Was können empathische Menschen den Soziopathen und Narzissten entgegensetzen, fragt sich Sacha Slone auf ihrer Webseite „Selfknowledge daily“. Sie sind in der Realität verankert, fähig zu abstraktem Denken, und sie sind kreativ. Den Manipulatoren fehlen diese drei Qualitäten. Sie weisen also mehrfache Defizite im Sozialverhalten auf, die eigentlich dafür ausreichen müssten, dass sie in eine Außenseiterposition gelangen. Autisten, denen es ebenfalls an sozialen Fähigkeiten mangelt, müssen schauen, wie sie am Rand leben können, Soziopathen dagegen etablieren sich in der Mitte der Gesellschaft und drehen dort auf und rühren um, ohne dass es nennenswerte Gegenreaktionen gibt.
Sacha Slone vertritt die Meinung, dass empathische Menschen Narzissten nicht in die Schranken weisen, weil sie moralischen Werten folgen wollen. Sie wollen auch nicht anderen Schaden zufügen. Sie sind tolerant und rücksichtsvoll. Und deshalb lassen sie sich nicht auf die Machtspiele der Manipulatoren ein. Das führt aber häufig dazu, dass diese dann niemanden haben, der sich ihnen in den Weg stellt, und die toleranten Empathiker werden folglich indirekt zu den Opfern der Manipulatoren, die an den Hebeln der Macht schalten und walten.
Deshalb gilt es ein Missverständnis aufzuklären, wie schon in dem Artikel über die Grenzen der Toleranz erklärt wurde. Toleranz muss sich schützen, sonst wird sie von den Intoleranten hinweggefegt. Und dazu muss sie sich ihrer sozialen Intelligenz bedienen, die genauso manipulativ sein kann, wie die der Manipulatoren. Sie muss sich nur selbst erlauben, sich dieser Mittel zu bedienen und das schlechte Gewissen, das damit verbunden ist, beiseitelassen.
An dieser Grenze scheiden sich die Gutmenschen von den Menschen guten Willens. Die Gutmenschen wollen niemandem wehtun. Sie sind überempathisch, indem sie sich selber übersehen und übergehen. Damit werden sie zu den Opfern der Rücksichtslosen. Die Menschen guten Willens wissen, dass es Situationen gibt, in denen sie andere verletzen müssen, um sich selbst und die eigenen Werte zu schützen. Sie wissen, dass sie eine Verpflichtung haben, ihre Kompetenzen einzusetzen, um ein Verhalten einzudämmen, das den Zusammenhalt der Gesellschaft schädigt und die menschliche Solidarität untergräbt, um eigene egoistische Ziele zu fördern. Menschen mit mangelhaftem Sozialverhalten müssen aus den Zentren der Gesellschaft gedrängt werden, weil sie nicht in der Lage sind, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Und um das zu erreichen, müssen die Waffen, die sie einsetzen, gegen sie selbst gerichtet werden. Ähnlich wie ein Tai-Chi-Kämpfer die Aggression des Angreifers gegen diesen selbst lenkt, braucht es Strategien der intelligenten und kreativen Gegenmanipulation.
Was braucht ein guter Tai-Chi-Kämpfer? Er muss mit seinem „Chi“ in Verbindung sein, mit seiner inneren Kraft und seinen inneren Werten, die daraus erwachsen. Er braucht den klaren Bezug zur Realität, zur äußeren Wirklichkeit, und er kann dabei unterscheiden zwischen Fakten und Illusionen, zwischen dem, was der eigene Kopf produziert und das, was sich außerhalb von ihm befindet. Er weiß also, dass der Aufenthalt in „postfaktischen“ Gefilden riskant ist für die innere Befindlichkeit und die äußere Sicherheit. Er verfügt über ein klares Denken, das ihm hilft, die eigenen Ressourcen und die des Gegners abzugleichen sowie das eigene Verhalten schnell zu korrigieren, wenn es nichts fruchtet. Seine Empathie ermöglicht ihm, abzuschätzen, was im Anderen vor sich geht, und wo seine Schwachpunkte sind. Er kann auch rechtzeitig innehalten, wenn der Gegner bezwungen ist, ohne ihn herabzuwürdigen.
Und er braucht Humor, der sich auch in einem inneren Lächeln ausdrücken kann. Was Narzissten am wenigsten aushalten, ist, wenn das Lächerliche an ihrem Verhalten als solches dargestellt wird. Wer die Lacher auf seiner Seite hat, hat dann recht, wenn er ein komisches oder absurdes Verhalten aufzeigt, ohne dabei die Person lächerlich zu machen. Die Härte, mit der die Manipulation zumeist auftritt, wird mit Humor am besten durchbrochen.
Manipulation von Emotionen
Narzissten wollen Emotionen manipulieren. Unbewusst schicken sie ihre Projektionen aus, indem sie z.B. vorgeben zu wissen, was in der anderen Person vor sich geht. Damit wollen sie die andere Person in ein inneres Drama, das gerade in ihnen abläuft, einbinden, damit das Drama im Außen ausgetragen werden kann. Natürlich können sie sich nicht in die andere Person hineinversetzen, sondern folgen einer inneren Realität, die sie jedoch für äußerlich voll verbindlich erachten und die sie deshalb unbedingt verteidigen wollen.
Deshalb macht es keinen Sinn, der anderen Person ihre Sichtweise abzusprechen, auch wenn sie einem selber als falsch und übergriffig erscheint; das ist ja genau das, was sie selber tun, und sie merken es sofort, wenn jemand mit ihnen macht, was sie, ohne es zu merken, anderen antun. Statt dessen kann man ihnen ihre Sichtweise zugestehen, aber zurückweisen, dass sie für einen selber richtig ist. Etwa in der Art: „Wenn du dich so fühlst, tut es mir leid. Ich kann akzeptieren, dass du mich so wahrnimmst. Das entspricht aber nicht meiner Wahrnehmung über mich. Und für deine Gefühle übernehme ich keine Verantwortung.“
Dabei ist es hilfreich, den eigenen Atem zu spüren und in sich selber verankert zu bleiben. Auch wenn vielleicht zunächst Ärger entsteht, wenn eine narzisstische Projektion von außen trifft, darf sich das Innere beruhigen. Dann kann das Problem dort belassen werden, wo es ist: In der anderen Person. Der Versuch der Unterschiebung des Problems ist gescheitert. Der Narzisst muss schauen, wie er mit seinen Gefühlen zurechtkommt.
Vgl. Über die Grenzen der Toleranz
Die Unausweichlichkeit der offenen Gesellschaft
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