Die Zunahme der Kaiserschnittgeburten wir hier als Anzeichen der erneuten Durchsetzung patriarchaler Strömungen verstanden werden: Die noch immer zum größten Teil männlichen Gynäkologen machen sich ihre Arbeit leichter, Geburten sind schön planbar und risikoärmer, und im privaten Bereich können sie ihr Bankkonto durch den operativen Eingriff zusätzlich auffetten. Das Weibliche, das im Gebären eine unbestreitbare Domäne innehat, wurde der männlichen Macht unterworfen, denn beim Kaiserschnitt ist es der Arzt, der die Geburt vornimmt, während die Mutter bewusstlos ist. Das Gesundheitsrisiko liegt bei Mutter und Kind, während die Ärzte aus dem Schneider sind. Denn Richter glauben, dass Kaiserschnitte nicht nur die ultima, sondern sogar die optima ratio in der Geburtshilfe sind. Das ist die eine Seite der "Medaille", auf der sich materialistisches, technokratisches und patriarchalisches Denken verbünden.
Die andere Seite ist die der Frauen selber. Abgesehen von den Vertreterinnen der natürlichen Geburt gibt es offenbar kein brennendes Interesse im Rahmen der feministischen Bewegungen an dieser Thematik. Die steigenden Kaiserschnittzahlen sind offenbar kein feministisches Thema. Vielmehr konzentrieren sich wichtige feministische Strömungen allein auf die Gewährleistung maximaler Entscheidungsfreiheit für die Frauen und unterstützen deshalb häufig kritiklos den Kaiserschnitt.
Tatsächlich wird die Diskussion um den Kaiserschnitt stärker von neutralen Institutionen vorangetrieben, wie der WHO, die eine Kaiserschnittrate von 15% als vertretbar ansieht und Staaten mahnt, in denen die Kaiserschnittrate darüber hinausgeht. Der WHO geht es um die Erhaltung der Gesundheit und der Verringerung von Risiken, für Mütter und für Kinder. Dort hat sich herumgesprochen, dass höhere Kaiserschnittraten höhere Risiken sowohl für die Mütter als auch für die Kinder bedeuten. Der Mythos der höheren Sicherheit des Kaiserschnittes im Vergleich zur natürlichen Geburt ist längst entlarvt. Allerdings wissen das eher Wissenschaftler und Statistiker als das allgemeine Bewusstsein. Viele Menschen denken, dass der Kaiserschnitt die größte Sicherheit für Mütter und Kinder bietet, und diesem Bewusstsein folgen auch viele Ärzte und anderen verantwortlichen Personen im Gesundheits- und Rechtswesen.
Genauer betrachtet, wird die feministische Idee durch jeden medizinisch nicht indizierten Kaiserschnitt in ihrem Mark getroffen. Denn es werden Frauen in dem Bereich entmündigt, den sie von der Natur als das ganz zentral Weibliche übertragen bekommen haben. Das Gebären ist der Kern weiblicher Fruchtbarkeit und schöpferischer Kraft. Kaiserschnittgeburten, die keiner medizinischen Notwendigkeit unterliegen, entreißen den Frauen diese ihre Kraft, und sie wandert zu den überwiegend männlichen ärztlichen Geburtshelfern, die ohnehin nichts damit anfangen können.
Schwangerschaft und Geburt ist etwas, was den Männern grundsätzlich, also von Natur aus, unzugänglich ist. Auch mögliche zukünftige Entwicklungen, die dahin führen, dass einem biologischen Mann eine Gebärmutter eingepflanzt wird, die ihn dann in die Lage versetzt, Kinder zu gebären, ändert daran nichts, weil der Mann dann in einem wesentlichen Teil der Biologie zu einer Frau wird.
