die Ressourcen für das Überleben, so wächst der Embryo weiter, auch mit den lebensschwächenden Gefühls- und Denkprogrammen, sind die Ressourcen zu schwach, kommt es zum Absterben.
Therapeutische Zugänge
Therapeutisch wirksamer jedenfalls als den Appell an einer Verantwortung zu richten ist es, die Wurzeln von Verzweiflung und Leiden aufzuspüren und an ihren Ursprüngen aufzulösen; in diesem Fall geht es vermutlich um die Ereignisse im Rahmen der Empfängnis, bei der es zu Problemen gekommen ist. Solche traumatischen Erfahrungen erzeugen ihre spezifischen Dissoziationen, und diese werden dann später mittels der assoziativen Fähigkeiten unseres Gehirns „esoterisiert“, d.h. mittels Versatzstücken aus der Religionsgeschichte mit Sinn verkleidet. Die Glaubensform sichert das Weiterbestehen der Dissoziation und schützt vor dem Wiedererleben der Traumatisierung.
Die de-dissoziative Traumaauflösung beginnt dort, wo die innere Aufmerksamkeit konsequent auf die Körperebene zurückgeführt wird. Das Spüren der Empfindungen im eigenen Inneren befreit von den Verstrickungen der kognitiven Erklärungsmodelle und Meta-Erklärungsmodelle und führt an den Ursprung der Verstörung. Wenn dort das Traumatische an der Erfahrung aufgelöst ist, verschwindet auch die Notwendigkeit einer esoterischen Entscheidungstheorie.
Entscheidungsfreie Zustände
Wenn sich ein Organismus in einem Wachstumszustand befindet, der also von keinem inneren Drang oder äußerer Bedrohung abhängig ist, spielen Entscheidungen keine Rolle, sondern das Leben fließt einfach von einer Situation zur nächsten.
Wir können diesen Unterschied erleben, wenn wir uns selber im Fluss befinden, z.B. beim Spazierengehen, bei dem wir uns nicht entscheiden, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Auch können wir die Richtung, in die wir uns bewegen, dem überlassen, was gerade kommt. Ähnlich können wir uns bei einem freien Tanz fühlen. Wir überlassen es dem Körper, die Bewegungen kommen zu lassen, die kommen wollen. Der Kopf mischt sich nicht ein und die Verbindung mit allem rund herum ist einfach da.
Sind wir mit unserer Kreativität verbunden, so gibt es eine Kraft, die stärker ist als unsere Kalkulationen oder Erwartungen. Ein Schritt der Verwirklichung eines Projekts führt zum nächsten, ohne dass wir vorher wissen müssen, worin er besteht. Es ist so, als würden wir von einer Entscheidung zur nächsten geführt, ohne dass es sein müsste, diese Entscheidungen überhaupt zu treffen oder ohne dass es jemanden geben müsste, der dies vollzieht.
Wer trifft die Entscheidungen?
Was bedeutet es, wenn wir die Natur oder das Leben samt dem ihnen innewohnenden Prinzip der Evolution als den eigentlichen Entscheidungsträger ansehen? Sie steuern auf faszinierende Weise die Entfaltung des Lebens mit einer erstaunlichen Kreativität. Warum das Leben so entscheidet, dass es das eine Wesen zur Blüte und das andere zum Verdorren bringt, verschließt sich solange, als wir in der Natur ein uns ähnliches Wesen suchen, bzw. eines, das unserer Ego-Struktur gleicht. Wir entscheiden uns doch für dieses und jenes, also muss auch die Natur so funktionieren. Wenn etwas Schlimmes passiert, muss es einen Täter geben, und dieser muss dingfest und verantwortlich gemacht werden.
Wenn nicht die Natur, dann gehen wir noch eine Ebene dahinter oder darüber und sehen Gott als den eigentlichen Entscheidungsmacher. Er (oder sie) misst dem Einen das große Glückslos zu, während der andere jede Woche brav den Schein ausfüllt und ein Leben lang nicht gewinnt. Und wenn er nicht in unserem Sinn entscheidet, hadern wir mit ihm, weil er doch der Letztverantwortliche ist für das, was uns zustößt, zumindest für das, wofür wir „nichts können“, d.h. wofür wir uns nicht verantwortlich fühlen.
Um vieles leichter geht uns, wenn wir gar nicht mehr wahrnehmen, dass wir uns entscheiden, sondern wenn einfach geschieht, was geschieht, ohne dass sich dieses wichtigtuerische Ich einmischt. Um so viel freier fühlen wir uns in der Erfahrung des Getragens- und Geführtwerdens, im Loslassen unserer Entscheidungslast. Oder? Wenn wir es dem Geschehen überlassen, was geschieht, ohne dass hier jemand mitentscheidet: Mit dem Leben fließen, statt es zu kontrollieren. Dann fühlen wir uns wie im Paradies – oder wie im Himmel.
Mittwoch, 13. Februar 2013
Globale Transparenz
Es hat sich in Großbritannien im Zuge einer Parlamentsanhörung herausgestellt, dass die Firma Starbucks trotz eines Marktanteils von 30 Prozent in 14 der 15 Jahre seines Bestehens auf der Insel keine steuerpflichtigen Gewinne, sondern nur Verluste geschrieben hat. Wie sich im Zuge der Anhörung zeigte, nutzt Starbucks seine internationale Verflechtung, um Gewinne steueroptimierend zu verschieben. So zahlt der britische Ableger des US-Konzerns hohe Lizenzgebühren an die steuerbegünstigte niederländische Niederlassung und kauft seine Kaffeebohnen teuer über seine Filialen in der Schweiz ein. (Online-Standard 13.2.2013)
Sicher ein Beispiel von vielen, und blöd wäre das Kapital, wenn es solche Schlupflöcher nicht nutzen würde. Wo Schlupflöcher sind, die der Allgemeinheit Gelder entziehen und sie in private Taschen umlenken, müssen diese gestopft werden. Gestopft können sie nur auf der internationalen Ebene, also braucht es weltweite Regelungen. Auf solche müssen die nationalen Regierungen drängen, wenn sie im Interesse ihrer Bürger handlungsfähig bleiben wollen.
Das ist der Trend, dem die Welt folgen wird, und der schließlich in einer Weltregierung kulminieren wird. Wobei sich zeigt, dass es der Kapitalismus selber ist, der seine eigene Bändigung erzwingt. Zwar versucht das Wirtschaftssystem aufgrund seiner ihm innewohnenden Logik, die Politik nach allen Regeln der Kunst auszutricksen, und braucht es immens lange, bis neue Regelungen die Minenfelder der Interessensvertretungen überlebt haben und in Kraft gesetzt werden, aber am Abend wird klar, wer das Sagen hat und wer Strafen verhängen kann, die auch den hartgesottensten Kapitalisten Schmerzen bereiten.
In diesem Räuber-und-Gendarm-Spiel hat die Rechtsordnung und die hinter ihr stehende politische Willensbildung nur scheinbar immer wieder das Nachsehen, weil das Kapital ja so wendig und flink entwischt, kaum hat man es am Rockzipfel erhascht. Denn aus der Notwendigkeit für globale Abkommen und Gesetzen wird der Weg für eine weltumspannende Regelungsinstanz gebahnt, für die es keine Grenzen gibt, hinter denen die Unternehmen ihre Gewinne verstecken können.
Damit rückt die Idee einer universalen Transparenz ins Blickfeld, und die Wirtschaft steht dann vor der Wahl, gemeinwesenorientiert statt individuell reichtumsmaximierend vorzugehen, eine Option, die sich dann in aller Öffentlichkeit auch für die einzelnen Akteure im Feld stellt. Denn Transparenz heißt, dass sichtbar gemacht wird, was Einzelne leisten – für die Gemeinschaft oder nur für sich selber. Egoismen gedeihen im Verborgenen geschlossener Insiderkreise besser als im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. Stars und andere reiche Leute, die ihre Staatsbürgerschaft danach richten, wo sie am wenigsten Steuern zahlen, sind peinlich davon betroffen, wenn sie darüber in der Zeitung lesen müssen.
Die zunehmende Bewusstheit für Korruption in der Rechtsdurchsetzung geht Hand in Hand mit der wachsenden Empörung in der Zivilgesellschaft über giergetriebene Praktiken von Wirtschaftstreibenden und Politikern. Dadurch entsteht der notwendige Druck, den es braucht, um an den Schnittstellen von Politik und Wirtschaft für klare und transparente Verhältnisse zu sorgen. Als Bankdirektor oder als politischer Machtträger im Gefängnis landen zu können, wenn die eigene Habgier auf Kosten des Gemeinwesens überhandnimmt, erfüllt noch immer einen gewissen Abschreckungseffekt.
Stattdessen können wir erwarten, dass sich die Akteure im wirtschaftlichen Feld (die wir alle sind, als Produzenten und als Konsumenten) mehr an den Dienstcharakter ihrer Aufgaben erinnern. Denn der Sinn der Wirtschaft besteht allemal einfach darin, die für das Wohlbefinden und die Lebensanreicherung aller in möglichst gleichem Maß erforderlichen Güter und Dienstleistungen anzubieten, und nicht darin, möglichst große Einkommensunterschiede und vereinzelte Reichtumskonzentrationen hervorzubringen.
Sonntag, 10. Februar 2013
Die Einatem-Gesellschaft
Einatmen bedeutet Energie aufnehmen und sich stärken. Wir blasen uns auf zum Imponiergehabe – Brustraum nach vorn, Kinn nach oben, das Kreuz hohl. So schaffen wir uns Raum und Ellbogenfreiheit. Wir sind für jede Herausforderung gerüstet.
Das Einatmen aktiviert unser Stresssystem (Sympathikus). Mit dem Ausatmen entspannen wir uns (Parasympathikus). Wenn wir diesen einfachen Rhythmus zulassen können, bleibt unser Organismus auf einer tiefen Ebene in Balance. Wird ein System zuungunsten des anderen überstrapaziert, kommt es zum Ungleichgewicht. In unserer Gesellschaft, die darauf angelegt ist, den Menschen immer mehr Leistung abzuverlangen, ist dieses Ungleichgewicht systemimmanent. Die Arbeitswelt ist vom Einatemmodus geprägt, für das Ausatmen ist die Freizeit vorgesehen. Doch die Kunst, die Leistungserwartungen abzuschalten, kaum schließt sich die Bürotür oder das Fabrikstor hinter dir, beherrschen nur wenige. Die Anspannung wirkt in die Freizeit hinein und nimmt ihr den Erholungscharakter.
Unser Organismus ist nicht darauf angelegt, in stundenlangen Zyklen voll auf Leistung eingestellt zu sein, ohne sich erholen zu können; um das durchzuhalten, muss er auf seine Ressourcen zurückgreifen. Die Freizeit dient dann vor allem dazu, die geplünderten Ressourcen nachzufüllen, die die Arbeit verschlungen hat. Die kreative Gestaltung unseres eigenen Lebens bleibt dabei auf der Strecke oder verkümmert zu einer Randerscheiung.
Auch mental spielt die Arbeitswelt bei den meisten Menschen in unserer Kultur die dominante Rolle: Was ist zu tun, was ist zu erledigen, was wird von mir erwartet, was muss ich erfüllen? Habe ich nichts vergessen, was zu tun ist? Und was, wenn ich doch etwas vergessen habe?
Um diese Themen kreisen die Gedanken des außengesteuerten Einatem-Menschen (Unerledigtes aus der Vergangenheit quält ebenso wie Sorgenvolles im Vorausblick auf die Zukunft). Das zwanghafte Denken sorgt dafür, dass das Anspannungssystem daueraktiv bleibt. Es bringt die Atmung dazu, dass das Augenmerk nur auf dem Einatmen liegt und die Ausatmung vernachlässigt wird, bzw. nur als Brücke zum Einatmen genutzt wird, sodass sie unter Druck geschieht. Damit wird der Ausatmung ihre Entspannungsfunktion genommen. Das bildet den Einatemtyp, wie er oben charakterisiert wurde, maßgeschneidert für die ressourcenverschleudernde materialistische Gesellschaft und Kultur.
In der Ausatmung entspannt sich die Muskulatur, wir geben Energie ab und sinken nach innen. Wir geben die Kontrolle ab und sind verwundbar, sei es auch nur für einen Moment. Wir geben uns dem hin, was gerade ist, werden rezeptiv, offen für Eindrücke. Das Wahrnehmungsfeld nach außen und nach innen weitet sich.
In der Ausatmung finden wir zur Kreativität. Denn sobald wir die Außenwelt nicht mehr überwachen, kommt sie mit ihren Ideen auf uns zu. Zugleich meldet sich unser Inneres mit dem, was sich schon immer mitteilen wollte. Wir laden Neues ein und können mit dem nächsten Einatem die Energie zur Umsetzung und Verwirklichung tanken.
Kommt die Ausatmung vor der Einatmung, also liegt das Schwergewicht bei ihr, dann sind wir zuerst rezeptiv, bevor wir aktiv werden. Wir geben dem, was von außen und von innen kommt, die erste Beachtung. Die Einatmung dient zur Unterstützung dessen, was im Ausatem zu uns kommt, und gibt uns die Kraft zum Weitertragen und Weiterentwickeln der Ideen.
In einer Ausatemgesellschaft steht also nicht die Leistung und die Kontrolle an erster Stelle, sondern das Hinhören und Lauschen. Wir hängen weder in der Vergangenheit fest mit unseren Zweifeln und Rechtfertigungen, noch nehmen wir die Zukunft in unseren Sorgen vorweg, sondern wir können uns besser auf den Moment und seine Erfordernisse und Möglichkeiten ausrichten. Unsere Handlungen entspringen nicht dem Druck der äußeren und inneren Erwartungen, sondern aus der Entspannung.
Dazu müssen wir die Ausatmung erst erlernen. Konfuzius hat geschrieben, dass das erste, was der Mensch lernen muss, das Atmen ist. Wir müssen heute, 2 500 Jahre später, sagen, dass das erste, was wir moderne Menschen lernen müssen, das Ausatmen ist. Wir haben uns angewöhnt, das Ausatmen als Überbrückung oder Verlängerung des Einatmens zu nehmen, und atmen deshalb unter Druck aus, so als wollten wir die Luft aus den Lungen pressen.
Wenn wir statt dessen beim Ausatmen die Luft freilassen, indem wir die gesamte, an der Atmung beteiligte Muskulatur entspannen, erleben wir, wie die Atemluft uns von selber verlässt, ohne dass wir etwas tun müssen. Wir erleben, was geschieht, wenn wir zulassen, was von sich aus geschehen will, und wie wir dabei präsent sein können.
Wir kehren die Richtung um: Wir reagieren nicht mehr nur auf die Probleme, vor die uns die Welt stellt, sondern spüren nach, welche Welt wir gerne haben möchten und lassen auf uns zukommen, was wir dafür tun können. Wir üben uns im Vertrauen, wie wir, wenn wir uns dem Ausatem hingeben, in ihm vertrauen, dass der Einatmen von selber wieder kommen wird und damit der Zyklus des Lebens weiterfließt.
Das Einatmen aktiviert unser Stresssystem (Sympathikus). Mit dem Ausatmen entspannen wir uns (Parasympathikus). Wenn wir diesen einfachen Rhythmus zulassen können, bleibt unser Organismus auf einer tiefen Ebene in Balance. Wird ein System zuungunsten des anderen überstrapaziert, kommt es zum Ungleichgewicht. In unserer Gesellschaft, die darauf angelegt ist, den Menschen immer mehr Leistung abzuverlangen, ist dieses Ungleichgewicht systemimmanent. Die Arbeitswelt ist vom Einatemmodus geprägt, für das Ausatmen ist die Freizeit vorgesehen. Doch die Kunst, die Leistungserwartungen abzuschalten, kaum schließt sich die Bürotür oder das Fabrikstor hinter dir, beherrschen nur wenige. Die Anspannung wirkt in die Freizeit hinein und nimmt ihr den Erholungscharakter.
Unser Organismus ist nicht darauf angelegt, in stundenlangen Zyklen voll auf Leistung eingestellt zu sein, ohne sich erholen zu können; um das durchzuhalten, muss er auf seine Ressourcen zurückgreifen. Die Freizeit dient dann vor allem dazu, die geplünderten Ressourcen nachzufüllen, die die Arbeit verschlungen hat. Die kreative Gestaltung unseres eigenen Lebens bleibt dabei auf der Strecke oder verkümmert zu einer Randerscheiung.
Auch mental spielt die Arbeitswelt bei den meisten Menschen in unserer Kultur die dominante Rolle: Was ist zu tun, was ist zu erledigen, was wird von mir erwartet, was muss ich erfüllen? Habe ich nichts vergessen, was zu tun ist? Und was, wenn ich doch etwas vergessen habe?
Um diese Themen kreisen die Gedanken des außengesteuerten Einatem-Menschen (Unerledigtes aus der Vergangenheit quält ebenso wie Sorgenvolles im Vorausblick auf die Zukunft). Das zwanghafte Denken sorgt dafür, dass das Anspannungssystem daueraktiv bleibt. Es bringt die Atmung dazu, dass das Augenmerk nur auf dem Einatmen liegt und die Ausatmung vernachlässigt wird, bzw. nur als Brücke zum Einatmen genutzt wird, sodass sie unter Druck geschieht. Damit wird der Ausatmung ihre Entspannungsfunktion genommen. Das bildet den Einatemtyp, wie er oben charakterisiert wurde, maßgeschneidert für die ressourcenverschleudernde materialistische Gesellschaft und Kultur.
Ausatmen bedeutet Hingabe
In der Ausatmung entspannt sich die Muskulatur, wir geben Energie ab und sinken nach innen. Wir geben die Kontrolle ab und sind verwundbar, sei es auch nur für einen Moment. Wir geben uns dem hin, was gerade ist, werden rezeptiv, offen für Eindrücke. Das Wahrnehmungsfeld nach außen und nach innen weitet sich.
In der Ausatmung finden wir zur Kreativität. Denn sobald wir die Außenwelt nicht mehr überwachen, kommt sie mit ihren Ideen auf uns zu. Zugleich meldet sich unser Inneres mit dem, was sich schon immer mitteilen wollte. Wir laden Neues ein und können mit dem nächsten Einatem die Energie zur Umsetzung und Verwirklichung tanken.
Wie wäre es mit einer Ausatemgesellschaft?
Kommt die Ausatmung vor der Einatmung, also liegt das Schwergewicht bei ihr, dann sind wir zuerst rezeptiv, bevor wir aktiv werden. Wir geben dem, was von außen und von innen kommt, die erste Beachtung. Die Einatmung dient zur Unterstützung dessen, was im Ausatem zu uns kommt, und gibt uns die Kraft zum Weitertragen und Weiterentwickeln der Ideen.
In einer Ausatemgesellschaft steht also nicht die Leistung und die Kontrolle an erster Stelle, sondern das Hinhören und Lauschen. Wir hängen weder in der Vergangenheit fest mit unseren Zweifeln und Rechtfertigungen, noch nehmen wir die Zukunft in unseren Sorgen vorweg, sondern wir können uns besser auf den Moment und seine Erfordernisse und Möglichkeiten ausrichten. Unsere Handlungen entspringen nicht dem Druck der äußeren und inneren Erwartungen, sondern aus der Entspannung.
Dazu müssen wir die Ausatmung erst erlernen. Konfuzius hat geschrieben, dass das erste, was der Mensch lernen muss, das Atmen ist. Wir müssen heute, 2 500 Jahre später, sagen, dass das erste, was wir moderne Menschen lernen müssen, das Ausatmen ist. Wir haben uns angewöhnt, das Ausatmen als Überbrückung oder Verlängerung des Einatmens zu nehmen, und atmen deshalb unter Druck aus, so als wollten wir die Luft aus den Lungen pressen.
Wenn wir statt dessen beim Ausatmen die Luft freilassen, indem wir die gesamte, an der Atmung beteiligte Muskulatur entspannen, erleben wir, wie die Atemluft uns von selber verlässt, ohne dass wir etwas tun müssen. Wir erleben, was geschieht, wenn wir zulassen, was von sich aus geschehen will, und wie wir dabei präsent sein können.
Wir kehren die Richtung um: Wir reagieren nicht mehr nur auf die Probleme, vor die uns die Welt stellt, sondern spüren nach, welche Welt wir gerne haben möchten und lassen auf uns zukommen, was wir dafür tun können. Wir üben uns im Vertrauen, wie wir, wenn wir uns dem Ausatem hingeben, in ihm vertrauen, dass der Einatmen von selber wieder kommen wird und damit der Zyklus des Lebens weiterfließt.
Die interne Kommunikation pflegen
Ich finde, dass die interne Kommunikationskultur eine wichtige Rolle für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit spielt. Die Beziehung, die wir zu uns selbst und zu unserem Körper haben, sollten wir deshalb ebenso wichtig nehmen, wie die Beziehungen nach außen, zu anderen Menschen und zur Welt um uns herum.
Manche Menschen merken ihr Inneres nur, wenn es sich auf störende Weise äußert, mit Krankheit oder Unwohlsein, Schmerzen oder Missstimmung. Dann wird die interne Kommunikation aufgenommen. Sie wird dabei meistens von Ängsten geleitet: Was ist jetzt schon wieder los? Hoffentlich werde ich nicht krank! Das kann ich jetzt gar nicht brauchen! Wie komme ich damit zurecht? Warum gerade jetzt? Usw.
Wir reagieren also nicht gerade freundlich und herzlich auf Signale, die uns unser Körper und unser Inneres senden. Wir geben zu verstehen, dass wir eigentlich gar nicht interessiert sind an diesen Nachrichten, sondern dass wir uns gezwungenermaßen damit auseinandersetzen müssen. Wir verhalten uns wie ein gestresster Elternteil, von dem ein Kind beachtet werden möchte. Das Kind kriegt dann den Eindruck, aufdringlich zu sein, zu stören und keine Beachtung zu verdienen. Vielleicht resigniert es oder versteift sich trotzig darauf, nie mehr wieder Beachtung zu verlangen. Die Kommunikation ist unterbrochen.
Was, wenn unser Körper durch unsere Missachtung seiner Bedürfnisse resigniert oder trotzig verstummt ist? Ist es da nicht höchste Zeit, das Gespräch wieder aufzunehmen und den Kontakt wieder herzustellen? Gerade, wenn sich nichts Schlimmes meldet und sich das körperliche und seelische Wohlbefinden in einer guten Balance befindet, ist das eine gute Gelegenheit, die interne Kommunikation zu pflegen. Im entspannten Zustand können wir am besten und erfolgreichsten kommunizieren. Wir können unseren Organen unsere Anerkennung ausdrücken für das, was sie tagein tagaus leisten, um uns bei unseren Aktivitäten zu unterstützen. Wir können den Problemzonen, die uns immer wieder einmal plagen, eine besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen, damit wir sie in ihrer Regeneration und Heilung fördern.
Wir sollten bei der inneren Kommunikation die Regeln der Höflichkeit befolgen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber, weil wir uns häufig nur in belasteten Situationen unserem Körper und unserem Inneren zuwenden, spielen wir uns eher wie die ungnädigen Herrscher auf statt dass wir als Freunde zu Freunden reden. Nutzen wir die Erkenntnisse, die wir aus der Arbeit mit Affirmationen gewonnen haben: Teilen wir mit, was wir haben möchten, und nicht, was wir verschwinden lassen möchten. Sprechen wir also von Heilung und Gesundheit, von Abwehrkräften und Reinigungsprozessen, zu denen wir die Teile unseres Inneren ermutigen und bekräftigen wollen. Bleiben wir in der Gegenwart und teilen wir unsere Wünsche dafür mit, statt einen irgendwann zukünftigen Zustand zu beschwören. Vermeiden wir ungeduldige Aufforderungen, Befehle und Vorhaltungen, sondern bleiben wir wohlgesonnen und vertrauensvoll.
