Samstag, 11. Januar 2014

Sackgasse Fleischkonsum


Aus einem Bericht der Organisationen Heinrich-Böll-Stiftung, die Umweltorganisation Bund und Le Monde Diplomatique: Prognosen zeigen, dass die weltweite Fleischproduktion von heute 300 Millionen auf 470 Millionen Tonnen im Jahr 2050 erhöht werden muss. Denn in den Schwellenländern wird immer mehr Fleisch nachgefragt. Die Auswirkungen auf die Umwelt dieser Entwicklung sind drastisch: Es wird zu einem enorm wachsenden Flächenverbrauch für Futtermittel komen müssen. Um den erwarteten Konsum zu stillen, müssen sich allein die Produktion von Sojabohnen von derzeit 260 auf weltweit 515 Millionen Tonnen fast verdoppeln, heißt es. Es sei derzeit "nicht abzusehen", wie all die Tiere in den entstehenden Massentierhaltungsbetrieben ernährt werden sollen, kritisiert der Bericht.

Die BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning warnte vor den negativen Folgen einer drastisch höheren Fleischproduktion für die Umwelt. Demnach werden mittlerweile 70 Prozent aller Agrarflächen der Erde von der Tierfütterung beansprucht. Das habe fatale Folgen für Regenwälder, Böden und Gewässer, etwa durch die Belastung mit Pestiziden. Außerdem würden die Preise für Grundnahrungsmittel wegen knapper werdender Agrarflächen steigen. Für die Viehhaltung in der EU werden aktuell 16 Millionen Hektar Sojabohnenfelder benötigt, ein großer Teil davon in Entwicklungsländern.
(Quelle mit Grafiken: standard.at)

Wieder einmal erreicht uns eine drastische Nachricht zu einem Bereich, in dem das Schicksal der Menschen und unserer Umwelt ganz eng verflochten sind. Je mehr Fleisch WIR essen, desto mehr Umweltzerstörung findet statt und desto mehr Menschen müssen hungern. Das einzige Argument, das die Fleischesser vorbringen können: "Mir schmeckt es eben" ist dagegen dürftig und offenbart die egoistischen Wurzeln des Übels.

Natürlich hilft der moralische Zeigefinger nicht. Was vielleicht helfen kann, ist, dass wir uns immer wieder die Faktenlage vor Augen halten: Fleischessen ist in vielfältiger Weise schädigend; durch einen Verzicht auf Fleischkonsum können wir einen wirksamen Beitrag zum Umwelt- und Tierschutz und zur Hungerbekämpfung sowie zu unser eigenen Gesundheit leisten. Wir haben es durch unser Verhalten in unseren Händen. Grundsätzlich ist jeder Verzicht ein Betrag zur Trendumkehr, ob jemand, der bisher viel Fleisch gegessen hat, weniger isst, ob jemand zum Vegetarier oder Veganen wird. Wichtig ist, dass wir in unserem Konsumverhalten bewusst bleiben, sodass wir zulassen, dass bei unserem Essen die Welt, die erste, zweite und dritte, mit am Tisch sitzt.

Wer zu dem Schritt bereit ist, sich selbst als Vegetarier oder Veganer zu definieren, macht es sich insoferne leichter, als er oder sie eine neue Rolle übernimmt. Sie führt uns heraus aus der Fleischkultur, die in unserer Gesellschaft fest etabliert ist ("Iss was gscheids"=Fleisch) und setzt einen Kontrapunkt zu den Unbewusstheiten, die mit diesen kulturellen Gewohnheiten verbunden sind. Sie macht uns sicher in diesem Bereich unserer Identität und verhindert, dass sich die alten Gewohnheiten wieder einschleichen: Ein Bericht, der uns zum Herzen geht und unser Gewissen rührt, bringt uns vielleicht dazu, ein paar Tage kein Fleisch zu essen. Dann erlauben wir uns wieder die Wurstsemmel, und bald sind wir auf dem früheren Niveau des Konsums zurück. So fest hat uns unser Gewohnheitsverhalten im Griff. 

Wenn wir eine bewusste Entscheidung getroffen haben, die mit unserer Identität zu tun hat, dann können wir höchstens diese Entscheidung revidieren, was einen größeren inneren Aufwand erfordert, oder allenfalls da oder dort einen kleinen Rückfall erleben. Mit einer bewussten Entscheidung haben wir unsere Gewohnheiten fester unter Kontrolle und können neue aufbauen, beim Einkaufen, Essen, bei Einladungen und Festen usw. Je mehr wir auch unsere Freunde und Kollegen von unserer Entscheidung informieren, desto stärker fühlen wir uns mit ihr und desto leichter bleiben wir bei ihr. Nach einiger Zeit fällt die Überwindung weg, die von dem Gefühl gespeist wird, auf etwas Angenehmes und Wohlschmeckendes zu verzichten. Bald beneiden wir niemanden mehr, der Fleisch isst, sondern freuen uns, dass wir von einem selbst- und sozialschädlichen Verhalten losgekommen sind und die Köstlichkeiten der vegetarischen Küche genießen können. Die Lust auf Fleisch schwindet gegen Null und die Oma hat sich auch schon daran gewöhnt, bei unserem Besuch statt der Schnitzel die Melanzani zu panieren.

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