Donnerstag, 10. Mai 2012

Eisernes Kreuz auf österreichischen Denkmälern

In Tullnerbach bei Wien prangt auf dem Denkmal der Gefallen und Opfer der Weltkriege ein Eisernes Kreuz. Dieses ist ein ursprünglich preußischer Militärorden, gestiftet 1813 vom damaligen König Friedrich Wilhelm III. Nun, wir mögen zu den Preußen stehen, wie wir wollen; wir sind trotzdem in Österreich, und es ist nicht selbstverständlich, einen öffentlichen Platz mit einem Symbol des preußischen Militarismus zu schmücken.

Dazu kommt noch, dass dieser Orden im 2. Weltkrieg  (mit einem Hakenkreuz im Zentrum) nicht nur massenhaft an Wehrmachts- und SS-Soldaten sowie Ordnungspolizisten verliehen wurde, sondern auch an Kriegsverbrecher und Massenmörder gerade für ihre Verbrechen. Der in Klagenfurt lehrende Historiker Dieter Pohl hat dazu einige erschütternde Dokumente veröffentlicht: „Geehrt“ wurden u.a. Jürgen Stroop, der Vernichter des Warschauer Ghettos sowie Rudolf Lange und Friedrich Jeckeln, die für zahllose Mordaktionen in Osteuropa verantwortlich sind. (http://www.zeit.de/2008/24/Eisernes-Kreuz)

Ein Zitat gefällig?  
"So übernahm das Polizeibataillon 309 bereits Ende Juni 1941 die »Säuberung« der gerade eroberten Stadt Białystok. Dabei trieben die deutschen Polizisten Hunderte von Juden in eine Synagoge, steckten diese in Brand und schossen auf alle, die verzweifelt dem Tod zu entkommen suchten. Nur wenige Tage danach machte das Sicherungsregiment 2, also eine Heereseinheit, den Vorschlag, den Bataillonskommandeur Ernst Weis mit der Spange zum EK II zu ehren: »Er persönlich und sein Bataillon waren stets hilfsbereit zur Stelle. Die Säuberungsaktion seines Btl. hat dazu beigetragen, daß Stadt und Umgebung in verhältnismäßig kurzer Zeit befriedet wurden. Er ist der Auszeichnung würdig.«"

1957 wurde der Gebrauch des Eisernen Kreuzes in Österreich wieder erlaubt, aus Gründen, die mir nicht bekannt sind. Vermutlich wusste man damals nicht (oder wollte es nicht wissen), dass das EK mit Kriegsverbrechen assoziiert ist.

Heute wissen wir es. Und heute sollten wir ein Unbehagen empfinden, wenn uns dieses Symbol in der Öffentlichkeit begegnet. Nicht nur, wenn es Rechtsradikalen, Skinheads oder Neonazis am Hals baumelt, nicht nur, wenn es in den deutschen Versionen von Ego-Shooter-Spielen das Hakenkreuz ersetzt, sondern gerade auch dann, wenn es in Stein gemeißelt einen öffentlichen Platz dominiert – und uns fragen, ob das wirklich sein muss.

Auch kann die Frage gestellt werden, ob gerade dieses Symbol dazu dienen kann, der in den Weltkriegen gefallenen Tullnerbacher zu gedenken. Wollen wir sie mit Verbrechern in Verbindung bringen, noch dazu mit Hilfe eines preußischen Symbols? 

Oder was steckt eigentlich dahinter, dass gerade dieser Orden ausgewählt wurde? Es gibt ja auch das Leopoldskreuz (das der Kameradschaftsbund als Logo verwendet), ein österreichisches Pendant zum Eisernen Kreuz – aber nein, es muss das Preußenkreuz sein. Als Anerkennung der Nibelungentreue des Deutschen Reiches zur taumelnden österreichisch-ungarischen Monarchie im 1. Weltkrieg oder im Glorifizieren der Eingliederung des österreichischen Bundesheeres in die Deutsche Wehrmacht 1938? Oder soll den Mitgliedern der Wehrmacht und SS, die aus dem 7 Jahre lange nicht existenten Österreich stammten, und das EK erhalten haben, eine besondere Ehre erwiesen werden?