Wenn Ängste da sind, teilen wir sie offen und direkt, und achten wir dabei auch darauf, was wir an unterstützenden Kräften und Energien anbieten können. Bleiben wir im „Augenkontakt“, lenken wir also unsere innere Aufmerksamkeit auf unseren Gesprächspartner, sei es ein Teil unseres Gehirns oder die Leber. Je entspannter wir dabei sein können, desto leichter wird uns dieser Kontakt fallen und desto mehr Früchte kann er bringen.
Freundschaft mit uns selber schließen – mit unserem Körper und all seinen Zellen und Zellverbänden, mit unserem Gefühlsleben und unseren Gedanken – das ist doch ein lohnendes Unternehmen. Schließlich sind wir selber das Wesen, mit dem wir die meiste Zeit verbracht haben und verbringen, und je besser wir uns da verstehen, desto wohler fühlen wir uns. Wenn die innere Kommunikation stimmt, sind wir auch leichter für andere Menschen offen und präsent.
Freundschaft muss gepflegt werden, kümmern wir uns jetzt darum!
Zum Weiterlesen:
Das Kind in uns
Manche Menschen merken ihr Inneres nur, wenn es sich auf störende Weise äußert, mit Krankheit oder Unwohlsein, Schmerzen oder Missstimmung. Dann wird die interne Kommunikation aufgenommen. Sie wird dabei meistens von Ängsten geleitet: Was ist jetzt schon wieder los? Hoffentlich werde ich nicht krank! Das kann ich jetzt gar nicht brauchen! Wie komme ich damit zurecht? Warum gerade jetzt? Usw.
Wir reagieren also nicht gerade freundlich und herzlich auf Signale, die uns unser Körper und unser Inneres senden. Wir geben zu verstehen, dass wir eigentlich gar nicht interessiert sind an diesen Nachrichten, sondern dass wir uns gezwungenermaßen damit auseinandersetzen müssen. Wir verhalten uns wie ein gestresster Elternteil, von dem ein Kind beachtet werden möchte. Das Kind kriegt dann den Eindruck, aufdringlich zu sein, zu stören und keine Beachtung zu verdienen. Vielleicht resigniert es oder versteift sich trotzig darauf, nie mehr wieder Beachtung zu verlangen. Die Kommunikation ist unterbrochen.
Was, wenn unser Körper durch unsere Missachtung seiner Bedürfnisse resigniert oder trotzig verstummt ist? Ist es da nicht höchste Zeit, das Gespräch wieder aufzunehmen und den Kontakt wieder herzustellen? Gerade, wenn sich nichts Schlimmes meldet und sich das körperliche und seelische Wohlbefinden in einer guten Balance befindet, ist das eine gute Gelegenheit, die interne Kommunikation zu pflegen. Im entspannten Zustand können wir am besten und erfolgreichsten kommunizieren. Wir können unseren Organen unsere Anerkennung ausdrücken für das, was sie tagein tagaus leisten, um uns bei unseren Aktivitäten zu unterstützen. Wir können den Problemzonen, die uns immer wieder einmal plagen, eine besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen, damit wir sie in ihrer Regeneration und Heilung fördern.
Wir sollten bei der inneren Kommunikation die Regeln der Höflichkeit befolgen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber, weil wir uns häufig nur in belasteten Situationen unserem Körper und unserem Inneren zuwenden, spielen wir uns eher wie die ungnädigen Herrscher auf statt dass wir als Freunde zu Freunden reden. Nutzen wir die Erkenntnisse, die wir aus der Arbeit mit Affirmationen gewonnen haben: Teilen wir mit, was wir haben möchten, und nicht, was wir verschwinden lassen möchten. Sprechen wir also von Heilung und Gesundheit, von Abwehrkräften und Reinigungsprozessen, zu denen wir die Teile unseres Inneren ermutigen und bekräftigen wollen. Bleiben wir in der Gegenwart und teilen wir unsere Wünsche dafür mit, statt einen irgendwann zukünftigen Zustand zu beschwören. Vermeiden wir ungeduldige Aufforderungen, Befehle und Vorhaltungen, sondern bleiben wir wohlgesonnen und vertrauensvoll.
Wenn Ängste da sind, teilen wir sie offen und direkt, und achten wir dabei auch darauf, was wir an unterstützenden Kräften und Energien anbieten können. Bleiben wir im „Augenkontakt“, lenken wir also unsere innere Aufmerksamkeit auf unseren Gesprächspartner, sei es ein Teil unseres Gehirns oder die Leber. Je entspannter wir dabei sein können, desto leichter wird uns dieser Kontakt fallen und desto mehr Früchte kann er bringen.
Freundschaft mit uns selber schließen – mit unserem Körper und all seinen Zellen und Zellverbänden, mit unserem Gefühlsleben und unseren Gedanken – das ist doch ein lohnendes Unternehmen. Schließlich sind wir selber das Wesen, mit dem wir die meiste Zeit verbracht haben und verbringen, und je besser wir uns da verstehen, desto wohler fühlen wir uns. Wenn die innere Kommunikation stimmt, sind wir auch leichter für andere Menschen offen und präsent.
Freundschaft muss gepflegt werden, kümmern wir uns jetzt darum!
Zum Weiterlesen:
Das Kind in uns
Donnerstag, 31. Januar 2013
Vom Anfang und vom Ende des Erklärens

Warum hast du mich nicht angerufen? Warum werde ich gerade dann kontrolliert, wenn ich den Fahrschein vergessen habe? Warum habe ich den Zug versäumt? Warum ist X so unfreundlich, wo ich doch immer so entgegenkommend bin? Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?
Kaum stört etwas unser Gleichgewicht, fragen wir nach der Erklärung. Wir rechnen damit, wenn wir den Grund der Störung erfahren, dass sich das Gleichgewicht wieder herstellt. „Ich konnte gestern nicht anrufen, weil das Telefon kaputt war.“ Die quälende Frage kann abgelegt und vergessen werden. Der Zyklus schließt sich, die Unklarheit legt sich, das Leben geht weiter bis zur nächsten Störung.
Wenn wir das Licht dieser Welt erblicken, wundern wir uns und staunen. Wir werden nicht als erklärungssüchtige Wesen geboren. Wir suchen keine Erklärung für das, was sich da ereignet und was sich uns zeigt. Wir fließen mit dem, was sich ereignet, im Inneren wie im Äußeren. Mal ist es angenehm, dann wieder unangenehm.
Erst nach und nach legt sich über dieses Fließen eine Schicht des Bewusstseins drüber, die mit dem Erwachen des Zeitbegriffs entsteht. Es werden jetzt Zusammenhänge gesucht: Was war vor dem, was jetzt passiert ist? Hierfür ist die linke Gehirnhälfte zuständig. Sie liebt das Denken in Ursache-Wirkungsrelationen, während die rechte Gehirnhälfte, die in den ersten Lebensjahren noch aktiver war, gewohnt ist, in Ganzheiten zu denken.
Mehr und mehr übernimmt diese sequentielle Form, die Wirklichkeit wahrzunehmen. Der Zeitbegriff wird vollständig linear, und so fällt es leicht, die Welt als ein Gefüge von Ursache- Wirkungszusammenhängen zu verstehen. Damit muss es für alles, was es gibt, eine Erklärung geben. Hinter jedem Geschehen verbirgt sich eine Ursache.
