Viel ist jetzt von Verunsicherung zu hören, die sich seit dem Zugriff auf das in Bankkonten gelagertes Geld in Zypern, auch als Teilenteignung bezeichnet, ausbreiten soll. Nicht einmal das Sparbuch ist eine sichere Geldanlage. Zwar wird garantiert, dass die Staaten Sparguthaben bis zu 100 000 Euro garantieren, aber kann man darauf noch vertrauen?
Natürlich kann diese Verunsicherung alle möglichen ungünstigen Folgen haben, doch zeigt sich daran eines, dass es in dem Wirtschaftssystem, das wir uns erschaffen haben, keine Sicherheiten gibt. Es gibt und es nimmt, nach Gesichtspunkten eines komplexen Zusammenwirkens unterschiedlichster Kräfte (unterschiedlichster Motivationen von unterschiedlich gierigen Individuen). Diese Komplexität ist so hoch, dass sie die Einsichtsmöglichkeiten jedes Individuums bei weitem übersteigt, und selbst Computersimulationen ist es nicht in Ansätzen gelungen, die Verwicklungen des Marktgeschehens, an dem in irgendeiner Weise alle Erdenbewohner beteiligt sind, nachzuvollziehen, geschweige denn vorauszuberechnen.
Solange wir vom Kapitalismus profitieren, nehmen wir seine Segnungen als naturgegeben und uns gehörig. Selbstverständlich dass wir diesen Wohlstand, diesen Reichtum genießen können. Wird uns was davon weggenommen, schreien wir auf und finden es gemein. Wir suchen sofort nach dem Schuldigen, nach dem Bösewicht, der hinter dieser ungerechten Attacke auf unseren Wohlstand steckt und womöglich selber daran verdient.
Dabei spielen wir noch immer das Spiel mit, nur haben wir die Rolle gewechselt, wir sind ungewollt von der Gewinner- auf die Verliererseite gerutscht. Wir haben nicht erkannt, dass es das System ist, das uns in Dienst genommen hat, das immer wieder Gewinner und Verlierer produzieren wird – Gewinner, die ihren Gewinn für selbstverständlich halten und deshalb immer mehr von ihm wollen, und Verlierer, die ihren Verlust und ihr Elend bejammern, bis sie wieder zur Kraft gekommen sind, sich anzustrengen und sich erneut auf die Gewinnerseite hinüber zu rackern.
Wir wirken an der Erhaltung des Spiels mit, wenn wir Sicherheiten einfordern und wütend reagieren, wenn sie uns weggenommen werden, Erst wenn wir uns eingestehen, dass wir Teil des Spieles sind, bei dem die einen die Privatflugzeuge haben und die anderen am Rand des Existenzverlustes vegetieren, erst dann können wir eine Perspektive wahrnehmen, die uns herausführt. Diese Perspektive besteht nicht in einer Vernichtung oder Abschaffung des kapitalistischen Systems (schön wäre es, aber bisher ist noch jeder Plan dazu kolossal schief gelaufen), sondern in der Vertreibung des Kapitalismus aus unserer Innenwelt. Wir beginnen, innerlich nicht mehr mitzuspielen, indem wir unser Glück nicht an den Erfolg im System der Bereicherung und Verarmung suchen, sondern in der Erfüllung im Augenblick, in der Schönheit einer Begegnung, im Kontakt mit der Natur, zum Beispiel im Genießen eines vollkommenen Atemzuges.
Beginnen wir, unsere eigene Gier zu meistern und finden wir so viel wie möglich die Einfachheit im Leben. Dann kann uns das Auf und Ab der Märkte, das Steigen und Sinken der Sicherheiten nicht mehr anfechten. Wir sehen mehr von der Fülle, die uns das Leben zur Verfügung stellt und starren weniger auf das, was uns in Zukunft verloren gehen könnte.
Vgl.: Unser liebes Eigentum
Vgl.: Die Kultur der Gier
Vgl.: Das System der Gier
Vgl.: Wirtschaft ohne Gier?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen