Haben wir das alle in uns, dass wir berühmt sein wollen? Und
wie ist es bei denen, die sagen, ich doch nicht? Beschwindeln wir uns dabei
nicht? Schauen wir nicht alle ein Stück von unten nach oben zu denen, die sich
da im Himmel der Celebrities tummeln?
Wir wären keine Menschen (zumindest der westlichen Welt und
Erziehung), wenn wir nicht auch eine narzisstische Ader hätten, also geben wir
es einfach zu! Eine Spielart davon ist eben der Wunsch nach Ruhm und
Bewunderung.
Zu dem Thema eine kleine Fantasie: Herr Einstein trifft
Herrn Müller auf einer Party. Beide stellen sich vor, und Herr Müller fragt
Herrn Einstein, was er denn so macht. Dieser antwortet darauf: „Ich habe die
Relativitätstheorie erfunden.“ Herr Müller meint dazu: „Na, darauf brauchen Sie
sich nicht viel einzubilden. Ich sage immer schon zu meiner Frau, wenn sie sich
über mich aufregt, dass alles relativ ist, ohne dass das eine Wirkung hätte.
Die Relativitätstheorie können Sie vergessen.“
Es wird Millionen von Menschen geben, die selbst von einer
Megaberühmtheit wie Einstein nie etwas gehört haben, Millionen, die nicht
wissen, wer der Dalai Lama und wer Lady Gaga ist.
Was ist wirklich der Unterschied, ob mich 20 Leute kennen
oder 20 Millionen? Bin ich dadurch als Mensch bedeutender und wichtiger, bin ich
dadurch erst besonders und unvergleichlich?
Wir assoziieren viel mit Berühtmheit, Reichtum, Glück,
Einfluss, Freiheit von Sorgen, Besonderheit, Macht usw. Im Grund sehen wir im
Berühmtsein einen Schlüssel zur Angstfreiheit. Wenn wir berühmt wären, dann
könnte es uns nicht mehr passieren, dass uns die Menschen nicht beachten, dass
wir uns hinten anstellen müssen. Statt dessen würden uns die Menschen ganz
wichtig nehmen, sodass es uns an nichts mehr fehlen kann. Wir kriegen von
überall das Beste, an Zuwendung und an Mitteln. Wer berühmt ist, leidet keinen
Mangel mehr und ist seiner Probleme enthoben.
Wir projizieren unsere Wünsche auf die Menschen, die oben auf
der Rampe stehen und den Jubel huldvoll entgegennehmen. Wir sind darin wie die
Kinder, die denken, dass es die Erwachsenen um so viel leichter haben, weil sie
so viel können und haben. In diesen Fantasien erholen wir uns von der
Verantwortung, die wir für unser Leben tragen, und die uns manchmal belastet.
Da hilft es, sich vorzustellen, wie alles gut werden würde, wenn nur der große
Sprung gelingt. Solange uns das Glück nicht hold ist, bis es uns endlich aus
der Mittelmäßigkeit nach oben katapultiert, solange haben wir Grund, am Jammern
und Resignieren festzuhalten.
Unschwer erkennen wir allerdings (und wissen es auch
insgeheim), dass jede dieser Fantasien alle einen Pferdfuß haben – viele
Berühmtheiten leiden unter ihrer Bekanntheit, dass sie jeder auf der Straße
anstarrt oder anredet; andere haben Geld wie Heu und sind trotzdem von nichts
anderem getrieben als davon, noch mehr anzuhäufen; wieder andere werden von
allen bewundert, kriegen aber ihre Finanzen nicht auf die Reihe; noch andere
vereinsamen inmitten ihrer Grandiosität.
Deshalb lesen wir so gerne die Illustrierten, die uns mit
allen Details über Glück und Unglück im Leben der Promis versorgen. Wir werfen
Seitenblicke in ihre Welt, um zu erkennen, dass es dort auch nicht anders
zugeht als in unserer kleinen Welt. Und doch nähren wir dabei unseren Neid: Schön
wäre es doch, dazu zu gehören, sooo viel Geld zu haben, und sooo viele
Verehrer, sooo schön zu sein und sooo klug. Denn damit sagen wir uns selber:
ich mit meinem wenigen Geld und meiner geringen Bekanntheit, meiner
fehlerhaften Schönheit und meiner beschränkten Intelligenz.
Also sollten wir Nicht-Promis immer wieder den Blick zu uns
selbst zurück wenden und, wenn es schon sein muss, unsere Besuche in der Welt
der Promis kurz und bescheiden halten. Wenn wir das tun, dann dazu, um unsere
eigenen Qualitäten wertzuschätzen, das, was wir haben, was wir aus uns gemacht
haben und was wir an Potenzial in uns noch zur Entfaltung bringen können. Wieso
soll ein geliftetes und auf ein bestimmtes Schönheitsideal hinoperiertes
Gesicht schöner sein als das, das wir von der Existenz geschenkt bekommen
haben? Wieso soll das, was wir gut können – Pflanzen zum Blühen zu bringen, für
Ordnung in der Küche sorgen zu können, gut mit Freunden reden zu können usw. –,
also all die Dinge, die wir als klein bezeichnen und vielleicht für
selbstverständlich nehmen, wieso soll all das weniger Wert sein als das Lied
eines Sängers, der sich damit Wochen in der Hitparade hält, ein Bild, das am
Kunstmarkt einen Höchstpreis erzielt oder ein schönes Tor, das die
millionenschweren Beine eines Fußballstars zustande gebracht haben?
Es gibt eine feine Grenze zwischen dem, was wir an den
Begabungen und Leistungen anderer Menschen vorbehaltlos und selbstlos bewundern
und dem, was wir auch gerne wären oder hätten. Im einen Fall anerkennen wir die
andere Person als das, was sie ist, im anderen steckt hinter der Bewunderung
der Wunsch, so zu sein wie die andere Person.
Der Unterschied wird dadurch markiert, ob wir uns mit der
anderen Person vergleichen oder ob wir die andere Person in ihrem Sosein
genauso schätzen können, wie wir uns selber in unserem Sosein wertschätzen.
Sobald wir ins Vergleichen kommen, verlieren wir selber und tun im Grunde auch
der anderen Person unrecht, die ja in Wirklichkeit nicht in Bezug auf uns so
ist wie sie ist, sondern weil sie ganz einfach so ist, wie sie ist.
So tappen wir in eine häufig genutzte Egofalle: Wir
bewundern die Berühmtheit, wollen so sein wie sie und verleugnen dabei uns
selbst. Die einfache Abhilfe besteht darin, zu durchschauen, was wir da
aufführen und unsere eigene Besonderheit zu zelebrieren. Gelegenheit dazu gibt
es wie Sand am Meer, denn schon fast so viele Prominente werden tagtäglich von
der Unterhaltungsindustrie und den Medienmachern produziert, sodass wir der
omnipräsenten Prominenz kaum entkommen können.
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