Der Erfolg der Technik, die so viel zur Bequemlichkeit unseres modernen Lebens beigetragen hat, liegt in der Erforschung dieser Zusammenhänge. So bekommen wir zunehmend das Gefühl, mittels erklärbarer Prozesse die Welt zu kontrollieren und zu beherrschen. Für alles, was sich dieser Beherrschung zu entziehen vermag, fordern wir eine Erklärung ein.
Ein Beispiel vom Spielplatz: Zwei Kindergartenkinder geraten in Streit. Das eine schreit das andere an: „Wenn du mir das nicht zurückgibst, dann hau ich dich, dann reiß ich dir die Haare aus, dann …. dann erkläre ich es dir!!!“ Die schlimmste Strafe ist eine Erklärung, gegen die es keinen Einwand mehr gibt. (Aus einem Buch über Kindheitspsychologie)
Frei vom Erklären
Wenn es um Menschen, ihre Motive und Handlungen geht, stößt diese Denkweise an Grenzen. Oft handeln wir „spontan“, ohne für uns selber einsehbare Ursache machen wir etwas anders als wir es sonst tun. Natürlich versuchen wir, für uns selbst und für unsere Mitmenschen „berechenbar“ zu sein, indem wir Vereinbarungen einhalten und unsere Werthaltungen nicht jeden Tag ändern. Aber wir schätzen Bereiche, in denen wir kreativ sein und Neues erproben können. Beim Tanzen z.B. macht es keinen Sinn, eine Bewegung aus der vorigen zu erklären, sondern wir genießen das Fließen von einem Moment zum nächsten und lassen uns mehr von den Bewegungen leiten, wie sie kommen, als dass wir diese leiten.
Erklärungsfreie Räume haben einen besonderen Reiz und geben uns ein Gefühl der Freiheit und des Selbstvollzugs. Wir erleben unsere Individualität dann am intensivsten, wenn wir uns selbst nicht berechnen und erklären können. Anderen aus dieser Haltung zu begegnen, ist auch lohnend, weil wir präsenter im Moment und in der Begegnung sein können.
Das Ende des Warum
Meister Eckhart macht uns darauf aufmerksam, wie sehr uns die Warum-Frage zu Antworten verleitet, die uns nicht weiterbringen. Denn sie binden uns an ein bestimmtes Gottesbild, das der Wirklichkeitserfahrung der Erklärungswelt entspricht. Der berechenbare Gott gibt uns zurück, was wir eingebracht haben, wie der Schalterbeamte bei der Bank, plus Zinsen. Wenn ich diese vorgeschriebenen Rituale verrichte, werde ich meinen Anteil an der Gnade bekommen. Deshalb verrichte ich die Rituale und erwarte mir die entsprechende Konsequenz.
Der Sinn dessen, was ich tue, liegt außerhalb von mir und ist so fix vorgegeben wie die Gesetzmäßigkeiten der Naturwissenschaften. Ich gewinne zwar die Sicherheit, die in der unumstößlichen Erklärung liegt, verliere aber die Verbindung mit dem, was ich eigentlich suche: „Denn wer Gott in einer (bestimmten) Weise sucht, der nimmt die Weise und verfehlt Gott, der in der Weise verborgen ist.“
Will ich die größere Weisheit finden, muss ich die Frage nach dem Warum aufgeben und meinen ängstlichen Verstand bitten, beiseite zu treten. Es ist, wie es ist, mehr gibt es letztlich nicht zu sagen. Dinge geschehen, wie sie geschehen, Menschen handeln, wie sie handeln. Was für eine Entspannung, wenn ich einfach sagen kann: „Ich lebe darum, dass ich lebe.“
Selbstheilung durch innere Kommunikation
Gesundheit ist das störungsfreie Leben mit uns selber. Wenn wir erkranken, spüren wir in der Beziehung zu uns selbst eine Verunsicherung. Die Krankheit irritiert uns in unserer inneren Einheit. Der Körper zeigt sich uns als etwas, das uns Probleme bereitet, statt reibungslos zu funktionieren, so als würde er sich gegen uns wenden wie ein ungehorsames Kind. Wir reden ihm gut zu oder beklagen uns bei ihm oder jammern ihn an, je nachdem, und sind zugleich die Instanz, der die Anrede gilt, und das Medium, in dem das Ganze abläuft.
Wir sind unser Körper und erleben uns andererseits von ihm unterschieden, indem wir eine Position einnehmen können, von der aus wir eine Beziehung zu ihm unterhalten. Es gibt also eine Beziehung innerhalb einer Identität. Denn die Position, von der aus wir in Beziehung gehen, ist innerhalb dieser Körper-Geist-Identität, die wir sind. Wo Beziehung besteht, besteht Kommunikation. Das Eigentümliche dieser Kommunikation ist die Identität, innerhalb derer sie von ihrem Unterschied lebt.
Wir sind ein kommunizierender Organismus, und weil wir sowohl die Kommunikationspartner als auch die Kommunikation sind, und weil wir uns dessen auch bewusst sein können, sind wir auch ein reflexiver Organismus, also einer, der zu sich selbst in Beziehung treten kann. Das zeigt sich in der Krankheit besonders deutlich. Wir können das Leben nicht mehr so führen, wie wir es geplant hatten und müssen beispielsweise das Bett hüten, statt einen Sonntagsausflug machen zu können. Es zerbricht eine Einheit, die vorher da war. Zum Leiden, das die Krankheit ausmacht, kommt das Leiden am Leiden.
Wir leiden an der Störung der inneren Kommunikation und an unserer Unfähigkeit, sie zu beheben. So verheddern wir uns in unseren internen Kommunikationsebenen, was uns noch mehr verunsichert. Denn wir neigen dazu, uns von unserem Körper zu distanzieren (manchmal, wenn die Krankheit schlimm ist, kann uns vor unserem eigenen Körper ekeln, manchmal, wenn sie sehr langwierig ist, können wir uns dafür schämen). Der Körper, der wir sind, wird zum Objekt, zum Ding, und dann suchen wir die Hilfe im Außen, die das Ding wieder zurecht bringen soll.
Um uns wieder sicher fühlen zu können, brauchen wir eine Zusage auf eine erfolgreiche Heilung. Die Autorität für ein solches Versprechen ist in unseren Breiten der Arzt. Aufgrund seiner Erfahrung und Ausbildung kann er eine Prognose aussprechen, die uns beruhigt (falls sie positiv ausfällt). Allein eine solche Beruhigung kann schon einen Beitrag zur Heilung leisten, weil Unruhe und Anspannung die inneren Heilungskräfte blockieren. Fällt sie negativ aus, wird sie die Verunsicherung verstärken.
Denn die kommunikative Verwirrung steigt, je mehr Sprecher sich einmischen. Manchmal gehen wir von einem Arzt zum nächsten, und jeder sagt etwas anderes. Dann suchen wir alternative Heilmöglichkeiten auf, die sich noch weiter in ihren Diagnosen und Heilungswegen unterscheiden.
Bevor wir heillos im Wirrwarr der Rettungsversuche, die uns die große weite Welt anbietet, verlieren, sollten wir innehalten und uns bewusst machen: Wir sind ein kommunikatives Körper-Geist-Wesen, und Kommunikation heißt, genauso zuhören wie reden. Dann merken wir, dass wir die ganze Zeit geredet haben, dass wir Stimmen von außen zugehört haben, aber nie unserem intimsten Gesprächspartner, unserem Körper, und speziell den Bereichen, die sich durch die Erkrankung bemerkbar machen. Wir verstärken durch unsere Weigerung, zuzuhören, die kommunikative Störung und wundern uns, warum wir nicht gesund werden.
Steigern wir uns nicht durch die Verunsicherung, die in Folge der Krankheit in uns aufsteigt, in eine Panik, sondern bleiben wir kommunikativ offen. Dann können wir beginnen, auf unseren Körper zu hören. Was will er uns sagen, was fehlt ihm, was braucht er, was sollte ich verändern? Wenn diese wichtigen Informationen nicht zu uns gelangen, fühlt sich unser Körper nicht verstanden und reagiert entsprechend. Die Gesprächsbasis, die wir herstellen und ausbauen, sobald wir beginnen, ihm zuzuhören, kann ein wichtiger Beitrag zur Heilung sein.
