Unter den fast 3 Millionen Soldaten, die das Eiserne Kreuz während des 2. Weltkrieges erhalten haben, waren sicher auch viele Österreicher, wenngleich sie im staatsrechtlichen Sinn zu diesem Zeitpunkt keine Österreicher waren, weil es offiziell kein Österreich mehr gegeben hat. Die Nationalsozialisten haben bekanntlich nicht nur den Staat im gesamtdeutschen Reich aufgelöst, sondern auch den Namen und seine Anwendung verboten. Also haben die Österreicher, die das Eiserne Kreuz erhalten haben, dieses als deutsche Staatsangehörige erhalten. 1945, nach dem Ende des Nationalsozialismus und der Wiederherstellung von Österreich haben sich diese dann von deutschen Staatsbürgern wieder in österreichische verwandelt.
Die Eisernen Kreuze, die während des 2. Weltkrieges verliehen wurden, trugen alle ein Hakenkreuz im Zentrum. Dieses ist als Symbol im Rahmen des Verbotes der Wiederbetätigung, zu dem sich Österreich im Staatsvertrag verpflichtet hat, verboten, während das Verbot des Eisernen Kreuzes 1957 aufgehoben wurde. Es ist also zulässig, ein Eisernes Kreuz in der Öffentlichkeit aufzustellen und zu tragen.
Wollte man jedoch mit der Aufstellung eines Eisernen Kreuzes der österreichischen Träger des Eisernen Kreuzes gedenken, gibt es diese zwei Schwierigkeiten: Kein „Österreicher“ hat je als Österreicher das Eiserne Kreuz erhalten, sondern nur preußische und später deutsche Wehrmachtsangehörige (darunter auch welche aus dem damals ehemaligen Österreich), und diese verliehenen Orden waren alle mit einem Hakenkreuz versehen. Wenn nun jemand behauptet, mit dem Eisernen Kreuz solle an die Heldentaten von Österreichern im 2. Weltkrieg erinnert werden, müsste er ein originales Eisernes Kreuz mit Hakenkreuz aufstellen, was nicht erlaubt ist. Wird nun eines, wie in Tullnerbach, ohne Hakenkreuz aufgestellt, so möchte man vielleicht darauf hinweisen, dass ja die deutsche Wehrmacht (symbolisiert durch das Eiserne Kreuz) und die Nationalsozialisten (symbolisiert durch das Hakenkreuz) nichts miteinander zu tun hatten.
Viele Veteranen des 2. Weltkrieges flüchten sich in die Theorie, die Wehrmacht habe redlich und „menschlich“ gekämpft, nach den Normen des Völker- und Kriegsrechts, und die Verbrechen seien alle von den bösen SS-Einheiten begangen worden. So einfach ist das leider nicht, es gibt eine Unzahl von Dokumenten, die eindeutig belegen, dass Wehrmachtsangehörige Kriegsverbrechen begangen und in Massenmorde verwickelt waren. Das Böse zieht sich durch alle Teile des Machtapparates durch, und keine der Organisationen kann ihre Hände in Unschuld wachsen.
Das heißt nicht, wie oft dann als Gegenreaktion unterstellt wird, dass alle Wehrmachtsangehörige Verbrecher waren. Abgesehen davon, dass der ganze Krieg als Verbrechen gewertet werden kann, gibt es sicher Millionen von Soldaten, die sich keiner Verbrechen schuldig gemacht haben. Die Mitverantwortung, die jeder Soldat an einem Krieg trägt, insofern er mitkämpft und dazu beiträgt, dass Menschen zu Tode kommen und Werte vernichtet werden, wurde in den meisten Fällen aufgewogen durch den Zwang zum Einrücken und damit der Unterwerfungen unter den Befehlsnotstand sowie durch die Notwehr im Gefecht.
Symbole sind Bedeutungsträger. Durch ihre Verwendung ändert sich ihre Bedeutung. Das Eiserne Kreuz von 1813, wo es an Kämpfer in den Kriegen zwischen Preußen und Frankreich erstmals verliehen wurde, trägt eine andere Bedeutung als z.B. das von 1944, als es dem Vernichter des Warschauer Ghettos überreicht wurde. Seither „haftet“ dieses und alle anderen Verbrechen an dem Symbol, wie auch alle anderen Taten, für die es verliehen wurde. In diesem Wissen schauen uns also auch die Verbrechen an, wenn wir das Symbol betrachten, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht.
Je mehr Klarheit aus dem Wissen über historische Fakten in unsere Urteile einfließt, desto leichter können wir mit der Vergangenheit ins Reine kommen. Wenn wir Symbole nutzen und zur Schau stellen, ohne deren Bedeutung zu reflektieren, verschleiern wir unseren Blick auf die Geschichte und tragen dazu bei, dass auch der Blick der Gesellschaft auf die Geschichte verschleiert bleibt. Damit bleibt die Geschichte im Unklaren und wird sich so lange immer wieder melden, bis wir, die Gesellschaft, bereit sind, sie ohne unsere Vorurteile und vorgeprägten Erwartungen anzuschauen, in all ihren furchtbaren und dunklen Seiten, in all ihren guten und förderlichen Aspekten.
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