Kaiserschnitte bergen kurz- und langfristige Risiken, die die Mütter und die Kinder betreffen. Es sind physiologische und psychologische Belastungen, die auftreten können. Deshalb ist es wichtig, dass ein Bewusstsein für die problematischen Aspekte von Kaiserschnitten geschaffen wird, sodass diese Geburtsmethode wieder den Stellenwert bekommt, der ihr eigentlich zusteht: Im Fall der akuten Lebensbedrohung für Mutter oder Kind den natürlichen Gebärvorgang zu unterbrechen und mit dem operativen Eingriff zu einem vorzeitigen Ende zu führen. In allen anderen Fällen sollten natürliche Geburten durchgeführt werden, und es sollte alles getan werden, um die Mütter dazu zu ermutigen und sie dabei zu unterstützen. Es sollte umgekehrt notwendig werden, dass jeder Kaiserschnitt sorgfältig gerechtfertigt werden muss, eine Entwicklung, die dadurch in Gang kommen könnte, dass erstmals Klagen von Müttern, die zu einem medizinisch nicht indizierten Kaiserschnitt gedrängt wurden, vor Gericht verhandelt werden.
Es bedarf der Bewusstseinsbildung, und Bewusstseinsbildung ist Aufklärung, und Aufklärung heißt immer wieder, einer Unmündigkeit zu entrinnen. Es ist die Unmündigkeit, die durch die Vernachlässigung der Erste-Person-Perspektive die gesamte Gesellschaft mitbetroffen hat, Männer wie Frauen, die sich aber im Bereich des Gebärens besonders schädigend auf die Mütter und ihr Selbstbewusstsein auswirkt. Jeder Frau wird durch den Kaiserschnitt der Vollzug ihrer Weiblichkeit im wichtigsten Thema ihrer Fruchtbarkeit weggenommen, und das sollte eine starke Betroffenheit auslösen und dazu führen, dass jeder Kaiserschnitt gründlich überlegt und abgewogen wird. Die Abwägung dieser Aspekte sollte also einen wichtigen Stellenwert in der Entscheidung für oder wider Kaiserschnitt einnehmen. Frauen leiden nach dem Kaiserschnitt unter dieser Beschneidung ihrer schöpferischen Kraft, wie TherapeutInnen bestätigen, die mit den betroffenen, häufig traumatisierten Frauen arbeiten. Kaiserschnitt-Mütter fühlen sich verständlicherweise in ihrem Selbstwert beschnitten, so, als wären sie der Natur und ihrem Kind etwas schuldig geblieben.
Es mag seltsam klingen, wenn ein Mann über ein Thema schreibt, das, wie beschrieben, in den Kernbereich des Weiblichen fällt. Doch sollte nach mehr als hundert Jahren Feminismus klar sein, dass es den Männern nicht gut gehen kann, wenn die Frauen nicht in ihren Rechten und in ihren Kräften stehen können. Jede Schwächung der Frauen ist auch eine Schwächung der Männer, weil diese dann Lasten zugemutet bekommen, die nicht zu ihnen gehören: Im Zusammenhang mit diesem Thema: Zu wissen und zu entscheiden, was für eine gebärende Frau der beste Weg ist, ihr Kind zur Welt zu bringen. Dazu kommt, dass es ein gesamtgesellschaftliches Ziel sein sollte, unseren Kindern den bestmöglichen Start ins Leben zu bieten.
Deshalb kann es auch ein Männeranliegen sein, den Feminismus zu fördern und von ihm zu fordern, sich mehr um das so zentral weibliche Thema der Geburt und des Gebärens zu kümmern. An den Männern ist es, die volle Bereitschaft zu bekunden, diesem Raum des Weiblichen Sicherheit und Wertschätzung zu geben. Denn dieser Raum ist der Raum des Mysteriums der Entstehung des menschlichen Lebens.
Vgl. Der Kaiserschnitt - die Geburtsmethode der Zukunft?
Zu dem Thema fand im Rahmen der 9. österreichischen Atemtage 2016 eine Podiumsdiskussion statt, die aufgezeichnet wurde und hier angeschaut werden kann.
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