Das Heldenhafte
an der Heldin liegt darin, den Weg ins Unbekannte hinein zu wagen. In Bezug auf
die Liebe bedeutet das, dass sie eine gewohnte Form der Liebe hinter sich
lassen muss. Die Liebe, die darauf ausgerichtet ist, Sicherheit und
Geborgenheit zu vermitteln, ist ein wichtiges Element für das Wachsen und
Gedeihen des menschlichen Lebens. Sie trägt aber die Tendenz in sich,
Abhängigkeiten zu erzeugen und die Geliebte an sich zu binden.
In Beziehungen
äußert sich diese Liebe darin, dass wir versuchen, über die andere Macht
auszuüben: Du musst dies oder jenes tun oder nicht tun, damit ich mich geliebt
fühle. Die Liebe der Geborgenheit und Sicherheit, die sich bedroht fühlt durch
das Streben nach Freiheit, versucht die Liebe zu definieren: Ich erkenne deine
Liebe nur, wenn du dieses oder jenes oder möglichst alle meiner Bedürfnisse
erfüllst. Tust du das nicht, dann verweigerst du mir deine Liebe.
Wird die Liebe
definiert, so unterliegt sie der Macht. Definieren heißt Begrenzen, etwas in
einen vorgesetzten Rahmen einpassen. Die Liebe verkümmert unter solchen und
unter jeden Bedingungen. Sie braucht die Unbedingtheit, und sie braucht die
Freiheit.
Die Heldin muss
die Form der definierten Liebe hinter sich lassen, wenn sie ihre Freiheit
gewinnen will. Erst mit diesem Schritt gewinnt sie den Zugang zu einer größeren
Form der Liebe. Die Liebe, die möglich wird, wenn die Heldin ihren Weg geht und
gegangen ist, öffnet sich in die Weite. Sie beschränkt sich nicht mehr auf eine
einzige Person, die als Ersatz für die Liebe der Eltern dient, sondern wächst
darüber hinaus, bis sie in der Lage ist, sich prinzipiell auf alle Menschen zu
beziehen. Das ist die erwachsene Form der Liebe, die sowohl die Liebe zu den
Eltern, zu einem Partner oder einer Partnerin, zu eigenen Kindern, zu Freunden
und Nahestehenden einschließt, und sich auch darüber hinaus erstrecken kann.
Natürlich gibt es
Unterschiede zwischen den Liebesbeziehungen, zunächst gleicht keine Beziehung
der anderen, weil immer verschiedene Menschen daran beteiligt sind. Darüber
hinaus gibt es den für viele Menschen kategorialen Unterschied zwischen einer
Beziehung, die alle Ebenen des Sich-aufeinander-Beziehens umfasst, also vor
allem Intimität und Sexualität einschließt, und allen anderen Beziehungen, mit
Freunden, Bekannten, Geschäftspartnern usw.
Gerade für das
Gelingen der intimen Liebesbeziehung ist die erwachsene Form der Liebe, die
sich der Heldin erschließt, von großer Wichtigkeit. Solange die kindlichen Bedürfnisse
und Erwartungen in die erwachsene Beziehung hineinspielen, kann sie nicht freu
sein. Denn im Gefangensein von solchen Bedürfnissen können wir uns nicht auf
den erwachsenen Partner beziehen, sondern verwechseln ihn mit einer Erinnerung
aus der Vergangenheit. Wohl haben kindliche Sehnsüchte und Erwartungen ihren
Platz in jeder Erwachsenenbeziehung, weil Erwachsensein nicht das Gegenteil von
Kindsein bedeutet, sondern das Überformen der Kindheit durch das Erwachsensein,
in dem Kindliches erhalten und lebendig bleibt. Doch sollten diese Aspekte und
Stimmen als das „markiert“ sein, was sie sind und sich nicht in erwachsener
Sprache verstecken und mit erwachsenen Machtmitteln durchgesetzt werden.
Im französischen
Sprichwort heißt es, dass die Liebe ein Kind der Freiheit ist. Sie ist frei von
Abhängigkeiten und damit frei von Manipulation und Manipulierbarkeit. Sie lässt
dem „Objekt“ der Liebe, also der Geliebten, die Freiheit und steht zur eigenen
Freiheit.
Sie ist auch frei
von Bedürftigkeit. Sie schließt die Bedürfnisse nicht aus, im Gegenteil, sie
beachtet und achtet sie und spielt mit ihnen, aber sie lässt sich von ihnen
nicht beherrschen. Bedürfnisse können auch durch die Geliebte frustriert
werden, ohne der Liebe Abbruch zu tun. Die Kraft dieser Liebe bemisst sich daran,
wie sie den Herausforderungen Stand halten kann, die von der Macht der
Bedürfnisse ausgehen. auch an der Toleranz für Enttäuschungen und Verletzungen,
die in Liebesbeziehungen geschehen können.
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