Dienstag, 21. Juni 2016

Sportlicher Nationalismus und die Globalisierung

Fußballturniere sind Feierstunden des sportlichen Nationalismus. Und der sportliche Nationalismus ist einer der hartnäckigsten Unterarten dieses Phänomens. Schon bei den Erfindern des Sports, den antiken Griechen, war der Wettkampf zwischen den Athleten zugleich ein Wettkampf der Stadtstaaten, aus denen sie stammten.

Gerühmt wird der friedliche Ablauf der zwischenstaatlichen Konkurrenz, da strenge Regeln über einen fairen Ablauf des Wettkampfes wachen. Die Randalierereien mancher Sportanhänger am Rand der sportlichen Ereignisse machen aber deutlich, dass auch hier eine Nähe zur inhärenten Gewaltbereitschaft des Nationalismus lauert: Die nationalistische Ideologie als Rechtfertigung für die Anwendung von Gewalt gegen die anderen.

Ein anderes Phänomen hingegen karikiert diese Ideologie. Die Sportler als Exponenten des nationalen Stolzes zeigen zunehmend ein globalisiertes Bild der Nationen. Zlatko Junuzović, gebürtiger Serbe und David Olatukunbo Alaba aus einer philippinisch-nigerianischen Familie sind Beispiele aus der österreichischen Nationalmannschaft, noch bunter präsentiert sich die deutsche: Kevin-Prince Boateng, Shkodran Mustafi, Emre Can, Mesut Özil, Sami Khedira, Leroy Sané und Łukasz Józef Podolski hätten wohl unter den strengen rassischen Kriterien des Nationalsozialisten niemals für eine nationale Vertretung des deutschen Volkes getaugt.

So aber zeigt sich die österreichische oder die deutsche Nation in Form ihrer Nationalmannschaft der ganzen Welt als globales Gemisch aus unterschiedlichen Herkunftsländern und Menschentypen, also nicht als nur blond, blauäugig und weißhäutig. Jeder darf mitspielen, wenn er das Können dazu hat, und des sportlichen Nationalismus geht es nur darum. Ihm ist der dunkelhäutigste Österreicher, der einen sportlichen Erfolg erringt, lieber als ein erfolgloser „nordisch-alpiner Typ“. Der sportliche Nationalist wird also unweigerlich zum globalen Nationalisten und damit zum Widerspruch in sich selbst. In dieser Hinsicht hat also der sportliche Nationalismus das Zeug in sich, den Nationalismus selber ad absurdum zu führen.


Diese Widersprüche zeigen sich auch daran, dass rechtsnationalistische Politiker immer wieder Probleme mit ihrem engen Weltbild bekommen, wenn die sportlichen Leistungen mit ihren rassistischen Vorurteilen vergleichen müssen.

So wurde David Alaba vom FPÖ-Politiker Mölzer als „nicht wirklicher Österreicher“ bezeichnet (was immer das sein soll), und der deutsche AfD-Vizechef Gauland äußerte sich beleidigend über Jéromé Boateng. Die strammen Nationalisten stehen diesen Phänomenen hilflos gegenüber und können entweder nur entsetzt ihre Augen verschließen und den Mund halten oder ihre enge Ideologie ein wenig öffnen, wenn sie nicht gegen die überwältigende öffentliche Meinung untergehen wollen, der die Hautfarbe oder der genetische Mix völlig egal ist, wenn der Spieler ein Tor für die eigene Nation geschossen hat.

Immer mehr Menschen sind auf dem Globus unterwegs, finden ihre Gefährten in anderen Ländern und Erdteilen, und manche von deren Kindern werden talentierte Sportler, die dann zu Symbolträgern der Nationen werden, in denen sie dann zufälligerweise aufwachsen. Freuen wir uns also über die bunt gemischten Nationalteams, sie sind die Vorboten für das Verabschieden des Nationalismus als gewalterzeugender Ideologie und für das Feiern der Unterschiede im größeren Gemeinsamen.

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