Negative Glaubenssätze prägen das Innenleben und die Außendarstellung, also das Erscheinungsbild, das wir nach außen hin abgeben. Wir nehmen eine andere Körperhaltung ein, wenn wir unter dem Einfluss eines selbstabwertenden Glaubenssatzes stehen. Die Augen schauen anders drein. Unsere Atmung und unser Herzschlag verändern sich. Vermutlich senden wir andere Duftstoffe aus. Wir stehen unter Stress und wirken beunruhigend auf andere, auf die sich der Stress überträgt, ohne dass sie es merken. Diese Außenwirkungen werden auf der unbewussten Ebene kommuniziert.
Der unbewusste Kommunikationskanal ist für
das Phänomen verantwortlich, dass unsere Umgebung uns die Glaubenssätze
zurückspiegelt. In diesen Fällen bekommen wir durch das Verhalten unserer
Mitmenschen die Botschaft, dass es mit unseren Glaubenssätzen, also mit den selbstverleugnenden
Annahmen über uns selbst, seine Richtigkeit hat. Wir erhalten die Bestätigung
für unsere negative Selbsteinschätzung.
Wir haben diese Sätze in unseren frühen
Lebensphasen gebildet, wie im vorigen Blogartikel beschrieben. Die Ausgangspunkte
waren die Beobachtung des Verhaltens der Erwachsenen, unsere emotionalen
Reaktionen auf dieses Verhalten und die Anpassung an die Botschaften der Eltern.
Emotional wirksame Glaubenssätze sind also immer Resultate aus frühen kommunikativen
Erfahrungen. Sie bilden dann eine Art Grundgerüst für das entstehende Selbstkonzept.
Selbstkonzept und soziale Rückkoppelung
Dieses Selbstkonzept wird zur Basis der
eigenen Identität, selbst wenn es selbstschädigende Element enthält. Unser
Verhalten wird vom Unbewussten so gelenkt, dass es die Bestätigung dieser
Identität wahrscheinlicher macht. Deshalb kommt es zu selbstsabotierenden Handlungen,
die scheinbar widersinnig sind, weil sie den bewussten Intentionen entgegenwirken.
Jemand will beim Personalchef eine Gehaltserhöhung erreichen und kommt zum
Termin zu spät, weil er sich mit einer attraktiven Kollegin verplaudert. Der Personalchef
zweifelt an der Pünktlichkeit und Verlässlichkeit des Mitarbeiters, ist verärgert
und verschiebt die Gehaltserhöhung. Die im Unbewussten gespeicherte Botschaft:
„Ich bin nicht gut genug“ hat ihre Wirkung getan und für die Bestätigung
gesorgt, indem sie das Einhalten des Termins sabotiert hat.
Unser Unbewusstes sendet fortwährend Botschaften
aus, die im Unbewussten unserer Mitmenschen ankommen und die dann aus ihrem
Unbewussten darauf reagieren. Lautet diese Botschaft z.B. „Ich bin nicht
liebenswert“, so wird in den anderen Personen die entsprechende Reaktion angeregt.
Sie finden die Person z.B. nicht sympathisch oder interessant und gehen ihr aus
dem Weg. Aus diesem Verhalten liest das Unbewusste die Bestätigung der Annahme,
nicht liebenswert zu sein.
Musterbestätigung und Heilungsversuche
Manchmal wundern wir uns, wieso wir es immer
wieder mit Menschen zu tun haben, die uns regelmäßig auf die Palme bringen
können – Freunde, Beziehungspartner, Kollegen, Vorgesetzte. Was uns so leicht irritiert
und verärgert, hängt mit den
Glaubenssätzen zusammen, die wir in uns tragen. Unser Unbewusstes sucht die
Bestätigung für diese Annahmen über uns selbst und lädt gewissermaßen unsere
Umgebung dazu ein, uns diese Bestätigung zu geben. Wenn wir von uns glauben,
dass wir tollpatschig sind, dann braucht es uns nicht zu wundern, wenn wir
Leute um uns haben, die uns wegen jeder Unbeholfenheit oder Ungeschicklichkeit kritisieren.
Wir verhalten uns in schwachen Momenten genau so, dass wir die exakt passenden Rückmeldungen
bekommen, die in die Kerbe unserer inneren Selbstabwertungswunde schlagen und
sie wieder aufreißen.
Unser Unbewusstes sucht Verbündete für
seine Muster und knüpft Verbindungen zu anderen Menschen, die uns sympathisch
erscheinen, weil sie ein ähnliches oder ein diametral entgegengesetztes
selbstabwertendes Muster in sich tragen. Der Volksmund kennt beide Richtungen:
Gleich und Gleich gesellt sich gerne, und das scheinbare Gegenteil: Gegensätze
ziehen sich an. Was die beiden Richtungen verbindet, ist das Thema, das von
einem unbewussten Glaubenssatz vorgegeben wird. Im einen Fall suchen wir gleichbetroffene
Opfer, die uns im Opferstatus bestätigen. Im anderen Fall trachten wir nach einer
Stellvertretung für die Täterperson, von der wir unbewusst erhoffen, diesmal nicht
zum Opfer gemacht zu werden. Wir wünschen uns gerade besonders sehnlich, von
denjenigen Menschen verstanden und akzeptiert zu werden, denen das am schwersten
fällt – wiederum die Wiederholung von Kindheitserfahrungen.
Das Unbewusste sucht also auch Kontakt zu
Menschen, die aufgrund der eigenen Prägung intuitiv spüren können, wo unsere
eigenen Schwachstellen liegen, und die dann genau mit ihren Reaktionen dorthin
zielen und uns in der Tiefe zu treffen vermögen. Es gibt die Erwartung nicht
auf, dass es diesmal besser werden könnte und endlich kommt, was in der
Kindheit so schmerzlich offen geblieben ist.
Manchmal suchen Menschen in ihren
Beziehungen einmal die eine Variante und einmal die andere und oszillieren
zwischen beiden Polen. Unzufrieden mit zu viel Gleichklang in der Verletztheit,
also im Opferstatus, gehen sie zu jemanden, der das entgegengesetzte Muster in
sich trägt und den Täter repräsentiert. Er soll endlich von der Last befreien
und den Fluch aufheben, der im negativen Glaubenssatz beschlossen ist. Da hier
aber trotz aller Anstrengungen das erhoffte Verständnis nicht kommt, wird
wieder die erste Variante gewählt. Der Wechsel zwischen Sicherheit und
Abenteuer ist das äußere Merkmal dieser Beziehungsdramaturgie. Das Unbewusste
führt die Regie, solange, bis die unbewusst wirkenden Glaubenssätze gehört und
verstanden werden und die Wurzelverletzungen geheilt sind.
Zum Weiterlesen:
Die Macht der Glaubenssätze
Glaubenssätze und Scham
Gefühle machen Gedanken machen Gefühle
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