Das Miteinander-Verbundensein nennen wir Liebe. In diesem Sinn liebt der Stein den Untergrund, auf dem er liegt, und der Baum die Erde, aus der er seine Nährstoffe zieht, es liebt der Planet sein Zentralgestirn und der Wind die Wolken.
Liebe kann kein Gefühl sein, weil Gefühle kommen und gehen, wie sie unser Organismus im Zusammenwirken mit Außenreizen produziert. Gefühle sind soziale Orientierungssignale, die uns eine beschränkte Einsicht in unsere Befindlichkeit und in unsere Umgebung erlauben. Weil die Erfahrung von Liebe mit Gefühlen verbunden sein kann (vor allem, wenn wir verliebt sind), verwechseln wir die Liebe mit einem bestimmten Gefühlszustand.
Wenn wir uns verlieben, erleben wir Verbundenheit. Wir bekommen einen Einblick in das, was wirklich ist. Diese Erkenntnis kann so erhebend und intensiv sein, dass wir denken, dass es dieses Gefühl ist, worauf es ankommt. Das hieße aber, dass die Liebe abhängig ist von einem Gefühlszustand: Produziert unser Organismus bestimmte Hormone, lieben wir, wenn nicht, lieben wir nicht. Liebe wäre eine Folge von Drüsensekretionen: Man sagt es mir in jeder Analyse, die Liebe ist nichts als die Krise einer Drüse (Georg Kreisler).
Manche Menschen begründen die Entscheidung für eine Lebensform auf Gefühlen und wundern sich, wenn diese Lebensformen dann scheitern. Alles, was sich auf Gefühlen begründet, kommt und geht wie diese.
Erst wenn wir erkennen, dass Gefühle ein Beiprodukt der Erfahrung der Liebe sein können, werden wir frei für die eigentliche Erfahrung der Liebe, die ganz unspektakulär sein kann.
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