Wir sind Wesen, die über die Möglichkeit verfügen, die internen Kommunikationskanäle für uns selber zu nutzen. Das sollten wir tun, ob wir gesund sind oder krank. Denn je besser wir uns in die Sprache unseres Körpers einüben, wenn wir gesund sind, desto leichter wird sie uns zur Verfügung stehen, wenn wir krank werden, und desto eher werden wir die internen Wege zur Heilung öffnen können.
Die Meditation ist eine Gelegenheit, in der wir die interne Kommunikation üben können. Immer wieder können wir im Alltag unseren Atem spüren, der uns Auskunft darüber gibt, wie es uns gerade geht. Wenn wir merken, dass uns die Hektik des Alltags überrollt, ist es gut, dass wir uns in uns selber zurückziehen und uns Zeit nehmen, uns zu spüren: Was braucht unser Körper, um zur Ruhe zu kommen? So können wir immer zurück finden zur inneren Harmonie, die die beste Basis für die Gesundheit unseres Körpers bietet.
Wir sind ein kommunizierender Organismus, und weil wir sowohl die Kommunikationspartner als auch die Kommunikation sind, und weil wir uns dessen auch bewusst sein können, sind wir auch ein reflexiver Organismus, also einer, der zu sich selbst in Beziehung treten kann. Das zeigt sich in der Krankheit besonders deutlich. Wir können das Leben nicht mehr so führen, wie wir es geplant hatten und müssen beispielsweise das Bett hüten, statt einen Sonntagsausflug machen zu können. Es zerbricht eine Einheit, die vorher da war. Zum Leiden, das die Krankheit ausmacht, kommt das Leiden am Leiden.
Wir leiden an der Störung der inneren Kommunikation und an unserer Unfähigkeit, sie zu beheben. So verheddern wir uns in unseren internen Kommunikationsebenen, was uns noch mehr verunsichert. Denn wir neigen dazu, uns von unserem Körper zu distanzieren (manchmal, wenn die Krankheit schlimm ist, kann uns vor unserem eigenen Körper ekeln, manchmal, wenn sie sehr langwierig ist, können wir uns dafür schämen). Der Körper, der wir sind, wird zum Objekt, zum Ding, und dann suchen wir die Hilfe im Außen, die das Ding wieder zurecht bringen soll.
Um uns wieder sicher fühlen zu können, brauchen wir eine Zusage auf eine erfolgreiche Heilung. Die Autorität für ein solches Versprechen ist in unseren Breiten der Arzt. Aufgrund seiner Erfahrung und Ausbildung kann er eine Prognose aussprechen, die uns beruhigt (falls sie positiv ausfällt). Allein eine solche Beruhigung kann schon einen Beitrag zur Heilung leisten, weil Unruhe und Anspannung die inneren Heilungskräfte blockieren. Fällt sie negativ aus, wird sie die Verunsicherung verstärken.
Denn die kommunikative Verwirrung steigt, je mehr Sprecher sich einmischen. Manchmal gehen wir von einem Arzt zum nächsten, und jeder sagt etwas anderes. Dann suchen wir alternative Heilmöglichkeiten auf, die sich noch weiter in ihren Diagnosen und Heilungswegen unterscheiden.
Bevor wir heillos im Wirrwarr der Rettungsversuche, die uns die große weite Welt anbietet, verlieren, sollten wir innehalten und uns bewusst machen: Wir sind ein kommunikatives Körper-Geist-Wesen, und Kommunikation heißt, genauso zuhören wie reden. Dann merken wir, dass wir die ganze Zeit geredet haben, dass wir Stimmen von außen zugehört haben, aber nie unserem intimsten Gesprächspartner, unserem Körper, und speziell den Bereichen, die sich durch die Erkrankung bemerkbar machen. Wir verstärken durch unsere Weigerung, zuzuhören, die kommunikative Störung und wundern uns, warum wir nicht gesund werden.
Steigern wir uns nicht durch die Verunsicherung, die in Folge der Krankheit in uns aufsteigt, in eine Panik, sondern bleiben wir kommunikativ offen. Dann können wir beginnen, auf unseren Körper zu hören. Was will er uns sagen, was fehlt ihm, was braucht er, was sollte ich verändern? Wenn diese wichtigen Informationen nicht zu uns gelangen, fühlt sich unser Körper nicht verstanden und reagiert entsprechend. Die Gesprächsbasis, die wir herstellen und ausbauen, sobald wir beginnen, ihm zuzuhören, kann ein wichtiger Beitrag zur Heilung sein.
Wir sind Wesen, die über die Möglichkeit verfügen, die internen Kommunikationskanäle für uns selber zu nutzen. Das sollten wir tun, ob wir gesund sind oder krank. Denn je besser wir uns in die Sprache unseres Körpers einüben, wenn wir gesund sind, desto leichter wird sie uns zur Verfügung stehen, wenn wir krank werden, und desto eher werden wir die internen Wege zur Heilung öffnen können.
Die Meditation ist eine Gelegenheit, in der wir die interne Kommunikation üben können. Immer wieder können wir im Alltag unseren Atem spüren, der uns Auskunft darüber gibt, wie es uns gerade geht. Wenn wir merken, dass uns die Hektik des Alltags überrollt, ist es gut, dass wir uns in uns selber zurückziehen und uns Zeit nehmen, uns zu spüren: Was braucht unser Körper, um zur Ruhe zu kommen? So können wir immer zurück finden zur inneren Harmonie, die die beste Basis für die Gesundheit unseres Körpers bietet.
Mittwoch, 30. Januar 2013
Gedanken zum Verzeihen
Verzeihen erfordert die Bereitschaft, sich bewusst mit dem, was passiert ist, auseinanderzusetzen, sich selber als Opfer und die andere Person als Täter zu sehen und zu spüren. Das bedeutet auch, allen Gefühlen darum herum Raum zu geben. Solange Schmerz und Wut aufquellen, sobald die Erinnerung an das, was geschehen ist, aufsteigt, ist das Verzeihen nicht möglich. So erfordert das Verzeihen ein Geschehen, das wir nicht steuern können. Im Zug dieses Geschehens lösen sich die festgefahrenen Gefühle und Gedanken und machen einem weiteren Feld des Wahrnehmens Platz. Ein größeres Bild öffnet sich.
Verzeihen heißt, aus der Opfer-Täter-Verstrickung auszusteigen. Ich höre auf, mich auf meine Verletzung zu konzentrieren und daran zu leiden. Solange ich darauf fixiert bin, dass mir Unrecht geschehen oder Böses widerfahren ist, hänge ich fest – an dem, was geschehen ist, und an der Abwertung der anderen Person. Es gibt solange einen Täter, solange es ein Opfer gibt. Verzeihen heißt also auch, den Täter aus der Täterschaft zu entlassen. Damit erst werde ich frei von meinem Opfersein. Ich nehme mich an in meiner Würde, die unverletzlich ist, die immer da ist, gleich was mir geschieht oder angetan wird. Aus dieser Würde heraus kommt echtes Vergeben. Und ich anerkenne auch die unverletzliche Würde des Täters, die nicht betroffen ist von der Unbewusstheit, Eingeschränktheit und Selbstvergessenheit, die ihm bei dem, was mich verletzt hat, unterlaufen ist.
Verzeihen heißt, die andere Person, die mich verletzt hat, in ihrer eigenen Verletzungsgeschichte zu sehen, ohne dass ich mich selber dabei überlegen fühle.
Ich kann erst verzeihen, wenn ich erkannt habe, dass die andere Person mich nicht einfach aus einem persönlichen charakterlichen Mangel schlecht behandelt hat, sondern weil sie aufgrund ihrer eigenen Geschichte und momentanen Stimmungslage in jener Situation nicht besser handeln konnte.