Der Gemeinderat von Tullnerbach, dem ich die Sachlage zur Kenntnis gebracht habe mit dem Ersuchen, das Eiserne Kreuz vom Denkmal zu entfernen, sieht keinen Anlass zu einer Änderung. Eine aus meiner Sicht fadenscheinige Begründung lautet, dass die österreichisch-ungarische Armee das Eiserne Kreuz als Hoheitszeichen im 1. Weltkrieg verwendet hat, was tatsächlich in einzelnen Fällen in der Luftwaffe vorgekommen ist, weil die Hoheitszeichen der k.u.k.-Armee schlecht erkennbar waren, sodass die Flugzeuge von den eigenen Truppen abgeschossen wurden. Außerdem hat man das Eiserne Kreuz auf Flugzeugen bestehen lassen, die aus Deutschland geliefert worden waren. 

Wenn dem auch so gewesen sein mag, ist das ein recht dünnes Argument. Dennoch, und so kann es auf den Punkt gebracht werden: Der Gemeinderat befürwortet mehrheitlich die öffentliche Zurschaustellung eines preußischen Militärordens, der mit Nazi-Verbrechen in Verbindung steht, mitten in Österreich.

3 Kommentare:

  1. Mir gefällt es, wenn Dinge einen neuen Wert bekommen - einen anderen - w e i t eren - unbefangen - dehnbar - deutbar - befreiend...
    Mir gefällt es, wenn der einstige Missbrauch, verblassen kann, sich auflöst, wir nach vorne schauen, befreit...
    Ich ignoriere nicht, aber ich mag auch nicht mehr klammern, am Dauer-Anprangern...denn Dinge sind wie wir sie behaftet haben - wir etikettieren.
    Meine Tochter durfte schon im Kindergarten ihre Initialen nicht benutzen SS - Sabrina S.
    War ich also sträflich naiv, als mein Herz "Sabrina" flüsterte, als ich ihr meinen ersten Kuss gab?
    Schwarz oder weiß? Aber was ist mit all den Grau?
    Entweder oder? Aber was ist mit sowohl als auch?
    Wir geben den Dingen die Bedeutung, die sie haben....wir tun das. Wir haben also die Macht es anders zu tun, es anders zu deuten, anders zu sehen - zu erweitern...verbreitern...die Sicht und das Herz.
    Und so finde ich es gut...das dieses Kreuz mal für ewtas anderes steht...als...
    ...es darf verblassen - diese dunkle Macht, die da Dunkles schuf und noch heute Dunkles in uns zu wecken vermag. Wie sonst sollte es jemals anders werden...?...wenn nicht so?
    Ich bin überzeugt, das wird unsere Zukunft sein:
    nichts wird mehr "eindeutig" - alles Verhandlungs- oder Erfahrungssache ;-) ...leben wir also mal drauf los...und erfahren die Dinge wie sie heute zu sein scheinen...

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  2. Ich denke, dass die Schatten, die an dem Symbol des Eisernen Kreuzes haften, erst ans Licht. d.h. ins allgemeine Bewusstsein kommen müssen. Sonst ist es nur Naivität und ein Spiel mit der Verharmlosung der Gräuel, die während des Krieges und leider auch im Zeichen dieses Symbols begangen wurden. Dieses Spiel kennen wir von rechtsextremen Kreisen, das ist nur ein Fortspinnen der alten Fehler.

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  3. Hallo Wilfried,

    habe das gerade in Faistenau nahe Salzburg an der Kirche entdeckt. Bin bei der Recherche danach auf deinen Blog gestoßen.

    Link zu einen Panaorama Pic von Google Maps:

    https://bit.ly/2sTprI7


    Das Denkmal ist in Dankbarkeit den gefallenen Helden gewidmet und es ist mit zwei eisernen Kreuzen verziert. Da ich aus Deutschland komme, haben mich die Widmung und die eisernen Kreuze ein wenig irritiert und ich habe mal gegoogelt was es damit auf sich hat.

    Ich verstehe es nicht, dass sowas seit nunmehr 70 Jahren auf österreichischen Dorfplätzen schlummert und niemanden stören tut.



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