Dienstag, 10. März 2015

Was ist dran an der „Weizenwampe“?

Ich bekam das Buch von William Davis „Weizenwampe“ geschenkt. Da mir der Schreibstil und die Argumentationsweise des Buches nicht gefällt, habe ich es nur überflogen und mich anderweitig über das Thema informiert. Hat schon das Lesen in dem Buch meinen Magennerven nicht besonders gut getan (und weniger wegen den Horrormeldungen, die darin vorkommen, als in der reißerischen und aggressiven Art des Schreibens), so erst recht ein Vergleich mit dem, was Wissenschaftler und erfahrene Praktiker zu dem Thema sagen.

Zunächst die These: Davis behauptet, dass der Konsum von Weizen an vielen Erkrankungen ursächlich beteiligt ist und dass die Abkehr davon nicht nur Gewichtsprobleme reduziert, sondern auch die meisten Gesundheitsprobleme löst. So wird ein Kapitel übertitelt: „Runzelig, buckelig und halb erblindet“, so endet der Weizenesser, und natürlich stirb er früher als die Weizenverzichter. An anderer Stelle wird Weizenessen mit Rauchen und Drogenkonsum verglichen, Weizen habe „in der ganzen Welt eine Spur der Verwüstung hinterlassen.“

Wie schaut es in Wirklichkeit aus? Wie bei jeder Polemik und Wahrheitsverzerrung gibt es einen Kern, der stimmt. Es gibt Menschen mit Zöliakie (gluteninduzierte Darmerkrankung), für die es wichtig ist, auf Gluten und Weizen zu verzichten. Aber glücklicherweise sind davon nur ca. 0,3% der Weltbevölkerung betroffen. Dazu gibt es andere Krankheitsbilder oder Allergien, bei denen der Weizen eine Rolle spielt. Für mindestens 95% der Bevölkerung gelten die Aussagen nicht, für sie ist der Verzehr von Weizen unproblematisch und bietet viele gesundheitliche Vorteile (Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe).

Dass eine glutenfreie Ernährung zur Gewichtsabnahme führen könnte, wie Davis behauptet, ist nirgends belegt. Das Buch strotzt leider von unzulässigen Verallgemeinerungen, ungenau oder falsch zitierten Studien und nicht bewiesenen Behauptungen.

Wer Probleme mit seiner Gesundheit, und insbesondere mit der Verdauung hat, tut gut daran, abzuklären, ob sein Körper autoimmune, intolerante und allergische Reaktionen zeigt. Bei einigen Menschen wird es dazu führen, auf Weizenprodukte zu verzichten. Daraus aber eine Untergangs- und Erlösungstheorie für die gesamte Menschheit zu basteln, ist unverantwortlich. Ängste zu schüren, statt fundiert aufzuklären, mit enormem Werbeaufwand (facebook etc.) Verunsicherung in die Köpfe der Konsumenten zu pushen,

Haben wir nicht schon genug Verschwörungstheorien? Ist es wirklich sinnvoll, ein Produkt der Natur, das im Lauf der Menschheitsgeschichte Milliarden von Menschen das Überleben ermöglicht hat, zu dämonisieren? Ich stelle mir gutmeinende Eltern vor, die nach dem „Verzehr“ des Buches mit ihren Kindern durch die Felder spazieren und ihnen erklären: „Schau, ein Weizenfeld, da wird eine schädliche Pflanze angebaut.“



Und sicher: Wir sollten uns nicht ausschließlich von irgendwas ernähren, auch nicht von Weizen, und wir sollten darauf achten, dass die Vielfalt der Arten erhalten bleibt und die Züchtungen nicht in Sackgassen führen. Wir sollten organischen Anbau vor industriellem bevorzugen und durch unseren Konsum fördern. Und wir sollten Horrormeldungen, auch wenn sie in einem weißen Mantel und mit dem Anschein der Seriosität vorgetragen werden, überprüfen und uns selber ein Urteil bilden.

Wir sind noch immer die ersten und hauptsächlichen Experten unserer eigenen Gesundheit durch unseren direkten Draht zu unserem Körper. Pflegen wir diese innere Kommunikation, tun wir mehr für unser Wohl als durch die Lektüre von polemischen Büchern und durch die Verbreitung der damit verbundenen Vereinfachungstheorien.

Statt „Weizenwampe“ empfehle ich als Lektüre ein Interview mit dem Gastroenterologen, Diabetologen und Internisten Prof. Holtmeier.

2 Kommentare:

  1. Schade, dass die für dich nicht passende Form der Darbietung, dich von der Wahrnehmung der gesundheitlich wichtigen Informationen abgehalten hat.
    Ernormer Werbeaufwand wird wohl eher auf anderer Seite betrieben, um die im Buch dargelegten Beobachtungen zu verschleiern.
    Habe die Horrormeldung im Buch überprüft (selbst getestet) und für seriös befunden.

    Grüße
    Ludwig Hirth

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  2. Es kann schon sein, dass dir der Selbsttest - ich nehme an, der Verzicht auf Weizenprodukte - geholfen hat, das stimmt sicher für alle, die eine allergische Reaktion auf Weizen haben. Das bestreite ich sicher nicht. Ich bin nur gegen Pauschalisierungen und Vereinfachungen.
    Alles Gute
    Wilfried Ehrmann

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