Betrachte dich und die Menschen in deiner Umgebung. Sie tun nichts anderes. Sind sind nur damit beschäftig, ihr Selbst zu kreieren. Sie sprechen andauernd mit diesem sich verändernden, wachsenden Wesen und versuchen so, es zu formen.
Dabei laufen hauptsächlich drei Prozesse ab. Zum einen sprechen die Menschen im Kopf über ihre Vergangenheit und rekonstruieren sie: Sie verändern sie in Gedanken, löschen das aus, was zu dem Wesen, das sie zu erschaffen versuchen, nicht passt, und gewichten das, was ihnen weiterhilft. Zum anderen denken sie an die Zukunft, sie stellen sich vor, was sie tun werden, wie sie aussehen werden, was sie besitzen werden und wie andere auf sie reagieren werden.
Die dritte Sache, mit der sich die Menschen beschäftigen, stellt ihre Verbindung zur Gegenwart her. Unbewusst registrieren sie, wie andere ihr Wesen und ihre Handlungen beurteilen, und reagieren dann ihrerseits wiederum auf diese Beurteilungen. Manche davon bestätigen ihr Selbstbild, während andere es zerstören. Menschen merken, ob andere sich von ihnen angezogen fühlen oder nicht. Wenn sie mit anderen zusammen sind, die ihre Selbstbild nicht bestätigen, entsteht ein Gefühl, das man als Abneigung gegen diese Person bezeichnen würde. Wenn Menschen jedoch umgekehrt von ihrer Umgebung bestätigt werden, entwickeln sie ein Gefühl der Zuneigung für die anderen. Auf diese Weise verbinden Menschen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, um die eigene Persönlichkeit zu erschaffen. Wenn du aufmerksam hinschaust, wirst du feststellen, dass diese Prozesse in jedem Menschen und in jeder Situation ablaufen. Sieh dich um. Du wirst viele interessante Beispiele dafür finden.
Aber wenn du diesen Prozess durchschaut hast, wirst du auch erkennen, dass es noch ein weiteres Selbst gibt, das zwar von all dem weiß, aber unabhängig davon ist. Das ist dein innerstes Selbst und dort beginnt die wahre Freiheit, das Wunderbare.
Olga Kharitidi: Das weiße Land der Seele. München, List Verlag 1966, S. 188 - 190
Olga Kharitidi: Das weiße Land der Seele. München, List Verlag 1966, S. 188 - 190
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