Die jüngste Überschwemmungskatastrophe hat viel Zerstörung und Leid verursacht. Sie hat auch darauf aufmerksam gemacht, dass der Klimawandel voll im Gang ist und dass solche Ereignisse immer häufiger auftreten werden. Bei Überflutungen wird nachher immer wieder nach effektiveren Schutzmaßnahmen gerufen. Es steht zu hoffen, dass endlich starke Rufe nach effektiven Klimaschutzmaßnahmen vor der nächsten Katastrophe laut werden und von der Politik gehört und umgesetzt werden. Den Schaden nachher notdürftig zu reparieren, der vorhersehbar ist, ist nicht nur dumm, sondern auch kostspielig. Das Scheinargument, dass die Umstellung der Wirtschaft auf Nachhaltigkeit teuer ist, ist längst widerlegt. Jedes Zuwarten mit notwendigen Maßnahmen macht diese laufend teurer, kostet also Geld. Die Verzögerungskräfte bei der CO2-Steuer, bei der Bodenversiegelung, bei der Renaturierung usw., die vor allem in den konservativen und rechten Parteien maßgeblich sind, sind für diese Kostensteigerungen verantwortlich, ebenso wie für das Ausmaß künftiger Katastrophen.
Darüber gäbe es keinen Zweifel, wenn nicht seit Jahren Zweifel gesät worden wären, ob es den Klimawandel gibt, ob er menschengemacht ist, ob er überhaupt gravierende Auswirkungen hat oder nicht. Diese Diskussionen flammen immer wieder auf, unbeschadet der Tatsache, dass die Übereinstimmung in den Wissenschaften über die wesentlichen Zusammenhänge bei der Erderwärmung immer höher wird und schon bei 99,9% liegt. Es ist also vieles schon lange außer Streit, was irreführend als zweifelhaft dargestellt wird.
Säe Zweifel und die Menschen rennen dir nach
Die Zweifel an den Wissenschaften wurden systematisch verbreitet,
genau von den Kreisen, die durch eine konsequente Klimaschutzpolitik auf
Gewinne verzichten müssten, nämlich alle, die an der Förderung und Verbrennung
von fossilen Brennstoffen verdienen. Diesen Menschen ist nichts anderes
wichtig, als ihre Gewinne langfristig abzusichern, obwohl sie wissen, dass sie
damit die Erdatmosphäre zerstören und viel Leid anrichten.
Christian Stöcker hat in seinem Buch: „Männer, die die Welt
verbrennen“ (Ullstein 2024) die Propagandamechanismen hinter den
Ablehnungskampagnen gegen die Klimaschutzpolitik beschrieben. Er hat
recherchiert, wie die Lobbys der Erdölindustrie seit über dreißig Jahren
systematisch Fehlinformationen, Fakenews und gefälschte Studien verbreitet
haben, um die Menschen im großen Stil zu manipulieren und für die eigenen
Zwecke einzuspannen. Die Erkenntnisse der Wissenschaften zum Klimawandel, die
im Kreis der fossilen Magnaten bekannt waren, sollten diskreditiert werden,
indem bezahlte Scheinstudien das Gegenteil beweisen sollten. Diese Ergebnisse
wurden lautstark verbreitet und in den entsprechenden, dafür offenen
politischen Kreisen verankert. Gefälschte Studien werden bald aufgedeckt, aber
es wurde und wird damit kalkuliert, dass die Widerlegungen viel später
auftauchen werden und wenig Publizität erhalten, während der Hauptzweck der
Aktion schon erreicht ist: Menschen zu verunsichern und das Vertrauen in die
Wissenschaften zu untergraben. Und wenn eine gefälschte Studie entlarvt wird,
kann man leicht sagen: Ah, da sind sich die Wissenschaftler uneins, die einen
sagen dies und die anderen das Gegenteil. Es gibt also gar keine sichere
wissenschaftliche Meinung, sondern nur unterschiedliche Standpunkte. Solche
Relativierungen sind für Menschen eine Erleichterung, die durch den Klimawandel
beunruhigt sind, aber nichts in ihrem Leben ändern wollen. Sie können sich
jetzt beschwichtigen, dass es wohl nicht so schlimm sein kann und dass man mit
dem eigenen Leben so weiter machen kann wie bisher. Politikern, die über
Gesetze beraten müssen, sind Ausreden willkommen, damit sie etwaige unpopuläre
Maßnahmen vermeiden oder in die übernächste Legislaturperiode verschieben können.
Das Säen von Lügen und Desinformationen ist also ein Mittel
der Machtpolitik, bei der es darum geht, das, was den Interessen der eigenen Profitsteigerung
im Weg steht, zu eliminieren oder zu schwächen, und das ist erstaunlich gut
gelungen. Immer mehr Menschen neigen der Wissenschaftsskepsis zu, indem sie
glauben, dass wissenschaftliches Wissen genauso relativ ist wie jedes andere
Wissen. Die Wissenschaftsfeindlichkeit, die in der Coronazeit bei vielen Leuten
aufgetaucht ist, war nur auf der Grundlage des Vertrauensverlustes in die
Wissenschaften, der schon länger systematisch von einschlägigen Kreisen
vorangetrieben wurde, möglich.
In den USA gibt es eine regelrechte Tradition von Kampagnen
zur Manipulation der Öffentlichkeit für plumpe wirtschaftliche Eigeninteressen
und gegen das Allgemeinwohl. Die Tabakindustrie hat lange Zeit die
Schädlichkeit des Rauchens heruntergespielt und entsprechende Studien
kleingeredet oder durch getürkte Gegenstudien relativiert. Es hat sehr lange
gedauert und viele Menschenleben auch von Nichtrauchern gefordert, bis endlich
das, was man schon lange wusste, gegen viele Widerstände zum Schutz der Nichtraucher
gesetzlich beschlossen wurde.
Ähnlich ist die Zuckerindustrie vorgegangen. Als durch
wissenschaftliche Studien klar wurde, dass Zuckerkonsum zur Gewichtszunahme
führt, wurde eine riesige Kampagne entfesselt, in der das Fett als Dickmacher
herausgestellt wurde. Auch in diesem Bereich wurden Untersuchungen gefälscht,
um die Harmlosigkeit des Zuckers zu belegen und die Gewinne der Unternehmen in
diesem Bereich nicht zu schmälern. In der Folge wurde Zucker in immer mehr
Lebensmittel vor allem bei Fertiggerichten, Soßen, Getränken usw. hinzugefügt,
sodass die Konsumenten zur Zuckersucht konditioniert werden konnten.
Eine Achse des Bösen
Die „Achse des Bösen“ reicht vom Koch-Netzwerk (rechtsextreme Ölmilliardäre, die verschiedene Desinformationsinstitute gegründet haben) über das Murdoch-Imperium (rechtsgerichtete Medien, z.B. der republikanische Propagandasender Fox) bis in die konservativen, liberalen, rechten und rechtsextremen Parteien in Europa. Die Hauptvertreter der FPÖ z.B. wiederholen die Propagandaformeln dieser Desinformationsnetzwerke , als hätten sie die Wahrheit und als gäbe es keine Wissenschaften, die in Tausenden Studien das Gegenteil nachgewiesen haben: Den Klimawandel gibt es nicht („Es kommt eine neue Eiszeit); wenn es ihn gibt, dann ist er nicht menschengemacht („Es war früher auch schon wärmer“), es ist nicht das CO2 schuld („Das brauchen ja die Pflanzen“), es sind die Sonneneruptionen, die zu Klimaschwankungen führen, und die „Klimahysterie“ führt nur dazu, dass ein „wohlstandvernichtender Ökosozialismus“ eingeführt wird.
Mehr von rechtskonservativer Seite kommen die
Argumente: Wir tun schon so viel, aber die Chinesen, Inder, usw. verursachen
viel mehr Treibhausgase. Oder: Wir
tragen so minimal zu den CO2-Emissionen bei, dass es keinen Unterschied machen
würde, wenn wir den CO2-Ausstoß auf null reduzieren würden. Die Rechtsextremen
leugnen oder bezweifeln den menschengemachten Klimawandel, während die
rechtsgerichteten Konservativen die Klimapolitik auf minimaler Sparflamme
halten wollen. Beide Richtungen ziehen deshalb den Karren der Ölmagnaten und
spannen ihr Wahlvolk zusätzlich ein.
Natürlich sind all die Argumente von rechtsextrem bis rechts
nichts als billige Ausreden, die leicht widerlegbar sind. Außerdem sind sie zynisch, weil das Klimaproblem die gesamte Menschheit
betrifft und alle ihren größtmöglichen Beitrag bringen müssen, wenn die ärgsten
Auswirkungen vermieden werden sollen. Außerdem sind, historisch betrachtet, die
jetzt reichsten Länder des Westens seit zwei Jahrhunderten die Vorreiter der
Anreicherung der Atmosphäre mit Kohlendioxid, dass dieser Vorsprung in der
Täterschuld lange nicht von anderen Ländern aufgeholt werden kann.
Mit solchen Kurzschlüssen, Dummheiten oder Naivitäten arbeiten
diese Parteien den Großverdienern in der Fossilbranche in die Hände, und vermutlich
fließt über irgendwelche Kanäle die entsprechenden Belohnungen. Jedenfalls
sahnen sie ihre Wählerstimmen im Feld der Skeptiker und Verunsicherten ab,
indem sie ihnen als Heilmittel den schamlosen Zynismus schmackhaft machen: Angesichts
der sich häufenden Klimakatastrophen bestürzt zu sein und stur zu behaupten,
dass es nichts zu ändern oder zu lernen gibt.
Die erwähnte Achse kann als böse benannt werden, weil sie
dazu dient, ob wissentlich oder unwissentlich, dass der Menschheit massiver
Schaden zugefügt wird, bzw. dass alle Maßnahmen zur Verhinderung des Schadens torpediert
werden , nur um die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen und dort zu
mehren. Es sind also blanke Egoismen, die, mit viel Geld in der Hinterhand, im
großen Stil gegen die Menschlichkeit und Vernunft kämpfen. Sie sind aktiv gegen
das Gemeinwohl gerichtet, denn die vom Klimawandel ausgelösten
Lebensveränderungen betreffen alle und besonders jene, die zu den Schwächeren
und Ärmeren in der Gesellschaft gehören.
Diese Strategien waren sehr erfolgreich und haben dazu
beigetragen, dass die Bereitschaft für die kritiklose Übernahme von
„alternativen“, in Wirklichkeit aber gefälschten und manipulierten Fakten in
weiten Bereichen der Gesellschaft gewachsen ist und zunehmend von der fossilen
Wirtschaft für die eigenen Zwecke genutzt werden kann. Es gelang, eine Armee
von nützlichen Idioten zu erschaffen, die nichts an den Kampagnen verdienen, aber
dennoch in Gesprächen und in den sozialen Medien bereitwillig mithelfen,
Unwahrheiten zu verbreiten, Menschen zu verunsichern und die Klimaschutzpolitik
in Misskredit zu bringen und zu blockieren.
Zum Weiterlesen:
Petromaskulinität und toxische Männlichkeit
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