Dann kann ich erkennen, dass die Handlung, die mich verletzt hat, gar nicht gegen mich gerichtet war, sondern entweder unbedacht geschehen ist (die andere Person war nicht präsent bei der Tat) oder dass die Handlung aus Rache geschehen ist – und in Wirklichkeit einem Menschen gegolten hat, der eine Rolle in der Geschichte des Täters spielte und mir der mich der Täter jetzt „verwechselt“ hat.
So kann man sagen, dass im Täter das Opfer aufgestanden ist, um sich endlich zur Wehr zu setzen, wenn auch zur falschen Zeit und am falschen Ort.
Ich kann nur verzeihen, wenn ich verstanden habe, dass Menschen nicht einfach böse sind, sondern böse Handlungen setzen, weil sie selber unachtsam behandelt wurden und deshalb leicht in Situationen kommen, in denen sie nur beschränkt handlungsfähig sind, in denen sie nur eine beschränkte Sicht auf die anderen Menschen haben.
Jemand tritt mir auf die Zehen oder spritzt mich im Vorbeifahren voll, weil er im Stress ist und mich deshalb nicht wahrnimmt. Im ersten Impuls denke ich, der will mir was zu Fleiß tun, im zweiten wird mir klar, dass es da jemand nicht geschafft hat, achtsam genug zu sein – wie auch ich oft nicht achtsam genug bin. Dann kann ich verzeihen.
„Auch ich…“ macht mich gleich mit den anderen Menschen, weder besser noch schlechter, sondern genauso menschlich. Das, was geschehen ist, fügt dem unendlichen Teppich an menschlichen Geschichten eine weitere hinzu. Wenn ich dann genauer hinschaue, erkenne ich vielleicht, dass in dieses Geschehen, das mir so schrecklich verletzend erschienen ist, ein Faden Humor eingewoben ist, gesponnen aus der unausrottbaren Unvollkommenheit der Menschen. So sei mir erlaubt, meine eigene Spielart der Unvollkommenheit zu belächeln.
Montag, 21. Januar 2013
Was ist schon wissenschaftlich?

Diese große Sicherheit, die uns das naturwissenschaftliche Denken vermittelt, macht sie so attraktiv und wir nehmen sie als den Maßstab von Wahrheit überhaupt. Wir wissen zwar, dass die Naturwissenschaften Randbereiche hat, wo ihr eigenes Weltbild nicht mehr taugt, wie in der Quantenphysik, aber deren Eigentümlichkeiten stellen das riesige Feld an Forschungsergebnissen nicht in Frage, die eine große Eindeutigkeit aufweisen. Schließlich beruht die ganze Welt der Technik, die uns umgibt, erfreut und ärgert, je nach dem, auf diesen Zuverlässigkeiten. Deshalb sind wir auch sehr ungehalten, wenn einmal etwas nicht funktioniert, wenn das Handy keinen Empfang hat oder der Computer abstürzt und der Fernseher keine Bilder, sondern nur Flimmern liefert. Allerdings hat sich in diesen Fällen nur eine andere Gesetzmäßigkeit eingemischt und die von uns erwarteten Abläufe unterbrochen. Jede Störung muss genau so sein, wie sie ist, und die Welt erscheint als lückenlos abgesichert und berechenbar.
Wenn da der Mensch nicht wäre… Denn dieser macht der Welt der Kausalitäten einen dicken Strich durch die Rechnung, mit seiner Unzuverlässigkeit und Unberechenbarkeit. Er gerät in Stress, trifft eine Fehlentscheidung, und eine Katastrophe wird ausgelöst wie im AKW Tschernobyl – eine Kette von menschlichem Versagen, und die Technologie, die alle Naturwissenschaftler als sicher propagiert haben, verursacht massive und langdauernde Zerstörungen und fordert Tausende Menschenleben. Die Kernreaktoren haben sich genau an die naturwissenschaftlichen Gesetze gehalten, es waren Menschen, die die falschen Knöpfe gedrückt haben.
Also haben wir zwei Wirklichkeiten, mit denen wir leben müssen: Einerseits die von den Naturwissenschaften ausgerechnete Welt mit ihren eindeutigen Immer-Wenn-Dann-Gesetzen, und andererseits die Welt der Kommunikation. Ich habe schon in zwei Blogbeiträgen über die organische und die universelle Kommunikation geschrieben und die Meinung vertreten, dass es keine Objektwelt ohne Kommunikation gibt.
Das bedeutet, dass all die Gegenstände, die die Naturwissenschaft untersucht, eine Rückseite haben, die nicht naturwissenschaftlich funktioniert, sondern nach den Eigenheiten der Kommunikation. Und hier zeigt das ziemliche Gegenteil der Welt der Berechenbarkeit: Spontaneität, Chaotik, Kreativität, Überraschung.
Kommunikation lebt von der Unberechenbarkeit. Wenn ich sowieso schon wüsste, was mein Gegenüber sagen wird, brauche ich gar nicht erst anzufangen zu reden.
Anorganische Kommunikation
Von dort aus betrachtet, haben die Naturwissenschaften nur eingefahrene Kommunikationsmuster erforscht. Sie sind deshalb so erfolgreich und überzeugend, weil sie die primitivste Form der Kommunikation erforschen. Denn die anorganische Welt ist sehr einfach aufgebaut, und so sind auch die kommunikativen Abläufe, die in ihr wirken, so einfach, dass sie leicht durchschaut werden können.
Die Erde sagt zum Stein, komm herunter zu mir, und er fällt. Beide finden, dass es so stimmt. Die Erde sagt nie etwas anderes zu schweren Gegenständen und die Gegenstände widersprechen nie, also bestätigt sich das Gesetz immer. Warum sollte der Planet auch etwas anderes kommunizieren? Es funktioniert ja bestens und hat dafür gesorgt, dass er seit Milliarden Jahren einen recht soliden Bestand hat. Er braucht auch in diesem Bereich keine Kreativität und keine Freiheit, sonst würde das Sonnensystem sofort auseinanderfallen. Vermutlich weiß er das, und bescheidet sich deshalb mit dieser Einfachheit seines Seins. So spielt er mit im eher eintönigen Konzert der anderen Planeten unter dem Kommando der Sonne und zieht locker und gemütlich seine Bahnen, wie seit Ewigkeiten schon.
Die Gesprächskultur der Pflanzen
Sobald Leben entsteht, entsteht eine komplexere Kommunikation. Eine komplexere Kommunikation braucht einen größeren Wortschatz, neue grammatische und syntaktische Formen und Übersetzungsregeln. Pflanzen müssen eine reichhaltigere interne und externe Gesprächskultur haben als Steine oder Wassermoleküle. Sie müssen nämlich die Sprache der Mineralien beherrschen, weil sie diese in ihr inneres System integrieren müssen, ebenso wie die des Wassers und der Sonne, der Sauerstoff- und Kohlendioxidteilchen ebenso wie die der sie umgebenden anderen Pflanzen. Mit dieser Sprachfähigkeit bewältigen sie die Aufgabe der Photosynthese, steuern ihr Wachstum und passen sich an geänderte Verhältnisse an. Sie machen das in unterschiedlicher Weise, somit entwickelt sich keine Pflanze identisch wie eine andere. Pflanzen haben schon eine ausgeprägte Individualität.
Der Mensch und die Wissenschaft
Noch deutlicher wird dieser Trend zur Steigerung der kommunikativen Komplexität bei den Tieren und erst recht bei den Menschen, die die verbale Sprache erfinden, um ihr aufwändiges Sozialleben gestalten zu können.
Mit Hilfe dieser Sprachfähigkeiten, für die sie ein hochentwickeltes Gehirn brauchen, wächst das enorme Potenzial an Kreativität, das die Menschen schließlich auch die Wissenschaften entdecken lässt. Und deren Erkenntnisse faszinieren sie so, dass sie sich ihnen beinahe bedingungslos verschreiben.
Unter dem Einfluss der Aufklärung, die zunehmend die Gehirne der modernen Menschen imprägniert hat, kommt es zu einer folgenschweren Zweiteilung im Verständnis der Wahrheit. Nun werden auf strahlendem Podest die sicheren Erkenntnisse der Wissenschaften präsentiert, auf denen zunehmend die Gesellschaft aufbaut und die als Richtschnur für politische Entscheidungen genommen werden, und alles andere ist Meinung. Meinung ist subjektiv und jederzeit änderbar und kann deshalb nicht als verbindliche Grundlage für eine gemeinsame Willensbildung dienen.
Zur Eigenart kommunikativer Erkenntnis
Wenn wir wissenschaftliche Forschung betreiben, suchen wir mittels verobjektivierter, messbarer Wahrnehmung und standardisiertem logischem Denken Einsichten zu erlangen, die jeder andere Mensch genauso nachvollziehen kann. Somit hat sie jeder als gültig anzuerkennen. Es gilt dann für alle: Wenn A passiert, wird B passieren. Wer etwas anderes behauptet, stellt sich außerhalb der Gesellschaft.
Wenn wir kommunizieren, passiert meistens etwas anderes, als wir erwarten. Wir reden einesteils, damit sich unsere Erwartungen bestätigen. Wenn wir z.B. einen Befehl erteilen, wollen wir, dass er befolgt wird oder wenn wir die „absolut richtige“ Ansicht haben, wollen wir, dass uns die anderen Recht geben.
Andernteils, und das zeigt uns die Grundform der Kommunikation viel deutlicher, führen wir Gespräche, damit sich unsere Erwartungen nicht bestätigen. Wir wollen etwas Neues erfahren, wenn wir jemanden fragen, was er zu diesem oder jenem Thema meint. Wenn er das Gleiche sagt, was wir denken, fühlen wir uns vielleicht bestätigt, aber es würde uns auf Dauer fad, wenn unser Gesprächspartner immer zustimmt, und dazu noch genau in der Form, wie wir es erwarten. Als anregend empfinden wir Gespräche, wenn wir von der Antwort überrascht werden, und dann von unserer eigenen Reaktion überrascht werden, weil sie etwas enthält, was wir uns vorher noch nie gedacht hatten. Es passiert etwas Unvorhersehbares, etwas Unberechenbares, und das ist typisch für die Welt der Kommunikation.
So sind z.B. die Gedanken für diesen Blogbeitrag in einem Supervisionsgespräch entstanden. Sie wären wohl ohne die Anregungen aus diesem Gespräch so nie gedacht und geschrieben worden.
Es ist wie bei einem Spiel: Wenn wir beim Kartenspiel immer die gleichen Karten bekämen, würde das Spiel sofort seinen Reiz verlieren. Wenn der Partner einer Schachpartie immer genau die Züge machen würde, die ich vorausdenke, würde ich bald die Lust verlieren, mit ihm zu spielen.
Diesen Wesenszug der Kommunikation zu verstehen, erfordert ein Stück des systemischen Bewusstseins: Gespräche laufen dann gut, wenn niemand das Gespräch beherrscht, sondern wenn es das Gespräch ist, das die Gesprächspartner in Bann zieht. Das Gespräch führt die Sprecher.
Friedrich Hölderlin hat geschrieben, dass „ein Gespräch wir sind.“ Damit kann er gemeint haben, dass Menschsein Gespräch-Sein heißt. Wir führen also nicht bloß ab und zu Gespräche, sondern wir bewegen uns permanent in einem kommunikativen Netz, in das wir eingebunden sind, ob wir das wollen oder nicht. In diesem Netz sind wir die Mitspieler, die sich Regeln unterwerfen müssen, die schon vorgegeben sind. Eine dieser Regeln ist, dass kein Mitspieler die Kontrolle über die Regeln übernehmen kann. Somit bleiben alle Mitspieler voneinander abhängig und aufeinander bezogen, und das Geschehen in diesem Netz bleibt unberechenbar und unvorhersehbar, chaotisch und riskant.
Wissenschaft und Kontrolle
Möglicherweise sind die Menschen nur deshalb auf die Idee der Wissenschaften gestoßen, weil sie unter den Unwägbarkeiten der Natur gelitten haben. Wie können wir die Natur unserer Kontrolle unterwerfen, sodass sie unseren Erwartungen entspricht? Wie können wir der Natur einen unbedingten Gehorsam abnötigen? Indem wir ihre Sprache lernen und sie damit so manipulieren können, dass sie unseren Zwecken dient, ohne Widerrede. Das ist das Programm der Naturbeherrschung, der biblische Auftrag an die Menschen, sich die Erde untertan zu machen.
Hinter diesem Herrschaftsprogramm, zu dem die Menschheit aufgebrochen ist und an das sie immer noch glaubt, stecken Ängste und Sehnsüchte, diese Ängste ein für alle Mal und mit absoluter Sicherheit zu bannen. Niemals mehr soll mir ein Gewitter etwas anhaben können oder die winterliche Kälte oder der Hunger.
Schon oft wurde in diesem Blog Rolle der Angst erwähnt. Angst kommt von Enge – Angst treibt an und mobilisiert Energien. Angst beschränkt aber auch unsere Möglichkeiten und verengt unser Blickfeld. Die Angst fordert uns dazu heraus, die Umgebung zu kontrollieren, also darauf zu achten, dass nichts Überraschendes passiert, was potenziell immer gefährlich sein könnte. Wir suchen Eindeutigkeiten und Zuverlässiges. Wir werden unwirsch, wenn unsere Erwartungen enttäuscht werden, weil es uns verunsichert.
Da kommt uns die Naturwissenschaft mit ihren gesetzmäßigen Aussagen zu Hilfe. Auf solche Erkenntnisse ist Verlass. Alles, was jedoch aus der kommunikativen Ecke kommt, ist riskant und muss gemieden werden.
Angst verödet jedoch die kommunikative Landschaft. Unter ihrem oft subtilen Einfluss werden die Gespräche flach. Misstrauen schleicht sich ein. Der Fluss versiegt, es kommt zu Missverständnissen und Irritationen. Die Ideen versiegen, und die Worte gehen im Kreis, statt neue Tore zu öffnen.
Die kommunikative Spielwiese
Deshalb wäre es an der Zeit, dem wissenschaftlichen Denken den Platz zu geben, der ihm gebührt, einen wichtigen und respektablen, aber keinen universell gültigen. Gleichrangig neben ihm braucht die Welt der Kommunikation eine große Spielwiese, in der es keine starren Regeln und Gesetzmäßigkeiten geben darf, sondern auf der die Welt in jedem Moment neu erfunden und gestaltet werden darf.
Wenn wir dem Leben eine Richtung in die Freiheit und ins Erwachen zur Schönheit und zum Reichtum dessen, was ist, geben wollen, dann sollten wir immer wieder den Weg aus den Ängsten und Kontrollsüchten finden. Dann zeigt sich das Leben zeigt sich uns als diese bunte Mischung voll von Verlässlichkeiten und Überraschungen, von bestätigten und enttäuschten Erwartungen, von Routine und Spontaneität.
Friedrich Hölderlin: Friedensfeier (Auszug)
Viel hat von Morgen an,
Seit ein Gespräch wir sind und hören voneinander,
Erfahren der Mensch; bald sind wir aber Gesang.
Und das Zeitbild, das der große Geist entfaltet,
Ein Zeichen liegts vor uns, dass zwischen ihm und andern
Ein Bündnis zwischen ihm und andern Mächten ist.
Nicht er allein, die Unerzeugten, Ewgen
Sind kennbar alle daran, gleichwie auch an den Pflanzen
Die Mutter Erde sich und Licht und Luft sich kennet.
Zuletzt ist aber doch, ihr heiligen Mächte, für euch
Das Liebeszeichen, das Zeugnis
Dass ihr noch seiet, der Festtag.
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